Wir gehen
auch mit Facebook online
Die
Veranstaltung unseres Fußballvereins…die Spendenbereitschaft der Leute…das
alles hat uns so wahnsinnig berührt und DANKBAR gemacht. Wir haben natürlich
allen gedankt die wir getroffen haben….aber bei vielen war das nicht möglich
weil wir ihnen nie begegnet sind. Und das hat mich beschäftigt: denn ich bin
dazu erzogen worden DANKE zu sagen. Das ich das nun nicht bei ALLEN Leuten tun
konnte, lag mir wie ein Stein im Magen.
Deswegen,
und NUR deswegen!, habe ich die Entscheidung getroffen eine Facebook-Seite für
Jonathan zu erstellen. Um auch den Menschen danken zu können bei denen ich es
auf anderem Weg nicht konnte. In der heutigen Zeit ist wohl nichts geeigneter
um viele Menschen zu erreichen als die sozialen Netzwerke!
Also hat
sich mein Mann wieder einmal an den Computer gesetzt und begonnen für mich eine
Seite zu erstellen. Es hat zwar nicht ganz so lange gedauert wie das Erstellen
der Blog-Seite, denn diesmal hatten wir schon Fotos die wir verwenden konnten.
Aber trotzdem war es nicht an einem Abend erledigt!! Denn ich wollte die Texte
die ich bei „Info“ hinterlegen konnte gut formulieren, wollte die
Sicherheitseinstellungen der Seite genauestens anschauen und musste die
Beteiligten des Fußballspiels erst fragen ob ich ihre Fotos einstellen durfte.
Außerdem
wollte ich der „Seitenadministrator“ werden und dazu: benötigte ich selbst auch
eine Facebook-Seite, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht hatte. Diese musste
auch erst erstellt werden.
Aber nach
zwei Tagen: sind wir auch mit unserer eigenen Jonathan-Facebook-Seite online
gegangen…8o)))
Wir
dankten dem Sportverein und posteten Fotos der Veranstaltung. Zu diesem
Zeitpunkt war ich davon überzeugt dass ich die Seite nur dazu verwenden würde
von Benefizevents zu berichten und Fotos davon zu posten um DANKE zu sagen.
Doch nach
einigen Tagen hatten wir schon über 500 Abonnenten!! Und wir bekamen
Nachrichten dass es wunderschön sei den kleinen Jonathan nun auch bei Facebook
sehen zu können und auf diese Weise an unserem Leben teilhaben zu dürfen.
Und da
erst habe ich realisiert das diese Seite viel mehr sein würde als nur eine
Plattform um anderen zu danken!! Diese Seite würde das Fenster sein durch das
alle Menschen dort draußen in unser Leben schauen könnten. Ein unschätzbares
Geschenk!! Wir würden in der Lage sein bei noch mehr Menschen Berührungsängste
abzubauen und ihnen Mut zuzusprechen, Jonathans Krankheit bekannter zu machen
und vielleicht auch in ferner Zukunft die Forschung etwas anzukurbeln?
Deswegen
begann ich aus unserem Alltag zu posten.
Doch wie
auch schon bei meinem Blog gab und gibt es bis heute Dinge die mir wichtig
sind:
-niemand
wird gepostet wenn er das nicht will
-unsere
Kinder werden nicht in beschämenden Situationen gezeigt
-alle
Fotos werden genauestens ausgesucht und zur Not werden die
-Fotos
bearbeitet um z.B. keine Rückschlüsse auf unseren Aufenthaltsort und/oder andere anwesende Personen
zuzulassen
-wir sind
absolut ehrlich und spielen niemandem etwas vor: alles was wir posten entspricht
der Wahrheit
-niemand
wird auf unserer Facebook-Seite in Verlegenheit gebracht
-wir
posten NICHT unsere Adresse oder unsere Kontaktdaten im Internet
An diesen
Punkten halte ich eisern fest.
Ich
möchte das unsere Seite den Menschen dort draußen Freude macht… ihnen hilft
und/oder Mut macht wenn sie selber in schwierigen Lebenssituationen
stecken….unsere „Follower“ sollen an unserem Leben teilhaben so wie es ist: mit
Höhen - und auch mit Tiefen… sie sollen unsere Freude sehen im Leben mit
Jonathan – aber auch die Herausforderungen und Ängste die dieses Leben mit sich
bringt.
