Samstag, 14. September 2019


Ein Traum wird wahr
Wer unseren Blog schon länger verfolgt weiß, wie die Idee zur Delphintherapie entstanden ist und auch welche wundervollen Aktionen für Jonathan auf die Beine gestellt wurden um das nötige Geld dafür zu sammeln.
Auch habe ich vor einiger Zeit in einem Beitrag erklärt warum wir uns ausgerechnet eine Therapiestätte in Curacao (also in der Karibik) ausgesucht haben.


Knapp 1,5 Jahre lagen zwischen der Idee und der Verwirklichung. Im Juli 2019 ging es los: unser bislang größtes Abenteuer begann!!

9,5 Stunden Flug ab Amsterdam (es gibt von Deutschland KEINE Direktflüge nach Curacao mehr). 6 Stunden Zeitverschiebung. Temperaturen von über 35 Grad bei 70-80% Luftfeuchtigkeit.

Ehrlich gesagt hatte ich, was Jonathan betrifft, insgesamt ganz schön die Hosen voll!
Vor allem wegen dem Flug.
Es sollte an der Stelle erwähnt werden das ICH unter Flugangst leide und nur äußerst ungern in ein Flugzeug steige – bei Start und Landung laufen immer die Tränen und ich habe den Drang einfach aufzustehen und auszusteigen. Ich bin also im Flieger keine Hilfe bei der Belustigung des Kindes weil ich erstens mit mir selbst genug zu tun habe und zweitens meine Angst sonst auch auf Joni übertragen würde.

Wie würde ER sich verhalten bei dieser langen Zeit in einem Flieger? Fernsehen schauen, malen oder kneten interessieren ihn sowas von gar nicht. Er will krabbeln und ACTION! Beides eher schwierig….
Meine nächste Angst war das der kleine Mann einen epileptischen Anfall bekommen würde wegen des veränderten Drucks in der Kabine oder der Aufregung. Einige Male habe ich mit dem Kinderarzt darüber geredet, aber der sagte immer: „Warum sollte er in der Luft einen Anfall bekommen wenn er ihn auf dem Boden nicht bekommt?“ Ja, stimmt schon. Doch die Angst blieb.

ABER…wir hatten uns entschieden diese Therapie zu machen – nun würde das auch durchgezogen!!


Wir flogen nicht allein nach Curacao: meine Eltern begleiteten uns. So hatten wir sowohl im Flieger als auch auf Curacao ein bisschen Hilfe mit Jonathan.

Und noch jemand begleitete uns: ein Kamerateam von SAT1.

Einige Wochen bevor wir die Reise zur Delphintherapie antraten hatten wir eine Email erhalten: SAT1-Akte wollte mit uns drehen, Jonathans Krankheit und unseren Alltag zeigen, aber auch unseren Verein vorstellen. Dieser letzte Punkt war derjenige der mich dazu brachte mit dem Team zusammenzuarbeiten! Ich bin nämlich überzeugt davon das es noch mehr betroffene Familien in Deutschland gibt als die, die wir kennen….wenn wir im DEUTSCHLANDWEITEN Fernsehen zu sehen waren bestand immerhin die Möglichkeit das sich weitere Betroffene bei uns melden würden. Und….natürlich!...bestand auch die Möglichkeit das wir als Verein Spenden erhielten mit denen wir den anderen deutschen Familien dann würden helfen können Therapien oder andere notwendige Dinge zu bezahlen.

Und so kam es das das Team von AKTE in den ersten drei Tagen der Therapie in Curacao dabei war. Sie filmten Jonathans ersten Kontakt mit dem Delphin von GANZ NAH. Die Therapeuten wurden interviewt und auch eine andere Familie die mit ihrer Tochter grade zum zweiten Mal dort waren. Außerdem wurden wir als Familie begleitet und interviewt.

Ich muss gestehen dass ICH nicht unbedingt dafür war das Kamerateam mitzunehmen. Denn ich wollte dass diese Zeit etwas ganz besonderes würde – nur für uns als Familie.
Doch wie jede Entscheidung wurde auch diese im Familienrat besprochen und MARVIN war es der das ausschlaggebende Argument lieferte dem ich nichts mehr hinzuzufügen hatte: „Mama, wir können nur fahren weil so viele Leute Geld gespendet haben. Klar zeigst Du das alles auf Facebook – nur hat das ja nicht jeder. Aber wenn es im FERNSEHEN gezeigt wird: dann kann es JEDER sehen und das haben die Spender verdient!“ ..dem ist nichts mehr hinzuzufügen…

