…so viele
Abschiede…
Das Jahr
2019 begann für uns alles andere als gut.
Marvin
schnitt sich Anfang Januar so schlimm in den Finger und die Hand das er ins
Krankenhaus und genäht werden musste.
ZUM GLÜCK
war an diesem Tag mein Mann zu Hause und machte Homeoffice – ich weiß nicht was
ich gemacht hätte wenn ich mit Marvin allein gewesen wäre….ich kann nämlich
KEIN BLUT sehen. Mir wird sofort schwindelig und schlecht. Und Marvin blutete
wirklich ziemlich schlimm!
Er kam
auf mich zugelaufen, sagte dass er sich geschnitten habe – die verletzte Hand
hielt er mit der anderen Hand fest umschlossen, aber das Blut tropfte einfach
nur so auf den Boden.
Geistesgegenwärtig
lief er zur Spüle und hielt die Hand hinein. Ich raste zu meinem Mann und
schrie ihn an das er sofort mit Marvin in die Klinik müsste…wie schlimm es
wirklich war: wusste ich nicht, ich konnte ja nicht hinschauen.
Nun ja….Handtuch
drum und los ging´s für die Männer. Und ich putzte …. was nicht einfach für
mich war…besonders als ich in die Spüle blickte. Es war SO VIEL Blut.
Mein Mann
hatte keinen Handyempfang und ich machte mir wirklich Sorgen: hatte Marvin sich
am Ende irgendwelche Sehnen/Bänder/Muskeln durchtrennt und musste operiert werden?
Nach über einer Stunde ohne Infos habe ich in der Klinik angerufen und man
holte meinen Mann ans Telefon: zum Glück soweit alles gut, es musste „nur“
genäht werden.
Was ein
Tag und was für eine Aufregung!
Doch das
alles geriet ins Hintertreffen als wir ein Kind mit MOPD1 verloren…..
Ein
kleines Mädchen aus Indien.
DAS
kleine Mädchen das seine Diagnose AUCH wegen dieses Blogs bekommen hatte,
dessen Eltern mich angeschrieben hatten und seitdem in ganz engem Kontakt zu
mir standen. Und auch heute immer noch stehen!
Ich kann
gar nicht mit Worten ausdrücken was diese Familie mir bedeutet…ohne sie jemals
in echt gesehen zu haben spüre ich so eine unfassbar starke Verbindung zu
ihnen. Diese Menschen haben MEIN SCHICKSAL ERFÜLLT - weil ich ihnen helfen
konnte.
Dieses
wunderschöne Kind durfte nur 13 Monate alt werden. Und ich habe sie nie
kennengelernt, sie nie in den Armen gehalten oder in ihre Augen geblickt. Dabei
sollte das diesen Sommer auf der Convention möglich werden….
Was in
mir vorging als ich von ihrem Vater die furchtbare Nachricht bekam….ich kann es
nicht wirklich ausdrücken. Abgrundtiefer Schmerz. Wut…Verzweiflung. Und
Mitgefühl mit ihren Eltern.
Bis heute….knabbere
ich an ihrem Tod. Schaue immer wieder ihre Bilder an und weine.
Sie ist
nicht das erste Kind das ich habe gehen sehen seit wir bei WALKING WITH GIANTS
organisiert sind – aber sie ist das erste Kind dessen Tod mich so wahnsinnig
mitnimmt.
…und uns
blieb keine Zeit Luft zu holen nach diesem Schock…
Mein
Schwiegervater starb Mitte Januar. Mit nur 69 Jahren, für uns alle zu diesem
Zeitpunkt völlig unerwartet und plötzlich.
Mir waren
nur 7 Jahren mit ihm vergönnt….er fehlt mir.
Dachte
ich zu Anfang nach Jonathans Geburt dass er mitunter naiv und blauäugig an die
Diagnose MOPD1 herangeht…habe ich irgendwann erkannt das es einfach seine
positive Art war. Er hat NIE das Schlechte gesehen oder negativ gedacht…er hat
IMMER nur Optimismus verbreitet – und auch NUR an das Gute geglaubt.
Nachdem
ich das verstanden hatte: habe ich seine Nähe noch mehr genossen, sie hat mir
Kraft gegeben.
Nun…kann
er mir keine Kraft mehr geben.
Mich
tröstet allein der Gedanke dass er im Himmel auf Jonathan wartet und ihn
irgendwann…hoffentlich in sehr ferner Zukunft!...begrüßen und in die Arme
nehmen wird.
Er wird
auf unseren kleinen Jungen aufpassen - bis wir ihm folgen.
