Freitag, 20. Oktober 2017

Übernachtung im Hotel
Wir wagten etwas völlig Neues!!! Einen Kurzurlaub mit Jonathan. Es ging in den Playmobil-Fun-Park nach Fürth.

Schon seit Marvin 3 Jahre alt ist fahren wir (mindestens!) einmal im Jahr in den Playmobil-Park. Ich bezeichne Marvin und mich gerne als „Playmobil-Fetischisten“, unsere Freunde werden das bestätigen: die kennen die Massen an Playmobil-Spielzeug das wir besitzen. 8o))

Da wir so oft dort gewesen waren wussten wir, das der Fun-Park auch für Jonathan bestens geeignet war: es gibt keine Achterbahnen – die Philosophie von Playmobil ist „selber machen und selber entdecken“, alles ist Kindgerecht und sicher gestaltet. Auch so ein kleiner Mensch wie Jonathan findet hier Beschäftigung: es gibt Sandkästen, Wasserspielplätze und Spielecken in denen Playmobil 1-2-3 zum Ausprobieren steht. Es gibt Mikrowellen um das Essen zu erwärmen und Ruheräume, in die man sich zurückziehen kann. Auch Sanitätsräume mit Ärzten sind vorhanden.

Marvin LIEBT diesen Park!!! Obwohl er mittlerweile schon die Grundschule hinter sich gelassen hat, ist der jährliche Ausflug in diesen Park für ihn der Höhepunkt des Jahres: ein lieb gewonnenes Ritual. Jede Ecke dort wird wie ein alter Freund begrüßt…er weiß schon wo er zuerst hingehen möchte und freut sich auf sein Lieblingsessen und den Shop!  

Und jetzt mal ehrlich und Hand auf´s Herz: wenn die Kinder Spaß haben – dann hat man selber doch auch Spaß, oder??? Aus diesem Grund liebe ich den Park so! Und auch deswegen weil hier weder Eintritt noch Essen überteuert sind. Es ist ein rundum Familienfreundlicher Park und ich kann ihn nur jedem ans Herz legen!!

Also buchten wir eine Übernachtung im Park-Hotel. Es ist gegenüber vom Park gelegen und hat nur knapp 40 Zimmer: hier in der Ferienzeit übernachten zu können bedarf einer gehörigen Portion Glück und einer frühzeitigen Buchung! Das Hotel ist aber auch der Hammer! Jedes Zimmer sieht aus wie aus Playmobil gebaut, die Möbel sind den Möbeln aus den Puppenhäusern nachempfunden. Playmobil-Bilder hängen an den Wänden: jedes Zimmer hat ein eigenes Thema (Feuerwehr, Wikinger, Zoo…). Außerdem gibt es ein Spielzimmer, wo man seine mitgebrachte Brotzeit essen kann und die Kinder sich an den Spieltischen austoben können.

Auf den Fluren stehen Pflanzen in Lechuza-Pflanzkübeln: der ein oder andere kennt sie aus dem Gartencenter – eine einzigartige und patentierte Bewässerungstechnik, die selbst Menschen ohne grünem Daumen (wie mir) erlaubt, Pflanzen länger als eine Woche zu besitzen. Was aber kaum einer weiß: die Lechuza-Pflanzkübel waren eine Erfindung von Horst Brandstätter, dem langjährigen Playmobil-Inhaber/“Mit-Erfinder“. Und deswegen gibt es neben dem Park auch einen Pflanzenshop. Wenn man diese Begebenheit nun kennt wundert es nicht, dass diese Blumen und Pflanzkübel die Vorlage für vielen Playmobil-Pflanzen sind. Aber das nur am Rande..8o))

Zugegeben: das Hotel kostet ein paar Euro mehr. Aber wir haben für uns entschieden dass wir das in Kauf nehmen. Dafür können wir mit Jonathan einfach aus dem Park heraus über die Straße in unser Zimmer gehen wenn es ihm zu viel wird und müssen nicht noch mit dem Auto irgendwohin fahren. Auch für die Kühlung des Medikaments ist das sehr praktisch: wir brauchen es nicht mit uns herum zu tragen.


Seit vielen Jahren haben wir in unserer Familie eine Tradition: am Geburtstag eines Familienmitglieds wird (wenn das möglich ist!) frei genommen und wir machen einen Ausflug. Das Geburtstagskind darf sich aussuchen wohin es geht: Zoo, Burgenbesichtigung, Stadtrundfahrt…egal! Wir unternehmen etwas. Und die Feier mit Familie und Freunden findet später statt. So schaffen wir uns Erinnerungen und genießen unsere Ehrentage in vollen Zügen ohne uns dem Stress einer Bewirtung von Gästen aussetzen zu müssen.