…am Ende muss ich sagen:
JA, die Dreharbeiten waren anstrengend – das sind Dreharbeiten aber tatsächlich immer.
Und JA, es war die richtige Entscheidung das Team mitzunehmen. Aus mehreren Gründen.
Zum einen werden es wundervolle Bilder sein – WIR durften nicht sooo nah ran, also für uns eine unbezahlbare Erinnerung.
Zum anderen habe ich anhand vieler Kommentare in den sozialen Netzwerken gemerkt das vielen Menschen nicht klar ist was eine Delphintherapie überhaupt ist oder wie sie von statten geht. Und ich freue mich dass der Beitrag dabei helfen wird hier Aufklärung zu betreiben!


So viel dazu.
Aber wie war es denn nun überhaupt und wie hat Jonathan das alles mitgemacht???


Jonathan hat das alles SO TOLL mitgemacht!
Der Flug war überhaupt nicht schlimm. Er hat sich sehr gut beschäftigen lassen, alle Passagiere in unserer Umgebung unterhalten und ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Nach dem Mittagsschlaf hat er 45 Minuten geweint, vermutlich war er noch nicht ausgeschlafen. Aber ansonsten war alles echt easy.
Eine Dame von der Kabinencrew ist ihm total verfallen. Sie hat sich eine halbe Stunde lang zu uns gesetzt und wollte unsere Geschichte hören, folgt uns nun bei Facebook und liest auch hier mit. 8o) Von ihr gab es noch ein wundervolles Abschiedsgeschenk und eine dicke Umarmung.
(Und sie hat sich außerdem so lieb um MICH gekümmert das ich einen so entspannten Flug wie noch nie hatte!)


Das Klima auf Curacao hat dem kleinen Mann gar nichts ausgemacht. Er war weder unleidlich noch hat er viel geweint.

Und die Zeitumstellung hat er einfach mal in der ersten Nacht überwunden! Lach….bis wir in der Unterkunft ankamen und das Wichtigste ausgepackt hatten war es in Deutschland schon tiefe Nacht, doch Joni fand das alles total spannend und war gar nicht müde. Und so ist er einfach wach geblieben bis es zu Hause schon 0.30 Uhr war, danach hat er gut und fest geschlafen und ist nach Curacao-Zeit um 6 Uhr aufgestanden. Perfekt..8o)

Wir waren extra ein paar Tage VOR Beginn der Therapie angereist um uns zu aklimatisieren, zu orientieren – und ok: schon mal ein bisschen die Zeit in der Karibik zu genießen. 8o))
Was wir auch taten! Wir gingen zum Meer und zum ersten Mal überhaupt konnte Jonathan IM MEER schwimmen! Er hat so sehr gelacht und gestrahlt….gegluckst und mit den Händen aufs Wasser gehauen, konnte nicht genug davon bekommen.
(…bei 27 Grad Wassertemperatur absolut verständlich!!!)

Ob Jonathan in diesen ersten Tagen auf Curacao verstanden hat warum wir hier sind und was ihn erwartet: das weiß ich nicht. Er kann ja nicht sprechen und sich mitteilen.
Fakt ist aber: wir haben zwei Wochen vor Beginn der Therapie vom Therapiezentrum ein Buch bekommen in dem die kompletten Abläufe mit Fotos erklärt waren. Dieses Buch hat Joni bestimmt 100 Mal angeschaut und er ist IMMER bei denselben Seiten völlig eskaliert: wenn der Delphin im Wasser tanzt und wenn er eine Wasserschlacht macht.

Natürlich haben wir ihm immer wieder erzählt das er bald auch dort sein  und das er genau wie die Kinder im Buch mit dem Delphin schwimmen wird. Wir haben auch andere Bücher über Delphine angeschaut und er hat einen Plastikdelphin bekommen.

Vielleicht interpretiere ich zu viel in Jonathans Verhalten hinein….aber es wurde Montag und nach dem Frühstück sagte ich zu Jonathan das wir nun zum Delphin gehen. Der kleine Mann schaute mich an und begann zu lächeln, dann wedelte er mit den Armen und hüpfte in seinem Stuhl. Ich denke er hat es verstanden und er freute sich darauf…..
(Das Video dazu gibt es auf unserer Facebook-Seite, ich habe diesen Moment nämlich gefilmt!)

