Sonntag, 26. Januar 2020



Es war lange Zeit still hier auf unserem Blog.

Der Grund ist, dass wir einfach alle Hände voll mit Jonathan zu tun hatten! Der Weg den wir in den letzten Monaten mit ihm gehen mussten war nicht so leicht….

Unsere Tage bestanden daraus den kleinen Mann zu füttern, ihm Getränke und Medikamente zu geben…aus Arztbesuchen…aus Physio- und Reittherapie…und aus Angst - denn wir haben Rückschläge erlebt: so hatte Jonathan MEHRFACH wieder Aphten im Mund - er hatte MEHRFACH Infekte wie Halsentzündungen und/oder Erkältungen und wir haben jedes Mal befürchtet das der ganze Horror nun von vorne beginnt.

Aber um es KURZ auf den Punkt zu bringen:
heute geht es Jonathan gut und er hat alle seine Fähigkeiten von vor der Enzephalitis wieder zurückerlangt!!

Und natürlich wird es dazu einen Beitrag geben.



Aber nicht heute. Heute beschäftigt mich ein anderes Thema.


  
Die Angst vor dem Tod ist immer mit dabei…
Als Betroffener wird man JEDEN TAG von dem Gedanken begleitet das man sein eigenes Kind wird beerdigen müssen – hoffentlich in ferner Zukunft. Dieser Tag ist aber schon im Moment der Geburt vorherbestimmt…man kennt ihn selbst nur nicht. Ob das gut oder schlecht ist: keine Ahnung. Auf jeden Fall macht es einen fertig.

Es macht einen aber nicht nur dann fertig wenn es um das eigene Kind geht…

Neben unserer “biologischen” Familie haben wir noch eine zweite Familie: WALKING WITH GIANTS. Eine weltweite Organisation in der Menschen mit dem gleichen Schicksal wie wir vereint sind.

Eine Familie die uns besonders ans Herz gewachsen ist…ist die Familie der kleinen Lotta aus Deutschland. Lotta hat wie Jonathan MOPD Typ1.

Momentan….kämpft Lotta einen schweren Kampf: den Kampf um ihr Leben. Und sie kämpft ihn leider schon zum zweiten Mal…


Was Lottas Eltern und ihr Bruder grade mitmachen…ich kann es nicht ANSATZWEISE erahnen.


Aber auch wenn man als Betroffener „nur daneben steht“…nimmt es einen so unfassbar mit.

In Gedanken bin ich den ganzen Tag bei Lotta…ich bete für sie….und da ihre Mama sich „viele Kerzchen für Lotta“ gewünscht hat: brennen hier auch ständig welche. Immer wieder kommen mir ohne Vorwarnung die Tränen….denn unabhängig davon das Lotta und Joni denselben Gendefekt haben, sind diese Menschen UNSERE FREUNDE. Und wir leiden einfach mit ihnen mit.


Und dann…sind da noch andere Gedanken….Gedanken für die ich mich irgendwie…schäme. Weil sie so „egoistisch“ sind. Aber trotzdem sind sie da.

Denke ich an Lotta und daran was ihre Eltern grade mitmachen müssen…sind meine Gefühle aus dem September wieder SO präsent! Wir saßen während der Enzephalitis an Jonathans Bett und (wie mein Mann es ausdrückt) „uns ging der Arsch auf Grundeis“.

Ich habe die MRT-Bilder gezeigt bekommen, danach ins Gesicht unseres Neurologen geschaut und dachte der „Tag X“ ist JETZT gekommen: unsere gemeinsame Zeit ist vorbei. Diese ANGST…diese Hilflosigkeit -über einige Tage hinweg- das kann man gar nicht wirklich in Worten fassen.

Und alles das kommt nun wieder hoch weil ich weiß das Lottas Eltern grade in einer ähnlichen Situation stecken.

Ich merke das ICH überhaupt nichts verarbeitet habe, dafür fehlte auch die Zeit!!! Jonathan kam nach Hause und „die Arbeit“ ging weiter: es gab keine Zeit zum Durchschnaufen oder Verarbeiten – denn Verarbeiten bedeutet zusammenbrechen und alles rauslassen. Aber man muss funktionieren und sich um das Kind kümmern. Also schiebt man alle diese Gefühle von sich weg…

Jetzt…sind diese Gefühle wieder da. Immer wenn mir die Tränen kommen sind es nicht NUR Tränen wegen Lotta…sondern auch Tränen wegen Jonathan und wegen allem was WIR erleben mussten. Und es sind Tränen der Angst - vor dem was uns die Zukunft bringen wird und vor den Kämpfen die wir noch werden kämpfen müssen.  

Dann denke ich: „Wie kannst Du nur so egoistisch sein!!! Joni geht’s doch grade GUT!“..und fühle mich schlecht weil ich über uns nachdenke statt alle meine Gedanken auf Lotta zu fokussieren.

…man projiziert einfach so viel auf sich selbst wenn die Kinder denselben Gendefekt haben! Man WEISS einfach das dieses Los auch einen selbst treffen kann…jederzeit.
Das macht Angst…UNFASSBARE Angst…aber auch den Willen sein Leben NOCH MEHR zu genießen und NOCH MEHR aus jedem einzelnen Tag herauszuholen.


Denn jeder Tag…kann der letzte Tag sein.