Dieser Ausflug nach Fürth…war MEIN Geburtstagsausflug! 8o)) Zwar fand er aufgrund der Tatsache das mein Geburtstag in diesem Jahr auf einen Mittwoch fiel erst ein paar Tage später statt (wegen der Schule), aber ich freute mich trotzdem riesig darauf und darüber!!

Für die meisten Eltern die diesen Blog lesen sind Wochenendausflüge mit Kleinkindern vermutlich normal. Man hat Lust dazu: dann macht man das!! Für uns…war es etwas ganz besonderes. Erstens weil es nach Jonathans Geburt einfach Zeiten gegeben hat in denen wir gar nicht sicher waren ob er lange genug bei uns sein würde um so etwas mit ihm zu unternehmen. Zweitens weil wir wegen Jonathans Immunsystem einfach nicht alles machen können was wir wollen. Unser Leben ist wirklich sehr stark eingeschränkt. Und drittens mussten wir uns erstmal an dieses Leben mit Jonathan gewöhnen. Die Medikamentengaben verinnerlichen, lernen welche Dinge in unserem Leben nun so unentbehrlich sind das wir ohne sie nicht verreisen können. Nicht zu vergessen: wir mussten auch unseren Jungen erst einmal richtig kennenlernen, seine Körpersprache deuten und ihn verstehen lernen. Fünf Monate im Krankenhaus tragen nicht in dem Maße dazu bei sein Kind zu kennen wie es zu Hause der Fall wäre.

Von daher: bedeutete uns dieser Ausflug sehr viel. Grade ich hatte das Gefühl ein Stück Lebensqualität zurückzubekommen, saß ich doch die meiste Zeit des Tages allein zu Hause. Nun durfte ich raus und etwas „erleben“, ein Stück „normales“ Familienleben spüren und einfach mal abschalten.


ABER…Haben Sie schon einmal einen Ausflug mit einem Baby oder einem Kleinkind gemacht??? Dann wissen Sie ja wieviel Gepäck man so mit sich herum schleppen muss.

Und nun stellen Sie sich das doppelte Gepäck vor. Das ist dann ungefähr das was WIR mitschleppen mussten….

Es sind nicht nur Gläschen, Quetschbeutel, Wechselwäsche und Windeln…wir müssen auch noch die ganzen Medikamente (einige doppelt falls uns eine Ampulle runterfallen und kaputt gehen sollte) mitnehmen: und eine Kühltasche weil wir dieses eine Medikament haben das dauernd gekühlt werden muss. Dann Spritzen und Nadeln zum Aufziehen der Medikamente. Außerdem die Spezialmilch: die gibt es nämlich nur in der Apotheke und dort muss sie meist bestellt werden. Das Notfallmedikament falls wieder ein Krampfanfall kommen sollte. Hautcremes, weil Jonathans Haut aufgrund der Krankheit sehr trocken ist und regelmäßig gecremt werden muss – und zwar mit unterschiedlichen Produkten für Kopf, Gesicht und Körper. Das Inhalationsgerät falls er einen Schnupfen bekommen sollte. Und die dazu gehörigen Medikamente.

Ich war, ehrlich gesagt, gestresst und auch mehrere Tage mit Packen beschäftigt. Einige Koffer und Taschen standen überall in der Wohnung herum und immer wenn mir etwas einfiel das mit musste, wurde es in einen hineingelegt. Horror diese Packerei!! Und hoffentlich würde ich nichts vergessen!!

Je näher unser Ausflug rückte, desto mehr Gedanken machte ich mir: wie würde Jonathan so einen Ausflug überhaupt finden?? Würde er die lange Autofahrt gut mitmachen? Würde er sich wohlfühlen am Zielort, oder würde ihn die unbekannte Umgebung ängstigen?? Würden WIR es hinbekommen unseren Tagesablauf einigermaßen einzuhalten und somit  Routine und Gewohnheit für ihn zu schaffen??

Vielleicht hätte ich mir solche Gedanken nicht (oder nicht in dem Umfang) gemacht wenn damals die Schwestern im Krankenhaus uns nicht folgendes erzählt hätten: „Kleinwüchsige haben ein Problem mit Ortsveränderungen. Sie sind immer gern in ihrer gewohnten Umgebung, alles Neue und Unbekannte löst bei ihnen Stress aus.“ Hmmmm….natürlich löst so eine Aussage bei uns Eltern das Kopfkino aus. Aber andererseits: wenn wir es nicht ausprobieren würden…dann würden wir auch nie wissen wie JONATHAN auf eine unbekannte Umgebung reagiert, oder?? Heißt es nicht: „Probieren geht über Studieren“?? Also…aber ein bisschen ängstlich darf man vor dem ersten Ausflug dann ja doch sein. 8o))  

Und noch etwas anderes machte mir ein bisschen „Angst“: das Jonathan wieder einen Krampfanfall bekommen würde – fernab „unserer“ Ärzte. Natürlich hatten wir das Notfallmedikament, aber ich zumindest fühle mich immer sicherer wenn ich in der Nähe bin und weiß das ich zur Not in die Klinik fahren kann in der Jonathan und seine Krankheit bestens bekannt sind. Aber gut: ich musste wohl versuchen diese Ängste abzuschalten oder wegzuschieben. Ansonsten blieb mir nur mich den Rest meines Lebens mit Jonathan einzuschließen und nicht mehr wegzufahren – was wohl keine Alternative war!

