Freitag, 23. Februar 2018

Wir gehen auch mit Facebook online
Die Veranstaltung unseres Fußballvereins…die Spendenbereitschaft der Leute…das alles hat uns so wahnsinnig berührt und DANKBAR gemacht. Wir haben natürlich allen gedankt die wir getroffen haben….aber bei vielen war das nicht möglich weil wir ihnen nie begegnet sind. Und das hat mich beschäftigt: denn ich bin dazu erzogen worden DANKE zu sagen. Das ich das nun nicht bei ALLEN Leuten tun konnte, lag mir wie ein Stein im Magen.

Deswegen, und NUR deswegen!, habe ich die Entscheidung getroffen eine Facebook-Seite für Jonathan zu erstellen. Um auch den Menschen danken zu können bei denen ich es auf anderem Weg nicht konnte. In der heutigen Zeit ist wohl nichts geeigneter um viele Menschen zu erreichen als die sozialen Netzwerke!

Also hat sich mein Mann wieder einmal an den Computer gesetzt und begonnen für mich eine Seite zu erstellen. Es hat zwar nicht ganz so lange gedauert wie das Erstellen der Blog-Seite, denn diesmal hatten wir schon Fotos die wir verwenden konnten. Aber trotzdem war es nicht an einem Abend erledigt!! Denn ich wollte die Texte die ich bei „Info“ hinterlegen konnte gut formulieren, wollte die Sicherheitseinstellungen der Seite genauestens anschauen und musste die Beteiligten des Fußballspiels erst fragen ob ich ihre Fotos einstellen durfte.

Außerdem wollte ich der „Seitenadministrator“ werden und dazu: benötigte ich selbst auch eine Facebook-Seite, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht hatte. Diese musste auch erst erstellt werden.

Aber nach zwei Tagen: sind wir auch mit unserer eigenen Jonathan-Facebook-Seite online gegangen…8o)))

Wir dankten dem Sportverein und posteten Fotos der Veranstaltung. Zu diesem Zeitpunkt war ich davon überzeugt dass ich die Seite nur dazu verwenden würde von Benefizevents zu berichten und Fotos davon zu posten um DANKE zu sagen.

Doch nach einigen Tagen hatten wir schon über 500 Abonnenten!! Und wir bekamen Nachrichten dass es wunderschön sei den kleinen Jonathan nun auch bei Facebook sehen zu können und auf diese Weise an unserem Leben teilhaben zu dürfen.

Und da erst habe ich realisiert das diese Seite viel mehr sein würde als nur eine Plattform um anderen zu danken!! Diese Seite würde das Fenster sein durch das alle Menschen dort draußen in unser Leben schauen könnten. Ein unschätzbares Geschenk!! Wir würden in der Lage sein bei noch mehr Menschen Berührungsängste abzubauen und ihnen Mut zuzusprechen, Jonathans Krankheit bekannter zu machen und vielleicht auch in ferner Zukunft die Forschung etwas anzukurbeln?

Deswegen begann ich aus unserem Alltag zu posten.

Doch wie auch schon bei meinem Blog gab und gibt es bis heute Dinge die mir wichtig sind:
-niemand wird gepostet wenn er das nicht will
-unsere Kinder werden nicht in beschämenden Situationen gezeigt
-alle Fotos werden genauestens ausgesucht und zur Not werden die
-Fotos bearbeitet um z.B. keine Rückschlüsse auf unseren Aufenthaltsort      und/oder andere anwesende Personen zuzulassen
-wir sind absolut ehrlich und spielen niemandem etwas vor: alles was wir posten entspricht der Wahrheit
-niemand wird auf unserer Facebook-Seite in Verlegenheit gebracht
-wir posten NICHT unsere Adresse oder unsere Kontaktdaten im Internet

An diesen Punkten halte ich eisern fest.

Ich möchte das unsere Seite den Menschen dort draußen Freude macht… ihnen hilft und/oder Mut macht wenn sie selber in schwierigen Lebenssituationen stecken….unsere „Follower“ sollen an unserem Leben teilhaben so wie es ist: mit Höhen - und auch mit Tiefen… sie sollen unsere Freude sehen im Leben mit Jonathan – aber auch die Herausforderungen und Ängste die dieses Leben mit sich bringt.

