Sonntag, 20. Oktober 2019


Wie geht´s nun weiter?
Immer vorwärts Schritt um Schritt
Es geht kein Weg zurück
Was jetzt ist wird nie mehr ungeschehen“…
…dieser Satz aus einem meiner Lieblingssongs ist eine gute Beschreibung unseres momentanen Lebens.

Natürlich sind wir frustriert und traurig…auch wütend mitunter. Aber wir können nicht ungeschehen machen was passiert ist und müssen nun einfach einen kleinen Schritt nach dem nächsten gehen und hoffen dass uns diese Schritte in die richtige Richtung führen.

Aktuell haben wir tatsächlich noch KEINE AHNUNG was die Enzephalitis ausgelöst hat.
Die Stomatitis die ihr vorausgegangen ist wurde DEFINITV durch HERPES SIMPLEX VIREN ausgelöst: doch diese konnten durch die Lumbalpunktion NICHT nachgewiesen werden.
Auch die gängigen Bakterienarten wurden NICHT gefunden.

Es bleibt eigentlich nur noch eine Möglichkeit übrig: es war eine postinfektiöse AUTO-IMMUN-REAKTION.
Auf Deutsch: Jonathans Körper hat die Enzephalitis…bedingt durch den starken Infekt der Stomatitis…selbst ausgelöst.

Ich kann mich nur wiederholen und sagen wie WAHNSINNIG dankbar ich bin Teil der WALKING WITH GIANTS FOUNDATION zu sein!! Ein RIESIGER Wissenspool von Eltern aus aller Welt.
Im letzten Beitrag habe ich ja schon geschrieben das es mehrere Kinder mit MOPD Typ1 gibt die schon eine Enzephalitis hatten – und tatsächlich trat diese IMMER nach Infektionen und/oder Lebendimpfungen (was dem Körper ja eine Infektion vorgaukelt) auf.


Als bei Jonathan eine Enzephalitis diagnostiziert wurde habe ich sofort Kontakt mit anderen betroffenen Eltern aufgenommen und sie nach ihren Erfahrungen gefragt - und das sie alle übereinstimmend sagten „nach Infektion/Impfung“ ließ mich stutzig werden.

Ich habe mit unserem Neurologen darüber geredet und er hat mehrere Bluttests angestoßen: man kann wohl testen ob es eine Auto-Immun-Reaktion ist…wenn man weiß das man danach sucht!!
An der Behandlung ändert das zwar GAR NICHTS. Aber es hilft vielleicht UNS in der Zukunft…mit Sicherheit hilft es aber den nachfolgenden Generationen betroffener Kinder!!

Wir warten noch immer auf das Ergebnis, diese Tests brauchen viel Zeit.

Weiterhin habe ich mit dem führenden Forscher aus den USA Kontakt aufgenommen und er hat mir gesagt dass man schon länger vermutet dass es einen Zusammenhang zwischen Infekten und Hirnentzündungen/Schlaganfällen/Hirninfarkten gibt.

Wir sind schon seit über einem Jahr Teil einer Studie die er führt und nicht nur deswegen werden wir ihm alle Unterlagen und die MRT-Bilder nun zur Verfügung stellen, sondern auch um sobald als möglich seine Meinung zu hören!
Ändern wird auch das nichts. Aber vielleicht wird es uns helfen besser zu verstehen…unsere Ängste für die Zukunft loszuwerden. Oder bessere Therapien für Jonathan zu finden um seine motorischen Fähigkeiten zurückzugewinnen.
Und…für mich fast am Wichtigsten!!...die Erkenntnisse die der Forscher nun durch uns gewinnt…werden irgendwann einem anderen Kind mit MOPD Typ1 helfen! Diese schwierige Zeit die wir grade durchmachen…Jonathans „Leid“…das ist nicht umsonst!! Es wird jemand anderem helfen…


Ansonsten kämpfen wir grade an ganz vielen Fronten…

-Jonathan muss zunehmen: als wir aus dem Krankenhaus kamen wog er nur noch 4,5 Kilo bei einer Größe von 74cm.
Hochkalorische Drinks, Traubenzucker im Tee, eine Mahlzeit pro Tag mehr als sonst – alles mit Sahne versetzt: wir „mästen“ den kleinen Mann. (Und es scheint zu helfen denn ein bisschen zugenommen hat er mittlerweile auch wieder!)