Das was
auf Facebook seit damals von uns zu sehen und zu lesen ist: das sind wirklich
wir, das entspricht unseren Charakteren und unserem Leben. Und alle die uns
persönlich kennen werden das bestätigen können. 8o)))
Aber nun
bin ich ein wenig abgeschweift – mal wieder….
Dabei
stand bald ein aufregender Termin für uns an: die Dreharbeiten für den
Hessischen Rundfunk würden in wenigen Tagen stattfinden.
Dreh mit
dem Hessischen Rundfunk
Wenn ich
sagen würde das ich aufgeregt wegen dem Dreh war…dann wäre das glatt
UNTERTRIEBEN!!!
…schon
eine Woche vorher betete ich: „Hoffentlich bekomme ich keinen Pickel!“
…die
Fenster wurden geputzt: wie würde das denn bitte aussehen wenn man unseren
Bericht im FERNSEHEN sehen und denken würde die Dreharbeiten hätten bei Nacht
stattgefunden??? Und dabei kam nur kein Sonnenlicht mehr durch die Scheiben….
…ich
machte einen „Nottermin“ bei meiner Friseurin aus, die zum Glück alles möglich
machte damit ich vor den Dreharbeiten noch mal kommen konnte.
…was
ziehe ich nur an??? Ich hatte NICHTS anzuziehen!! (Kennt ihr das? LOL)
Mein Mann
hatte zum Glück bezüglich des Kleiderproblems ein Einsehen und schickte mich in
die Stadt zum Einkaufen….
Ich habe
Marvin mitgenommen damit er auf Jonathan aufpassen könnte wenn ich in der Umkleidekabine
beschäftigt wäre. Und dann ist uns so etwas lustiges passiert…..
Wir waren
im Geschäft, ich habe mich von der Verkäuferin beraten lassen und bin dann mit
den Sachen in der Kabine verschwunden. Marvin stand mit Jonathan (im Wagen)
davor. Und auf einmal höre ich eine Frau sagen: „Ach, ist das nicht das Baby
das in der Zeitung war????“…und Marvin sagt: „Ja, das stimmt.“….ich war grade
fertig, öffnete den Vorhang und sagte: „Und hier ist auch die Mama dazu!“.
Die Frau
war ganz angetan davon uns zu treffen und hat einige Fragen gestellt. Dann kam
die Verkäuferin dazu, die von dem Gespräch nichts mitbekommen hatte, sah
Jonathan an und fragte mich wie alt er sei. Und dann….LOL…bevor ICH etwas sagen
konnte!! Sagte die andere Frau: „Das ist der Jonathan, er ist zwei und hat
einen seltenen Gendefekt! Haben Sie das denn NICHT in der Zeitung gelesen?!“……ich
musste so lachen!! Es war DAS ERSTE MAL das mal nicht ICH Stellung nehmen
musste zu den Fragen. Wir waren schon so bekannt dass man ÜBER UNS Auskunft
gab. 8o)))
Die
Verkäuferin war auf jeden Fall verdutzt und meinte: „Sie waren wirklich in der
Zeitung?“, das habe ich bestätigt und dann beide Damen sprachlos gemacht als
ich erklärte das ich grade für einen Fernsehdreh einkaufte.
Nun ja…eine
lustige Geschichte an die ich wirklich gerne zurückdenke!! Es war DAS ERSTE MAL
das wir erkannt wurden. Seitdem ist das noch öfter passiert…..und ich muss
sagen: das ist für uns SEHR ANGENEHM!!! Es geht nicht darum im Mittelpunkt zu
stehen (das tun wir sowieso immer, egal wohin wir mit Jonathan gehen – einfach
weil er auffällt). Es geht darum das wir nun seltener „dumme Blicke“ ertragen
müssen oder „dumm angesprochen“ werden. Denn die Leute erkennen uns, wissen um
Jonathans Krankheit und gehen nun ganz anders mit uns um.
Es ist
doch sehr viel schöner von Fremden mit einem „Hallo Jonathan!“ begrüßt zu
werden als mit einem „Wieso ist er denn so klein? Was hat er denn für eine
Krankheit? Wird er noch größer?“…oder schlimmeren Kommentaren.
