Es war lange Zeit still hier auf unserem Blog.
Der Grund ist, dass wir einfach alle Hände voll mit Jonathan zu tun hatten!
Der Weg den wir in den letzten Monaten mit ihm gehen mussten war nicht so leicht….
Unsere Tage bestanden daraus den kleinen Mann zu füttern, ihm Getränke und
Medikamente zu geben…aus Arztbesuchen…aus Physio- und Reittherapie…und aus
Angst - denn wir haben Rückschläge erlebt: so hatte Jonathan MEHRFACH wieder Aphten
im Mund - er hatte MEHRFACH Infekte wie Halsentzündungen und/oder Erkältungen
und wir haben jedes Mal befürchtet das der ganze Horror nun von vorne beginnt.
Aber um es KURZ auf den Punkt zu bringen:
heute geht es Jonathan gut und er hat alle seine Fähigkeiten von vor der
Enzephalitis wieder zurückerlangt!!
Und natürlich wird es dazu einen Beitrag geben.
Aber nicht heute. Heute beschäftigt mich ein anderes Thema.
Die Angst vor dem Tod ist immer mit dabei…
Als Betroffener wird man JEDEN TAG von dem Gedanken begleitet das man sein
eigenes Kind wird beerdigen müssen – hoffentlich in ferner Zukunft. Dieser Tag
ist aber schon im Moment der Geburt vorherbestimmt…man kennt ihn selbst nur
nicht. Ob das gut oder schlecht ist: keine Ahnung. Auf jeden Fall macht es
einen fertig.
Es macht einen aber nicht nur dann fertig wenn es um das eigene Kind geht…
Neben unserer “biologischen” Familie haben wir noch eine zweite Familie:
WALKING WITH GIANTS. Eine weltweite Organisation in der Menschen mit dem
gleichen Schicksal wie wir vereint sind.
Eine Familie die uns besonders ans Herz gewachsen ist…ist die Familie der
kleinen Lotta aus Deutschland. Lotta hat wie Jonathan MOPD Typ1.
Momentan….kämpft Lotta einen schweren Kampf: den Kampf um ihr Leben. Und
sie kämpft ihn leider schon zum zweiten Mal…
Was Lottas Eltern und ihr Bruder grade mitmachen…ich kann es nicht ANSATZWEISE
erahnen.
Aber auch wenn man als Betroffener „nur daneben steht“…nimmt es einen so
unfassbar mit.
In Gedanken bin ich den ganzen Tag bei Lotta…ich bete für sie….und da ihre
Mama sich „viele Kerzchen für Lotta“ gewünscht hat: brennen hier auch ständig
welche. Immer wieder kommen mir ohne Vorwarnung die Tränen….denn unabhängig
davon das Lotta und Joni denselben Gendefekt haben, sind diese Menschen UNSERE
FREUNDE. Und wir leiden einfach mit ihnen mit.
Und dann…sind da noch andere Gedanken….Gedanken für die ich mich irgendwie…schäme.
Weil sie so „egoistisch“ sind. Aber trotzdem sind sie da.
Denke ich an Lotta und daran was ihre Eltern grade mitmachen müssen…sind
meine Gefühle aus dem September wieder SO präsent! Wir saßen während der
Enzephalitis an Jonathans Bett und (wie mein Mann es ausdrückt) „uns ging der Arsch
auf Grundeis“.
Ich habe die MRT-Bilder gezeigt bekommen, danach ins Gesicht unseres
Neurologen geschaut und dachte der „Tag X“ ist JETZT gekommen: unsere
gemeinsame Zeit ist vorbei. Diese ANGST…diese Hilflosigkeit -über einige Tage
hinweg- das kann man gar nicht wirklich in Worten fassen.
Und alles das kommt nun wieder hoch weil ich weiß das Lottas Eltern grade
in einer ähnlichen Situation stecken.
Ich merke das ICH überhaupt nichts verarbeitet habe, dafür fehlte auch die
Zeit!!! Jonathan kam nach Hause und „die Arbeit“ ging weiter: es gab keine Zeit
zum Durchschnaufen oder Verarbeiten – denn Verarbeiten bedeutet zusammenbrechen
und alles rauslassen. Aber man muss funktionieren und sich um das Kind kümmern.
Also schiebt man alle diese Gefühle von sich weg…
Jetzt…sind diese Gefühle wieder da. Immer wenn mir die Tränen kommen sind
es nicht NUR Tränen wegen Lotta…sondern auch Tränen wegen Jonathan und wegen
allem was WIR erleben mussten. Und es sind Tränen der Angst - vor dem was uns
die Zukunft bringen wird und vor den Kämpfen die wir noch werden kämpfen
müssen.
Dann denke ich: „Wie kannst Du nur so egoistisch sein!!! Joni geht’s doch
grade GUT!“..und fühle mich schlecht weil ich über uns nachdenke statt alle meine
Gedanken auf Lotta zu fokussieren.
…man projiziert einfach so viel auf sich selbst wenn die Kinder denselben
Gendefekt haben! Man WEISS einfach das dieses Los auch einen selbst treffen
kann…jederzeit.
Das macht Angst…UNFASSBARE Angst…aber auch den Willen sein Leben NOCH MEHR
zu genießen und NOCH MEHR aus jedem einzelnen Tag herauszuholen.
Denn jeder Tag…kann der letzte Tag sein.