Aber wie
sagt man immer so schön?
„Alles
geht irgendwann vorbei!“ ..und das tut es! Sogar die schlimmen Momente.
Zum Glück
hatte unser Orthopädietechniker ein Einsehen und hat WIRKLICH alles gegeben um
Jonathans Beinschienen so schnell wie möglich fertigzustellen.
Man muss
dazu sagen das Jonathan bei einer Orthesenanprobe SO GESCHRIEN hat…..das selbst
der Techniker zu uns sagte: „Das ist die PURE PANIK bei ihm, das höre ich!“. Vielleicht
hat das den Ausschlag gegeben wirklich alles in Bewegung zu setzen um so
schnell wie möglich fertig zu werden.
Ende
November durften wir nach Hause.
Nachdem
die Ärzte der Klinik uns sagten das sie zufrieden mit den Orthesen seien und
wir gehen könnten habe ich bei meinen Eltern angerufen und nur sagen können: „Wir
dürfen gehen! Wir dürfen endlich gehen!“, weil ich so weinen musste. Vor
Erleichterung. So viel ist in diesem Moment von mir abgefallen, so viel
Belastung. So viel Angst.
Wir
fuhren heim, zu Marvin.
Versuchten
die Erlebnisse zu verarbeiten. Und zur Ruhe zu kommen.
Jonathan
war traumatisiert.
Er fand
gar nicht mehr in den Schlaf. Schrie nur noch…nickte kurz ein, schreckte hoch
und schrie wieder.
Es war
für uns alle nicht länger tragbar.
Wir
machten einen Termin beim Kinderarzt. Und ich weinte bei ihm…weil ich echt am
Ende war. Diese Zeit in der Klinik war so anstrengend gewesen, so belastend.
Aber wie
eigentlich immer fand dieser Arzt die richtigen Worte.
Er sagte
sinngemäß: „Ja, dann sind Sie jetzt eben mal am Limit angekommen. NACH ÜBER 3
JAHREN!! Andere hätten das so lange gar nicht gepackt ohne zusammenzubrechen. …und
hey: schauen Sie sich an wie gerade Jonathans Beine sind! Und er steht!!! Er
beginnt zu LAUFEN!!! Sie sehen doch WOFÜR Sie das alles auf sich genommen
haben, oder nicht? Es war RICHTIG!“
Es
stimmte: zum ersten Mal in seinem Leben konnte Jonathan stehen. Zwar nur dank
der Unterstützung der Orthesen. Aber: er stand! An seinem Laufwagen. Und er sah
einfach unfassbar glücklich dabei aus!
Außerdem
macht er die ersten Schritte, zwar nur mit Hilfe – Gleichgewicht halten ging
noch nicht allein. Aber er machte Schritte. Und DAS war ja wieder etwas das er
angeblich laut der Ärzte gar nicht können sollte!
Also…JA!
Wir wussten wofür wir das gemacht hatten und wir sahen auch dass es sich
gelohnt hatte.
Und das
war (und ist bis heute!) mein „Anker“ an dem ich mich festhalte wenn mich mal
wieder die Gefühle und Ängste aus der Zeit in der Klinik überwältigen.
Trotzdem kamen
wir nicht drum herum Jonathan ein Medikament zu verordnen damit er besser
schlafen (und im Schlaf sein Trauma verarbeiten) konnte. Denn…Psychotherapie
bei Jonathan würde wohl nicht funktionieren, man musste andere Wege gehen.
Man weiß ohnehin
dass Kindern mit diesen Gendefekten ein Schlafhormon fehlt und sie schlecht zur
Ruhe kommen. DAS zusammen genommen mit dem Trauma ließ den kleinen Mann einfach
überhaupt nicht mehr schlafen.
Jonathan
bekommt also nun auf ärztliche Verordnung hin ein Schlafhormon. Jeden Abend, in
einer geringen Dosierung.
Mein Mann
und ich haben uns schon früher mit diesem Thema beschäftigt aber immer dagegen
entschieden: jedes Medikament das man nicht gibt, ist gut. Oder?
Aber nun
ging es nicht mehr anders. Jonathan MUSSTE zur Ruhe kommen, nicht NUR um zu
verarbeiten. Sondern auch weil Schlafentzug ein Trigger für Epilepsie sein
kann. Und einen weiteren Anfall …wollten wir nun wahrlich nicht wieder
riskieren.
Weihnachtszeit
In diesem
Jahr genossen wir die Weihnachtszeit vielleicht noch mehr als sonst.
Wir
dekorierten die Wohnung…kauften einen Baum und schmückten ihn: in diesem Jahr „amerikanisch
kitschig“, das hatte Marvin sich gewünscht….natürlich besuchte der Nikolaus uns.
Und zwar
nicht irgendein Nikolaus, sondern UNSER Nikolaus vom „Mietservice“. Der schon
öfter bei uns gewesen war.