Das was auf Facebook seit damals von uns zu sehen und zu lesen ist: das sind wirklich wir, das entspricht unseren Charakteren und unserem Leben. Und alle die uns persönlich kennen werden das bestätigen können. 8o)))

Aber nun bin ich ein wenig abgeschweift – mal wieder….

Dabei stand bald ein aufregender Termin für uns an: die Dreharbeiten für den Hessischen Rundfunk würden in wenigen Tagen stattfinden. 


Dreh mit dem Hessischen Rundfunk
Wenn ich sagen würde das ich aufgeregt wegen dem Dreh war…dann wäre das glatt UNTERTRIEBEN!!!

…schon eine Woche vorher betete ich: „Hoffentlich bekomme ich keinen Pickel!“
…die Fenster wurden geputzt: wie würde das denn bitte aussehen wenn man unseren Bericht im FERNSEHEN sehen und denken würde die Dreharbeiten hätten bei Nacht stattgefunden??? Und dabei kam nur kein Sonnenlicht mehr durch die Scheiben….
…ich machte einen „Nottermin“ bei meiner Friseurin aus, die zum Glück alles möglich machte damit ich vor den Dreharbeiten noch mal kommen konnte.
…was ziehe ich nur an??? Ich hatte NICHTS anzuziehen!! (Kennt ihr das? LOL)

Mein Mann hatte zum Glück bezüglich des Kleiderproblems ein Einsehen und schickte mich in die Stadt zum Einkaufen….

Ich habe Marvin mitgenommen damit er auf Jonathan aufpassen könnte wenn ich in der Umkleidekabine beschäftigt wäre. Und dann ist uns so etwas lustiges passiert…..

Wir waren im Geschäft, ich habe mich von der Verkäuferin beraten lassen und bin dann mit den Sachen in der Kabine verschwunden. Marvin stand mit Jonathan (im Wagen) davor. Und auf einmal höre ich eine Frau sagen: „Ach, ist das nicht das Baby das in der Zeitung war????“…und Marvin sagt: „Ja, das stimmt.“….ich war grade fertig, öffnete den Vorhang und sagte: „Und hier ist auch die Mama dazu!“.

Die Frau war ganz angetan davon uns zu treffen und hat einige Fragen gestellt. Dann kam die Verkäuferin dazu, die von dem Gespräch nichts mitbekommen hatte, sah Jonathan an und fragte mich wie alt er sei. Und dann….LOL…bevor ICH etwas sagen konnte!! Sagte die andere Frau: „Das ist der Jonathan, er ist zwei und hat einen seltenen Gendefekt! Haben Sie das denn NICHT in der Zeitung gelesen?!“……ich musste so lachen!! Es war DAS ERSTE MAL das mal nicht ICH Stellung nehmen musste zu den Fragen. Wir waren schon so bekannt dass man ÜBER UNS Auskunft gab. 8o)))

Die Verkäuferin war auf jeden Fall verdutzt und meinte: „Sie waren wirklich in der Zeitung?“, das habe ich bestätigt und dann beide Damen sprachlos gemacht als ich erklärte das ich grade für einen Fernsehdreh einkaufte.

Nun ja…eine lustige Geschichte an die ich wirklich gerne zurückdenke!! Es war DAS ERSTE MAL das wir erkannt wurden. Seitdem ist das noch öfter passiert…..und ich muss sagen: das ist für uns SEHR ANGENEHM!!! Es geht nicht darum im Mittelpunkt zu stehen (das tun wir sowieso immer, egal wohin wir mit Jonathan gehen – einfach weil er auffällt). Es geht darum das wir nun seltener „dumme Blicke“ ertragen müssen oder „dumm angesprochen“ werden. Denn die Leute erkennen uns, wissen um Jonathans Krankheit und gehen nun ganz anders mit uns um.