Wir hatten die Therapie in Deutsch angemeldet: unsere Therapeutin war Katharina, die Assistentin Julia (beides gebürtige Deutsche, Sprachbarrieren gab es also nicht) – und unser Delphin war Chabelita. Der größte Delphin den die Therapiestätte zu bieten hatte: die 12jährige Delphindame ist über 3 Meter lang!!!

Tja…und dann standen wir auf der Therapieanlage.
Fast 2 Jahre lang hatten wir uns mit der Thematik beschäftigt, hatten unzählige Videos und Fotos von hier gesehen. Wir wussten wie Therapeuten und Delphine heißen, wir kannten den Eingang zu den Büros und Therapieräumen und die Brücke zur Delphinlagune.

Es war verrückt hier zu sein. Unfassbar. Wie ein Traum.

Jonathan ist unseres Wissens nach der ALLERERSTE von Primordialem Kleinwuchs betroffene Mensch der JEMALS eine Delphintherapie gemacht hat.
Und er war definitiv der körperlich kleinste Patient den das Therapiecenter auf Curacao jemals betreut hat!!

(Aus diesem Grund gab es im Therapiezentrum für Joni auch keinen Neoprenanzug und wir haben uns einen Anzug maßanfertigen lassen und mitgebracht. Dazu und zum Thema Maßanfertigungen generell mache ich demnächst einen eigenen Beitrag!)

Für uns alle war es ein total aufregender Tag: wir wussten nicht was uns in den kommenden zwei Wochen erwarten und wie Jonathan das alles überhaupt annehmen würde. Und dann war da noch die Kamera von SAT1 die nun für 3 Tage permanent auf uns gerichtet war…..

Wer gar nicht aufgeregt war…war Katharina, die Therapeutin. Ich habe selten eine Frau erlebt die solch eine „AURA“ um sich herum hat - eine Aura der Ruhe….es ist unfassbar. Selbst ich wurde in ihrer Nähe total ruhig – und das will etwas heißen! Lach…Katharina ruht total in sich selbst und vermittelt diese Ruhe ihrem kompletten Umfeld – ich habe noch nie jemand vergleichbaren kennengelernt. Für Joni war SIE die perfekte Therapeutin!!!

Offensichtlich hat auch der kleine Mann eine große Sympathie gespürt denn er hat sich von ihr sofort auf den Arm nehmen lassen und sich gar nicht mehr für mich oder meinen Mann interessiert. 8o)


Wie läuft so eine Therapie eigentlich ab??

Zuerst legt man gemeinsam mit der Therapeutin die Ziele fest die man für die Therapie hat.
Bei uns waren es klar die Arbeit an Motorik (also Gleichgewicht/laufen usw) und Logopädie (sprechen lernen).

Jonathan wurde dann morgens abgeholt und hat eine halbe Stunde Therapie im Raum gemacht.
In der Regel wurde hier Physiotherapie gemacht, jeden Tag mit anderen Aufgaben und Materialien.

Dann wurden Schwimmanzug und Schwimmweste angezogen und gemeinsam mit Therapeutin und Assistentin ging es zum Delphin.

Die „Wasserzeit“ betrug insgesamt eine Stunde.
In dieser Zeit hat Jonathan seine Chabelita angefasst und ist mit ihr geschwommen, er musste aber auch aus Karten auswählen was er mit Chabelita spielen will (hier wird geübt Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen der Entscheidungen zu sehen) – klar: meistens hat er Wasserschlacht oder tanzen genommen. Lach…

Entweder zwischendurch oder danach (je nachdem wie ausgekühlt Joni war) gab es noch eine Therapieeinheit von 20-30 Minuten auf der Plattform im Wasser: dem Dock. Mit dem Delphin in Sichtweite wurde hier meistens Logopädie gemacht.

Danach hieß es TSCHÜSS sagen und duschen/baden gehen.

Mama und Papa hatten dann noch ein 30minütiges Abschlussgespräch mit der Therapeutin, wo sie uns erzählt hat was sie gemacht hat und was gut gelaufen (oder auch mal schlecht gelaufen) ist.

Während dieser Zeit war Marvin im Geschwisterprogramm. Gemeinsam mit anderen Teenagern in seinem Alter fanden Gesprächsrunden statt….oder sie waren schnorcheln, schwimmen, Beach Volleyball spielen…

Mein Mann und ich hatten die Möglichkeit zu Einzelgesprächen mit einer Logopädin und einem Physiotherapeuten die uns beide neue Ansätze für die Therapien zu Hause vermittelt haben.
(Diese Ansätze sind von unseren Therapeuten daheim sehr gut aufgenommen und sogleich in die Tat umgesetzt worden. Auch darüber werde ich demnächst mal einen eigenen Beitrag machen!)