ICH
verfluchte das Jahr 2019 jetzt (MITTE JANUAR) schon!!
Weinte
viel und dachte oft bei mir: „Wenn es so schlimm anfängt….geht es dann auch so
weiter? Oder wird es besser?“
Anfang
Februar bekamen wir darauf eine Antwort:
Es ging
erstmal schlimm weiter.
Jetzt
hatten wir ein 12 Monate altes Mädchen mit MOPD1 aus Finnland verloren.
Auch diese
Familie war mir immens wichtig – ich hatte sie in den sozialen Netzwerken „gefunden“
und zur WALKING WITH GIANTS FOUNDATION gebracht, ihnen die Möglichkeit gegeben
sich mit anderen Betroffenen auszutauschen – sie waren nun nicht mehr allein und
so glücklich darüber. Wir schrieben uns oft, tauschen Erfahrungen und Fotos
aus.
Und nun….urplötzlich…hatte
dieses süße Wesen ihre Flügel genommen und war davon geflogen.
Ich konnte
in meinen Nachrichten an ihren Vater gar nicht ausdrücken wie sehr ich mit ihm
und seiner Frau mitfühlte…ich weinte permanent und wünschte mir die beiden in
die Arme nehmen zu können.
Es ist
zwar etwas beschämend….aber vermutlich auch ein stückweit normal!
Natürlich
bewegten mich in erster Linie Trauer um die Kinder und Mitgefühl mit den Eltern….aber…es
ist nicht von der Hand zu weisen das auch andere Gefühle in mir hochkamen:
ANGST und
BEKLEMMUNG. Und EINE FRAGE die mir permanent durch den Kopf schwirrte:
„Werden
wir die Nächsten sein???“
Kinder
mit MOPD1 haben statistisch gesehen eine Lebenserwartung von 9 Monaten.
Jonathan
wird schon 4 Jahre alt.
Und wir
haben dieses Jahr deutlich vor Augen geführt bekommen das das für diesen
Gendefekt wirklich SEHR ALT ist. Viele Kinder schaffen es gar nicht so weit wie
Joni…darüber sind wir glücklich!!! Aber es schürt eben auch die Angst. Denn wir
wissen nicht wieviel Zeit uns noch bleibt.
Meistens…kann
ich das vergessen. Jonathan ist gesund und fröhlich, er ist neugierig und
kommunikativ: er ist einfach wie andere Kinder auch, nur kleiner.
Aber
manchmal….kann ich das nicht wegschieben. Und dann schnürt es mir den Hals zu.
Dann bekomme ich Angst…ja: PANIK.
Wie wird
das Leben ohne Joni sein? Werde ich das überhaupt schaffen? WIE soll ich das
schaffen?
Anfang
März war ich grade ein bisschen zu mir gekommen, die „guten Tage“ wurden wieder
häufiger und ich hatte es geschafft die Angst und Traurigkeit wegzuschieben.
Dann
bekam ich eine Nachricht aus…..Deutschland.
Eins
unserer deutschen MOPD1-Kinder ringt aktuell mit dem Leben.
Ein
Mädchen, 21 Monate alt und die einzige deutsche Betroffene die ich nicht
persönlich kenne.
Noch
besteht Hoffnung dass sie den Kampf gewinnt. Ich bete jeden Tag….ich bin in
meinen Gedanken ständig bei ihr und ihrer Familie. Rede viel mit ihrer Mutter,
versuche sie zu unterstützen und zu bestärken – ihr Kraft zu geben….HOFFNUNG….
Unsere Kinder
sind stark – SEHR STARK. Genau wie wir ELTERN. Weil wir MÜSSEN.
Wir alle
führen ein Leben das wir nie in dieser Form führen wollten….der Tod ist IMMER
präsent – und das sollte er nicht sein, schon gar nicht bei KINDERN.
Damit
klarzukommen ist eine WIRKLICH große Herausforderung, die auch nur jemand
versteht der es selbst durchlebt.
Genau wie
etwas anderes das nur wir Betroffenen vollkommen verstehen: das wir HOFFNUNG
brauchen.
Denn
Hoffnung gibt Kraft…und die brauchen wir wirklich ganz dringend im täglichen
Leben. Würden wir die Hoffnung aufgeben – dann wäre dieses Leben nicht
auszuhalten. Und ICH glaube…dass auch unsere Kinder das spüren und nicht mehr
kämpfen würden.
Und als
Abschluss des heutigen Beitrags (und passend zum Thema!) äußere ich mal meine
HOFFNUNG dass unser Jahr 2019 besser weitergeht als es begonnen hat. 8o)