Gut
gelaunt nach dieser schönen Begegnung und mit einer gut gefüllten Kleidertüte
sind wir wieder nach Hause gefahren.
Und dann
kam der Morgen des Fernsehdrehs. Unser Familienleben sollte gezeigt werden:
eine gemeinsame Mahlzeit, unser Alltag mit Therapieterminen, aber auch wie wir
mit Jonathan spielen, Medikamentengaben….durch die Telefonate mit der
Redakteurin war ich relativ gut auf das vorbereitet was gedreht werden sollte.
Marvin
hatte noch Ferien, mein Mann einen halben Tag Urlaub genommen und unsere
Physiotherapeutin öffnete nur für uns heute ihre Praxis: denn eigentlich hatte
sie in dieser Woche Urlaub.
Alles war
geklärt und alle Beteiligten gut vorbereitet..und ich machte mir fast in die
Hose vor Angst. Ich weiß nicht wie viele Male ich an diesem Morgen ins Bad
gerannt bin, mein Magen rebellierte. Wir würden tatsächlich gleich für´s
FERNSEHEN gefilmt werden! Unfassbar!
Und dann
parkte ein Auto vor dem Haus. Das erste was wir nach einem Blick aus dem
Fenster sagten: „Das Auto hat ja gar kein HR-LOGO drauf!“…dabei wollten wir
doch so gerne die Nachbarn beeindrucken!! LOL
(…das ist
uns aber trotzdem gelungen, denn was die dreiköpfige Crew an Equipment auslud, blieb
unseren Nachbarn nicht verborgen! Mehrfach mussten sie laufen um Lichtgiraffen,
Schirme, Kameras und Mikrofone aus dem Auto zu holen.)
Und dann
standen die Redakteurin und ich uns das erste Mal gegenüber. Sie sah ganz
anders aus als ich erwartet hatte: blond, schlank, hübsch…und sehr viel jünger
als ich nach den Telefonaten geglaubt hatte. Ich war also bezüglich der Optik
schon mal positiv beeindruckt.
Mit ihr
zu reden war vertraut, wir hatten bis zu diesem Tag schon einige Male
telefoniert. Meine Aufregung blieb allerdings und das sagte ich ihr auch. Aber
sie winkte nur ab und meinte dass ich mich beruhigen könne: der Dreh werde ganz
familiär und es gebe nichts weswegen wir aufgeregt sein müssten. Wenn wir etwas
sagten was wir danach blöd fanden sollten wir einfach Bescheid sagen, dann
würde noch mal gedreht werden – kein Thema.
Und dann
begann der Drehtag….
Wir
wurden beim Frühstück gefilmt. Ich hätte mir nicht vorstellen können vor der
Kamera etwas zu essen, also fütterte ich Jonathan. Was nicht immer einfach ist,
weil er sich oftmals in seinem Stuhl windet und schreit. Und aus Angst das er
das wieder tun könnte und DAS wenn die Kamera lief…fing ich fürchterlich an zu
schwitzen!!! (Wer sich den fertigen Bericht auf YouTube anschaut sieht in
dieser Szene wie meine Nase trotz Puder glänzt!)
Aber ganz
ehrlich…trotz der Aufregung und des Schwitzens…nach einigen Minuten fängt man
an sich zu entspannen. Man vergisst die Kamera zwar nicht, aber man „wird
wieder man selbst“ und versucht nicht besonders toll auszusehen oder besonders
tolle Sachen zu sagen. Also jedenfalls war das bei uns so.
Und das
war auch gut, denn uns war es wichtig bei diesem Dreh das wir so gezeigt wurden
wie wir sind, wir wollten authentisch sein und keine Rolle spielen.