Zusätzlich wurden für uns als Eltern Workshops und Seminare angeboten UND jedes Familienmitglied hätte das Gespräch mit einer Psychologin suchen können - wenn wir das gewollt hätten.

Marvin durfte zweimal aufs Dock und während der Therapie ganz nah bei seinem Bruder sein…wir Eltern durften etwas später auch dazu kommen.

Und einmal durften Marvin und wir für eine Stunde mit Chabelita schwimmen während Jonathan von Julia betreut wurde.
Eine so wundervolle Erfahrung für uns als Familie, eine Erfahrung die unseren Familienzusammenhalt stärken sollte – eine Erinnerung nur für uns. Von Delphinen geht eine Magie aus die sich nicht in Worte fassen lässt – und für MICH ist in dieser einen Stunde mein größter Lebenstraum wahr geworden: einmal mit Delphinen schwimmen.

Insgesamt ist es ein sehr gelungenes Konzept das hier auf Curacao betrieben wird!!!




„Hat es denn was gebracht?“ ist wohl die häufigste Frage die wir nun gestellt bekommen.
Also zuerst einmal: Jonathan hatte SPASS!!! Er hat noch NIE in seinem Leben SO VIEL gelacht und gestrahlt wie in Curacao!!! Und DAS war uns sowieso das Wichtigste…
Marvin hat gesagt das es der schönste Urlaub war den er je gemacht hat...

Von daher: JA, ES HAT WAS GEBRACHT! UNSERE KINDER SIND GLÜCKLICH!!!

Aber davon abgesehen.
Jonathan hat nach einer Woche Therapie begonnen „JA!“ und „NEE!“ zu sagen – und er meint es auch so. Man kann ihm nun Entscheidungsfragen stellen und er ANTWORTET.
…ich weiß nicht ob es an der Therapie liegt oder ob er diese Entwicklung auch zu Hause gemacht hätte…aber das ist auch egal: das Einzige was am Ende des Tages zählt ist DAS er es sagt!!

Jonathan formt nun den Buchstaben „O“. Seit einem halben Jahr arbeiten wir mit der Logopädie daran und es hat nicht funktioniert….jetzt klappt es.
Überhaupt probiert Joni jetzt mehr Töne aus, setzt seine Zunge und Lippen gezielter ein.

Jonathan ist beweglicher im Hüfte und Beinen geworden: eine Stunde schwimmen am Tag waren wohl SEHR HILFREICH!!

Und nicht zuletzt: hat der kleine Mann deutlich mehr Selbstvertrauen bekommen. Er ist gereift, „erwachsener“ geworden. Nicht nur geistig, sondern auch im Gesicht.

Angeblich wirkt die Therapie noch 6 Monate nach….wir sind gespannt was noch passieren wird!!! Ich möchte aber an dieser Stelle noch etwas sagen und auch wirklich ganz vehement betonen…

Delphine sind keine „Zauberer“ - und eine Delphintherapie ist kein „Allheilmittel“.
Ja: wir sehen bei Jonathan Fortschritte, bzw Veränderungen. Aber…wir arbeiten an genau diesen Punkten auch schon SEHR LANGE mit unseren Therapeuten zu Hause. Und dort, ZU HAUSE, findet der Hauptteil der Arbeit statt!!! Eine Delphintherapie sind zwei Wochen pro Jahr/alle zwei Jahre/so oft man es sich leisten kann – und daheim arbeitet man permanent. Ich glaube…aber das ist nur meine persönliche Meinung!....wer zu Hause mit seinem Kind nicht intensiv mit guten Therapeuten arbeitet und dann nach Curacao fliegt – wird keine/weniger Erfolge haben.

Eine Delphintherapie kann immer nur das I-Tüpfelchen auf der therapeutischen Arbeit zu Hause sein…und sie nicht ersetzen.

Doch dieses I-Tüpfelchen ist eine Chance die man hat..und Chancen sollte man nutzen! Grade bei einem Kind wie Jonathan, wo man nicht weiß wie lange man ihn bei sich haben darf….
Deswegen möchte ich abschließend sagen dass wir immens große DANKBARKEIT fühlen!!! DANKE an alle die dazu beigetragen haben uns das zu ermöglichen…ich werde den Sendetermin der SAT1-AKTE-Reportage hier bekannt geben so dass jeder die Möglichkeit hat einzuschalten und zu sehen wie wundervoll es auf Curacao war!