An und
für sich dann ja nichts Besonderes? Doch, in diesem Jahr schon. Denn unser
Nikolaus war im vergangen Jahr schwer erkrankt und das er nun wieder bei uns im
Wohnzimmer saß war ein „Wunder“, ein „Weihnachtswunder“? 8o)
Er hatte
explizit auf DER Route bestanden die ihn zu uns führte – und wir freuten uns
einfach unfassbar ihn zu sehen.
Wir
besuchten Weihnachtsmärkte. Und ruhten uns aus: außer der nach der Op dringend
notwendigen Physiotherapie machten wir keine weiteren Therapien – um einfach
zur Ruhe kommen zu können und um Jonathan nicht zu überfordern.
Heilig
Abend wurde nur zu viert gefeiert.
Amerikanisch.
Mit Truthahn den mein Papa uns gebracht hatte, peinlichen Weihnachtspullovern
und EggNogg (Eierpunsch). Mit Geschenken und selbstgemachter Musik. Und mit
einem Matratzenlager unterm Weihnachtsbaum: denn an Heilig Abend schlafen wir immer
alle zusammen im Wohnzimmer beim Baum.
Es war
gut wieder vereint zu sein. Und es war noch besser dass wir die Op´s nun hinter
uns hatten und im neuen Jahr nach vorne sehen konnten!!
Die
Weihnachtsfeiertage verbrachten wir mit unseren Familien. Alles ganz ruhig,
klein und familiär. Genau das was wir (und vor allem Jonathan!) nun brauchten.
Zwischen
den Jahren hatte mein Mann Urlaub.
Freunde
kamen vorbei. Mein Mann besuchte mit Marvin eine Zaubershow, „quality time“ für
den Großen der schließlich auch unter der ganzen Situation gelitten hatte.
Und dann…einen
Tag vor Silvester….passierte etwas das wir NIE vergessen werden!! Etwas SO SCHÖNES!!!
GROSSER
Besuch
Seit fast
einem Jahr machte Jonathan nun eine Reittherapie. Und die Therapeutin war für
mich mittlerweile viel mehr als nur eine Therapeutin geworden: sie war mehr
schon eine Freundin.
In der
Zeit in der Klinik hatte ich so oft mit ihr geredet, bei ihr geweint. Sie
informiert wie es lief…wie schlecht es uns allen ging. Sie war da, hörte zu,
gab Ratschläge – versuchte zu helfen.
Jonathan konnte
in der momentanen Situation keine Reittherapie machen, es würde noch eine ganze
Zeit dauern bevor der Arzt das „OK“ geben konnte – einfach um das Operationsergebnis
nicht zu gefährden.
Und dann
hatte die Therapeutin eine so dermaßen verrückte Idee. Lach.
Sie
brachte das Pony einfach ZU UNS.
Kein Scherz.
Sie verlud das Pony in einen Anhänger, fuhr mit Mann und Sohn circa 40 Minuten
mit dem Auto und stellte das Pony in unseren Garten.
Ich kann
euch sagen: Jonathan machte vielleicht Augen als mein Mann mit ihm nach draußen
kam. 8o))
Wir alle
wussten von der Aktion, denn schließlich wäre es ja doof gewesen den Aufwand zu
betreiben wenn wir am Ende gar nicht zu Hause gewesen wären. Jonathan aber
wusste von nichts und staunte als seine BELLA auf einmal bei uns war.
Eine
Stunde lang stand sie im Vorgarten. Fraß sich an unserem Gras satt, ließ Dünger
da…lach…und Jonathan streichelte sie, saß auch mal auf ihr…und laberte dem
armen Pony ein Ohr ab vor lauter Aufregung…
So eine
Wahnsinnsaktion!!! So ein Aufwand nur um meinem kleinen Sohn eine Freude zu
machen. Das rührte mich zu Tränen. Und tut es immer noch - jedes Mal wenn ich
mir die Fotos anschaue….
Besonders
dankbar bin ich in diesem Zusammenhang auch dem Verein „Menschen für Kinder
e.V.“ die uns die Reittherapie in voller Höhe bezahlen. Ohne diesen Verein
hätten wir unsere Reittherapeutin nie kennengelernt – sie wäre nie unsere
Freundin geworden.
Mit Tränen
in den Augen habe ich dem Verein eine Sprachnachricht und Fotos dieses
unfassbaren Erlebnisses geschickt und mich bedankt.
Was wiederum
den Verein so gerührt hat…das dieses Erlebnis nun auf der Homepage des Vereins
für die Ewigkeit festgehalten worden ist.
(Und ein
Vögelchen hat mir gezwitschert das wir sogar Erwähnung bei der diesjährigen
Mitgliederversammlung finden werden.)
Das Jahr
endete dann aber recht unspektakulär für uns:
Silvester
haben wir mit Jonathans Patentante und ihrer Familie ganz ruhig mit einem
Raclette und einem Spieleabend gefeiert.
Jonathan
selbst war um Mitternacht beim Feuerwerk dabei und hatte RIESIGEN SPASS! Er hat
ganz viel gelacht und euphorisch „DADAAAAA!“ gerufen als die bunten Raketen
explodiert sind.
Und wie
jedes Jahr an Silvester fragte ich mich was das neue Jahr wohl alles für uns
bereithalten würde??