Dann war der Tag der Abreise gekommen. Circa 3,5 Stunden Fahrt lagen vor uns und wir wollten zur Parköffnung um 9 Uhr, oder spätestens um 9.30 Uhr, in Nürnberg sein. Also hieß das nach Adam Riese: mussten wir um 5.30 Uhr, spätestens 6.00 Uhr los….
Und das hieß für mich: um 4.30 Uhr klingelte der Wecker. Kaffee trinken, duschen, die restlichen Waschsachen zusammen packen, Brote für die Fahrt schmieren und alles bereitstellen was mein Mann dann ins Auto packen sollte…

Viel geschlafen hatte ich nicht, aber ich war so aufgeregt wegen dieser neuen Erfahrung das ich direkt aus dem Bett sprang als der Wecker klingelte...und ich geriet ganz schön in Wallung weil ich nichts vergessen wollte - ich hätte nach einer halben Stunde quasi schon wieder duschen können! 8o))

Und dann ging es endlich irgendwann los: alles war eingepackt, die Kinder saßen im Auto, das Navi war programmiert, die Nachbarin hatte den Haustürschlüssel damit sie sich um unsere Meerschweinchen kümmern konnte…jetzt konnte ich durchschnaufen und mich freuen!!

Natürlich waren die beiden Jungs noch sehr müde: wir hatten sie auch mitten in der Nacht geweckt. Aber eigentlich war genau das Teil des Plans gewesen…denn wenn sie noch müde waren, würden sie einen Großteil der Fahrt verschlafen und wir hätten weder Geschrei von Jona, noch  „Mama, wie lange dauert es denn noch? Können wir anhalten, ich habe Hunger/muss auf´s Klo!“ von Marvin zu ertragen. 8o)))

Also sind wir erst mal ein bisschen gefahren, die beiden haben geschlafen und ich konnte mich somit voll und ganz entspannen… aber wir mussten die Uhr ein wenig im Auge behalten, denn Jonathan brauchte –wie jeden Tag- Medikamente und sein Frühstück. Die regulären Zeiten müssen eben trotz Ausflug eingehalten werden!!

Wir hatten uns extra eine Kühlbox besorgt die man auch im Auto an den Zigarettenanzünder anschließen kann. Ich habe es ja bereits mehrfach erwähnt: Jonathan bekommt ein Medikament, gegen Bluthochdruck, das permanent gekühlt werden muss. Und wenn man längere Zeit unterwegs ist und mit Kühlakkus hantiert – auch noch im Hochsommer- dann ist das am Ende suboptimal. Also hatten wir uns zu dieser Lösung entschlossen und es klappte auch einwandfrei! Im Zimmer konnten wir die Box einfach an die Steckdose anschließen und waren somit nicht darauf angewiesen ob das Zimmer einen Kühlschrank hatte oder nicht.

Aus meiner Erfahrung kann ich heute sagen, dass es eigentlich für alle Probleme die sich im Alltag mit einem kleinwüchsigen Kind so bieten eine Lösung gibt…man muss nur erfinderisch und kreativ sein.

Die Fahrt selbst gestaltete sich sehr ruhig und angenehm. Zu Anfang schliefen beide Kinder – und hätten vermutlich auch die komplette Fahrt verpennt. Aber…und das ist manchmal halt einfach total blöd: wir MUSSTEN anhalten und Jonathan Essen geben damit er anschließend seine Medikamente nehmen konnte. Und die waren wichtig: am Vormittag bekommt er die Medikamente gegen Bluthochdruck und Krampfanfälle…nicht auszudenken was passieren würde wenn wir letzteres nicht geben und er im Park dann einen Anfall hätte!!

Also mussten wir ihn wecken und danach hat er dann auch nicht mehr geschlafen. Er ist wie ich: wenn er einmal wach ist – dann ist er wach! Marvin war sowieso aufgeregt, der WOLLTE dann gar nicht mehr schlafen…Aber zumindest waren beide Kinder ruhig und gut gelaunt.