-Jonathan muss seine Ängste überwinden: als wir nach Hause kamen durfte sich ihm niemand nähern, nicht einmal sein heißgeliebter Opa. Sofort hat der kleine Mann angefangen zu schreien und zu toben. Auch die Physiotherapeutin die zum Hausbesuch kam hatte keine Chance – mein Mann musste mit Jonathan den Raum verlassen während ich Tipps für Physioübungen bekommen habe.
Offensichtlich hat Jonathan Angst weil ihm in der Zeit in der Klinik zu viele Menschen wehgetan haben. Er ist traumatisiert und es braucht Zeit das zu verarbeiten. Wir müssen Geduld haben und kleine Schritte machen…

-Jonathan verliert seine Milchzähne: mittlerweile sind drei Stück ausgefallen und wir haben unseren Zahnarzt aufgesucht (nicht ganz leicht da Fremde sich Jonathan ja aktuell nicht nähern dürfen, doch es musste sein!).
Durch die Stomatitis ist das Zahnfleisch in Mitleidenschaft gezogen worden, die „Milchzahnhalterungen“ sind geschädigt und so fallen die Zähne einfach aus…mit Wurzel. Wir müssen Mund und Zahnfleisch mit einer antibakteriellen Lösung behandeln und einfach hoffen dass nicht noch mehr Zähne ausfallen. Grade hatte Jonathan doch begonnen besser zu kauen – es ist einfach frustrierend!!

-Jonathan hat Ausschlag im Mund: durch die Schädigungen des Zahnfleisches ist der ganze Mund total empfindlich und nach dem Verzehr von säurehaltigen Produkten wie Früchtetee oder bestimmten Obstsorten bekommt der kleine Mann Bläschen auf der Zunge.
Wir müssen also bei der Ernährung darauf achten WAS er isst und trinkt. Joni trinkt NUR TEE, aktuell können wir ihm nur Kamille- oder Hagebuttentee anbieten und beides findet er verabscheuungswürdig. Also ist TRINKEN grade auch ein großes Thema bei uns und das ist schlecht denn:

-Jonathans Leberwerte sind nicht gut.
Offensichtlich durch die vielen Medikamente die er in der Klinik zur Behandlung der Stomatitis und dann der Enzephalitis bekommen hat…hat nun die Leber so viel zu tun das die Werte deutlich erhöht sind.
Wir müssen nun wöchentlich zur Blutkontrolle und die Werte beobachten.
Hoffentlich wird es nicht schlimmer, denn ein erneuter Klinikaufenthalt würde nicht dazu beitragen das Jonathan das Trauma besser verarbeiten könnte!!

-Jonathans Immunsystem ist durch die Kortison-Gabe zur Bekämpfung der Enzephalitis total runtergefahren worden: momentan leben wir „isoliert“, wir bekommen keinen Besuch und besuchen auch niemanden. Eingekauft wird nur OHNE Jonathan und Arztbesuche werden auf das absolut nötige reduziert. Wir möchten nichts riskieren…wir möchten uns nichts vorwerfen müssen, wollen alles versuchen um Infekte nun von Joni fernzuhalten. Denn aktuell kann tatsächlich jeder Infekt seinen Tod bedeuten, mehr als durch den Gendefekt ohnehin schon.
Wie lange es dauert bis das Immunsystem wieder vorhanden ist?? Bei Menschen ohne diesen Gendefekt laut unserem Immunologen 4 Wochen…bei Joni…? Keine Ahnung. Wir müssen uns auf unser Bauchgefühl verlassen. Und das in der Grippe- und Infektionshochzeit Winter!!! Sehr belastend weil Angsteinflößend.

-Jonathan muss wieder lernen sich zu bewegen: er beginnt zu robben und hat es auch geschafft sich einmal alleine hinzusetzen. Doch die Kraft fehlt und die muss der kleine Mann mit viel Physiotherapie zurückerlangen. Ein weiter Weg liegt vor uns und Jonathan ist nicht der geduldigste Mensch (das hat er von mir…). Er verlangt sich sehr viel ab und gibt mehr als er kann was dazu führt das……

-Jonathan hat jeden Abend Fieber: seit ein paar Tagen haben wir abends immer eine Körpertemperatur von um die 39 Grad.
Wir haben bereits mit dem Immunologen und nun auch mit dem Kinderarzt darüber geredet. Zum einen sollte Joni mehr trinken: denn Anstrengung und zu wenig trinken kann zu Fieber führen. Schwierig wenn der kleine Mann die Getränke die er trinken kann nicht mag und jeder Tropfen sowieso schon eine Qual ist……zum anderen kann das Fieber auch von der Leberproblematik kommen und das macht uns verrückt!! Wir haben permanent Angst…grade ich möchte am liebsten gar nicht Fieber messen weil ich denke wenn ich es nicht weiß – dann mache ich mir auch keine Gedanken. Was Schwachsinn ist weil man sich die Gedanken ja trotzdem macht!!
Die Angst vor einem erneuten Klinikaufenthalt ist ständig da….wir können sie nicht wegschieben.
Das lässt uns kaum Raum die ersten zarten Versuche eines Lächelns bei Joni zu genießen….oder sein winken wenn er sich freut.

Vermutlich brauchen wir alle einige Zeit um die letzten Wochen zu verarbeiten. Vielleicht wird uns das auch nie ganz gelingen und die Angst immer unterschwellig mit da sein….


Das ist eben „Ein Leben mit MOPD TYP 1“.