Es ist doch sehr viel schöner von Fremden mit einem „Hallo Jonathan!“ begrüßt zu werden als mit einem „Wieso ist er denn so klein? Was hat er denn für eine Krankheit? Wird er noch größer?“…oder schlimmeren Kommentaren.

Gut gelaunt nach dieser schönen Begegnung und mit einer gut gefüllten Kleidertüte sind wir wieder nach Hause gefahren.

Und dann kam der Morgen des Fernsehdrehs. Unser Familienleben sollte gezeigt werden: eine gemeinsame Mahlzeit, unser Alltag mit Therapieterminen, aber auch wie wir mit Jonathan spielen, Medikamentengaben….durch die Telefonate mit der Redakteurin war ich relativ gut auf das vorbereitet was gedreht werden sollte.

Marvin hatte noch Ferien, mein Mann einen halben Tag Urlaub genommen und unsere Physiotherapeutin öffnete nur für uns heute ihre Praxis: denn eigentlich hatte sie in dieser Woche Urlaub.

Alles war geklärt und alle Beteiligten gut vorbereitet..und ich machte mir fast in die Hose vor Angst. Ich weiß nicht wie viele Male ich an diesem Morgen ins Bad gerannt bin, mein Magen rebellierte. Wir würden tatsächlich gleich für´s FERNSEHEN gefilmt werden! Unfassbar!

Und dann parkte ein Auto vor dem Haus. Das erste was wir nach einem Blick aus dem Fenster sagten: „Das Auto hat ja gar kein HR-LOGO drauf!“…dabei wollten wir doch so gerne die Nachbarn beeindrucken!! LOL

(…das ist uns aber trotzdem gelungen, denn was die dreiköpfige Crew an Equipment auslud, blieb unseren Nachbarn nicht verborgen! Mehrfach mussten sie laufen um Lichtgiraffen, Schirme, Kameras und Mikrofone aus dem Auto zu holen.)

Und dann standen die Redakteurin und ich uns das erste Mal gegenüber. Sie sah ganz anders aus als ich erwartet hatte: blond, schlank, hübsch…und sehr viel jünger als ich nach den Telefonaten geglaubt hatte. Ich war also bezüglich der Optik schon mal positiv beeindruckt.

Mit ihr zu reden war vertraut, wir hatten bis zu diesem Tag schon einige Male telefoniert. Meine Aufregung blieb allerdings und das sagte ich ihr auch. Aber sie winkte nur ab und meinte dass ich mich beruhigen könne: der Dreh werde ganz familiär und es gebe nichts weswegen wir aufgeregt sein müssten. Wenn wir etwas sagten was wir danach blöd fanden sollten wir einfach Bescheid sagen, dann würde noch mal gedreht werden – kein Thema.

Und dann begann der Drehtag….

Wir wurden beim Frühstück gefilmt. Ich hätte mir nicht vorstellen können vor der Kamera etwas zu essen, also fütterte ich Jonathan. Was nicht immer einfach ist, weil er sich oftmals in seinem Stuhl windet und schreit. Und aus Angst das er das wieder tun könnte und DAS wenn die Kamera lief…fing ich fürchterlich an zu schwitzen!!! (Wer sich den fertigen Bericht auf YouTube anschaut sieht in dieser Szene wie meine Nase trotz Puder glänzt!)

Aber ganz ehrlich…trotz der Aufregung und des Schwitzens…nach einigen Minuten fängt man an sich zu entspannen. Man vergisst die Kamera zwar nicht, aber man „wird wieder man selbst“ und versucht nicht besonders toll auszusehen oder besonders tolle Sachen zu sagen. Also jedenfalls war das bei uns so.

Und das war auch gut, denn uns war es wichtig bei diesem Dreh das wir so gezeigt wurden wie wir sind, wir wollten authentisch sein und keine Rolle spielen.