Irgendwann kamen wir in Nürnberg an und sind erstmal ins Hotel gegangen: das Medikament dort abgeben, damit es an der Rezeption kühl gestellt würde bis wir das Zimmer am Nachmittag beziehen durften. Solche Arrangements sind eigentlich nie ein Problem: man muss nur nett fragen! 8o)) 

Und dann in den Park. ENDLICH!! Ok, wir waren erst um 10 Uhr dort. Aber immerhin: für den ersten Ausflug und dafür das wir noch eine Rast gemacht und noch im Hotel vorbei gegangen waren: lagen wir sehr gut im Zeitplan, finde ich!

Ich bin nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube der Parkbesuch war nun auch das erste Mal das wir unseren neu erhaltenen Schwerbehindertenausweis ausprobieren konnten. Jonathan hat nämlich aufgrund seiner Erkrankung eine 100%ige Schwerbehinderung erhalten – nach längeren Diskussionen und Einspruch unsererseits.

An der Stelle muss ich kurz abschweifen um einfach mal zu erzählen wie viele Steine uns Eltern von behinderten Kindern noch zusätzlich zu der ohnehin schon immensen Belastung in den Weg gelegt werden!

Also: wir hatten einen Schwerbehindertenausweis beantragt und alle ärztlichen Unterlagen (Gen-Analyse, Unterlagen der Orthopädin, Unterlagen über die Hirnfehlbildungen, Arztbrief vom Kinderarzt usw) eingereicht.

Es vergingen mehrere Wochen…dann kam irgendwann ein Brief vom Versorgungsamt, ich freute mich schon. Doch der Brief beinhaltete nur eine Mitteilung „dass es beim Versorgungsamt Umstrukturierungen gebe. Aufgrund dessen könnte es sein das die Bearbeitungszeiten sich etwas in die Länge ziehen. Bitte sehen Sie von Anrufen oder neuerlichen Schreiben/Faxen/Emails ab: das verzögert die Bearbeitung nur noch mehr!“.
Na super!! Aber ok…Umstrukturierungen sind MIR nicht fremd! Mit allem was dazu gehört…8o))

Also habe ich geduldig gewartet. Und irgendwann…ich glaube nach 5 MONATEN, habe ich dann ein Schreiben und einen Ausweis für Jonathan erhalten. Mit 50% Schwerbehinderung. Ganz ehrlich: ich fand das zu wenig! Mein Sohn hat eine Lebensverkürzende Erkrankung mit erheblichen körperlichen und geistigen Einschränkungen…also wenn ER nur 50% bekommt, was muss man dann bitte haben um 100% zu bekommen????

Auf Umstrukturierungen wollte ich jetzt keine Rücksicht mehr nehmen und habe zum Telefon gegriffen und die Bearbeiterin, die das Schreiben erstellt hatte, angerufen. Dann habe ich sie gefragt warum mein Sohn nur 50% erhalten hat. Sie teilte mir mit…und das ist jetzt mein voller Ernst, das habe ich mir nicht ausgedacht!!

„Wir haben die Hirnfehlbildungen nicht anerkannt. Ihr Sohn ist ja noch soooo klein, das Gehirn kann sich ja noch entwickeln – das weiß man heute gar nicht ob er da so eingeschränkt bleibt. Wir prüfen das erneut wenn er 6 Jahre alt ist: Sie sehen ja das der Ausweis deswegen befristet wurde.“ ….“Sie haben gelesen das mein Sohn die Diagnose MOPD Typ 1 hat?“…“Ja, das habe ich gelesen. Aber das kenne ich nicht.“….“Meinen Sie nicht wenn Sie Schwerbehindertenausweise erstellen und eine Diagnose nicht kennen sollten Sie sich VIELLEICHT mal im Internet schlau machen?? Mein Sohn wird unter Umständen die nächste Prüfung nicht mehr erleben: sein Gendefekt ist lebensverkürzend. Und da die Hirnfehlbildungen vom Gendefekt kommen gehen die auch nicht mehr weg!“…“Ach so..naja: Sie können ja Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.“…….

Und das haben wir natürlich auch getan. Mein Anschreiben hatte nicht den freundlichsten Ton….Innerhalb von kürzester Zeit hatten wir aber einen neuen Ausweis in der Hand und diesen dann auch über 100% und das …unbefristet…so lange Jonathan lebt eben.

Soviel dazu. Das war nicht das erste und letzte Mal das ich mich mit Behörden, speziell auch mit der Krankenkasse!, auseinandersetzen musste!! Ich tue es: ich diskutiere und kämpfe. Weil es für meinen Jungen ist. Aber….es ist eine solche zusätzliche Belastung!! Denn jedes Mal wenn man solche Diskussionen wie die oben geschilderte führen muss, wird einem vor Augen gehalten das das eigene Kind diese schreckliche Diagnose hat.