Nach dem
Frühstück wurde Jonathan beim Spielen gefilmt. Was sich recht schwierig
gestaltete denn der kleine Mann hatte großen Gefallen an den Lichtgiraffen
gefunden und krabbelte immer wieder dorthin um an den Ständern zu wackeln. Der
Kameramann hatte kein ganz so leichtes Spiel….LOL
Was ich
persönlich bei der Zusammenarbeit mit unserer Redakteurin am meisten schätze,
ist die Tatsache das sie versucht sich in unser Leben einzupassen – und nicht
umgekehrt. Schon im Vorfeld hatten wir am Telefon besprochen um welche
Uhrzeiten Jonathan Essen, Trinken oder Medikamente bekommt. Und sie hatte einen
Plan entwickelt wann was gefilmt würde: um Jonathan so wenig wie möglich in
seinem normalen Ablauf zu stören. Wenn die Zeit gekommen war das er etwas
trinken musste, gab es eben Einzelinterviews mit den anderen
Familienmitgliedern.
Mir hat
es imponiert das so viel Rücksicht auf Jonathan genommen wurde. Dieses Vorgehen
hat natürlich auch dazu beigetragen das er und der Rest der Familie entspannt waren
und DAS wiederum führte zu guten Aufnahmen!
Gemeinsam
mit dem Fernsehteam bin ich zu unserer Physiotherapeutin gefahren. Marvin und
mein Mann blieben zu Hause. Warum? Weil der Bericht unser Leben genauso
schildern sollte wie es ist und da mein Mann arbeitet und Marvin zur Schule
geht: nehme ich Therapietermine allein wahr.
Ich
sollte mit meinem Auto fahren und das Team mit dem eigenen Auto folgen. Bevor
es aber losgehen konnte sollte noch in unserem Hof gedreht werden wie ich mit
Jonathan ins Auto einsteige. Also: ich raus in den Hof, Auto auf, Kind rein,
anschnallen, Tür zu und selbst einsteigen, losfahren. Und STOP!
Jetzt das
Ganze nochmal und nun stand der Kameramann an einer anderen Stelle. (Das wird
gemacht damit man im Bericht verschiedene Einstellungen derselben Sequenz zusammenschneiden
kann.)
Und noch
ein drittes Mal: diesmal saß der Kameramann auf dem Fahrersitz in meinem Auto
und filmte mich beim Anschnallen von Jonathan. Und da merkte ich dass ich meine
Handtasche nicht umgelegt hatte wie bei den beiden Malen vorher. Also STOP! Und
nochmal…lach…
(Fernsehdrehs
sind gar nicht so spektakulär wie man denkt, sie sind anstrengend! Weil man
oftmals dasselbe immer wieder machen muss damit verschiedene Perspektiven
gefilmt werden.)
Während
wir also alle im Hof hin und herliefen und filmten kam eine Nachbarin in ihrem
Auto vorbei und ich sah aus dem Augenwinkel wie sie ganz verdutzt zu uns rüber
schaute. 8o)) Ich musste schon ein wenig schmunzeln als ich mir vorstellte wie
diese Szene auf jemanden wirken musste der keine Ahnung hatte was hier
passierte.
Endlich
waren aber alle Bilder im Kasten und wir fuhren zur Physiotherapie. Die
Therapeutin war so dermaßen aufgeregt, ein reines Nervenbündel. Da war ich am
Morgen ja gar nichts dagegen gewesen!
Da ich
aber nach einigen Stunden Dreh schon voll der Profi war…lach…habe ich
versucht sie zu beruhigen und ihr zu
erklären das das alles gar nicht schlimm ist. Hatte nur mäßigen Erfolg. Wir starteten
trotzdem mit dem Dreh.
Und nach
einigen Minuten tat unsere Redakteurin etwas was mich einerseits erneut
beeindruckte und andererseits mein Vertrauen in sie stärkte: es wurde gefilmt
wie ich mich über Jonathan beuge der auf dem Boden liegt. Da sagte sie
plötzlich: „STOP!! Ihr Ausschnitt war grade etwas zu tief, das drehen wir noch
mal!“
…ich kann
mich auf sie verlassen. Sie blamiert weder mich, noch mein Kind. Ab diesem
Moment war ich VOLLKOMMEN entspannt. Beruhigt. Und nun vollends davon überzeugt
die richtige Entscheidung mit diesem Dreh getroffen zu haben!!
Nach der
Physiotherapie wurden noch einige Sequenzen bei uns zu Hause gedreht. Gegen 14
Uhr war der Dreh beendet, das Drehteam packte sein Equipment wieder
zusammen……..