Nach dem Frühstück wurde Jonathan beim Spielen gefilmt. Was sich recht schwierig gestaltete denn der kleine Mann hatte großen Gefallen an den Lichtgiraffen gefunden und krabbelte immer wieder dorthin um an den Ständern zu wackeln. Der Kameramann hatte kein ganz so leichtes Spiel….LOL

Was ich persönlich bei der Zusammenarbeit mit unserer Redakteurin am meisten schätze, ist die Tatsache das sie versucht sich in unser Leben einzupassen – und nicht umgekehrt. Schon im Vorfeld hatten wir am Telefon besprochen um welche Uhrzeiten Jonathan Essen, Trinken oder Medikamente bekommt. Und sie hatte einen Plan entwickelt wann was gefilmt würde: um Jonathan so wenig wie möglich in seinem normalen Ablauf zu stören. Wenn die Zeit gekommen war das er etwas trinken musste, gab es eben Einzelinterviews mit den anderen Familienmitgliedern.

Mir hat es imponiert das so viel Rücksicht auf Jonathan genommen wurde. Dieses Vorgehen hat natürlich auch dazu beigetragen das er und der Rest der Familie entspannt waren und DAS wiederum führte zu guten Aufnahmen!

Gemeinsam mit dem Fernsehteam bin ich zu unserer Physiotherapeutin gefahren. Marvin und mein Mann blieben zu Hause. Warum? Weil der Bericht unser Leben genauso schildern sollte wie es ist und da mein Mann arbeitet und Marvin zur Schule geht: nehme ich Therapietermine allein wahr.

Ich sollte mit meinem Auto fahren und das Team mit dem eigenen Auto folgen. Bevor es aber losgehen konnte sollte noch in unserem Hof gedreht werden wie ich mit Jonathan ins Auto einsteige. Also: ich raus in den Hof, Auto auf, Kind rein, anschnallen, Tür zu und selbst einsteigen, losfahren. Und STOP!
Jetzt das Ganze nochmal und nun stand der Kameramann an einer anderen Stelle. (Das wird gemacht damit man im Bericht verschiedene Einstellungen derselben Sequenz zusammenschneiden kann.)
Und noch ein drittes Mal: diesmal saß der Kameramann auf dem Fahrersitz in meinem Auto und filmte mich beim Anschnallen von Jonathan. Und da merkte ich dass ich meine Handtasche nicht umgelegt hatte wie bei den beiden Malen vorher. Also STOP! Und nochmal…lach…
(Fernsehdrehs sind gar nicht so spektakulär wie man denkt, sie sind anstrengend! Weil man oftmals dasselbe immer wieder machen muss damit verschiedene Perspektiven gefilmt werden.)

Während wir also alle im Hof hin und herliefen und filmten kam eine Nachbarin in ihrem Auto vorbei und ich sah aus dem Augenwinkel wie sie ganz verdutzt zu uns rüber schaute. 8o)) Ich musste schon ein wenig schmunzeln als ich mir vorstellte wie diese Szene auf jemanden wirken musste der keine Ahnung hatte was hier passierte.

Endlich waren aber alle Bilder im Kasten und wir fuhren zur Physiotherapie. Die Therapeutin war so dermaßen aufgeregt, ein reines Nervenbündel. Da war ich am Morgen ja gar nichts dagegen gewesen!

Da ich aber nach einigen Stunden Dreh schon voll der Profi war…lach…habe ich versucht  sie zu beruhigen und ihr zu erklären das das alles gar nicht schlimm ist. Hatte nur mäßigen Erfolg. Wir starteten trotzdem mit dem Dreh.

Und nach einigen Minuten tat unsere Redakteurin etwas was mich einerseits erneut beeindruckte und andererseits mein Vertrauen in sie stärkte: es wurde gefilmt wie ich mich über Jonathan beuge der auf dem Boden liegt. Da sagte sie plötzlich: „STOP!! Ihr Ausschnitt war grade etwas zu tief, das drehen wir noch mal!“

…ich kann mich auf sie verlassen. Sie blamiert weder mich, noch mein Kind. Ab diesem Moment war ich VOLLKOMMEN entspannt. Beruhigt. Und nun vollends davon überzeugt die richtige Entscheidung mit diesem Dreh getroffen zu haben!!


Nach der Physiotherapie wurden noch einige Sequenzen bei uns zu Hause gedreht. Gegen 14 Uhr war der Dreh beendet, das Drehteam packte sein Equipment wieder zusammen……..