Freitag, 12. Januar 2018

Osterferien und einige Familienausflüge
Das Leben in vollen Zügen genießen….etwas zusammen erleben…quality time als Familie…wir hatten Nachholbedarf!!!

BESONDERS ICH….

Mein Mann geht arbeiten, Marvin zur Schule und nachmittags zu Freunden. ICH bin diejenige die zu Hause ist und deren Leben so anders ist…so anders als früher…und so anders als ich es mir vorgestellt und gewünscht hätte.

Jonathans Immunsystem ist schlecht und der Kontakt mit kleinen Kindern wegen der Ansteckungsgefahr für ihn gefährlich. Aber alle meine Freundinnen haben kleine Kinder….also: kann ich sie tagsüber nicht sehen. Deswegen – bin ich meistens alleine…

Klar sehe ich die Therapeuten und Ärzte, denn ich habe jeden Tag irgendwo einen Termin mit Jonathan. Aber so gerne man sich auch mag, und auch wenn man über die Jahre „zusammen gewachsen“ ist und sich gut kennt – im Grunde sind es „Fremde“ mit denen ich nicht über das rede was mir wichtig ist oder mich beschäftigt.

Außerdem ist Jonathans Tag extrem „durchgetaktet“: Medikamente geben (15 Mal am Tag), ihn füttern (6 Mal am Tag), ihm trinken geben, ihn wickeln, Termine wahrnehmen, kochen, Physio-Übungen mit Jonathan machen…..manchmal komme ich noch nicht mal dazu nur spazieren zu gehen. Und sehe den Großteil des Tages nur die vier Wände um mich herum.
(Diese Situation ist nicht immer einfach für mich und als ich letztens mit einem sehr guten und langjährigen Freund darüber geredet habe wie mein Leben heute aussieht -und während dieses Gesprächs auch ganz fürchterlich in Tränen ausgebrochen bin- hat er gesagt: „Das ist ja schlimmer als Gefängnis!“ …Ja…..manchmal ist es das. Besonders im Winter: wenn es morgens lange dunkel ist und früh wieder dunkel wird. Da habe ich oft das Gefühl das das Leben komplett an mir vorbeigeht und ich nichts davon mitbekomme….)

Also…bin ich immer froh wenn mein Mann Urlaub hat, das Wetter gut ist und wir raus können. Klar sind Unternehmungen mit Jonathan auch immer Stress für mich: an alles denken und alles einpacken, und auch wenn man unterwegs ist muss man dauernd auf die Uhr schauen um keine Medikamentengabe zu vergessen….ABER: man sieht mal was anderes und bekommt ein paar neue Eindrücke. UND….ich fühle mich ein bisschen wie früher als ich noch in der Lage war viele verschiedene Dinge zu erleben und die Welt zu erkunden.

Jetzt standen die Osterferien bevor, mein Mann hatte eine Woche Urlaub. Das Wetter war schön und das wir etwas unternehmen würden war klar. Schon vor einigen Jahren haben wir eine Liste gemacht mit Dingen die wir in unserer Umgebung unternehmen wollen. Diese Liste haben wir uns nun zu Gemüte geführt und geschaut was realisierbar war. Wir haben uns für ein paar Ausflüge entschieden, es würde auch Ruhetage daheim geben die wir vor dem Fernsehen oder –wie Marvin jetzt neuerdings sagt- CHILLEND verbringen würden.

Der erste Ausflug führte uns in unsere Landeshauptstadt, nach Wiesbaden. Hier hatten Marvin und ich viele Jahre gelebt und hier fühlten wir uns immer noch zu Hause.

In Wiesbaden gibt es etwas das ich unbedingt mit Jonathan machen wollte….8o))…Nerobergbahn fahren!!

Die Nerobergbahn ist die letzte Wasserlast- und Zahnstangenstandseilbahn Deutschlands und überwindet auf einer Länge von 438 Metern und einer durchschnittlichen Steigung von 19% einen Höhenunterschied von 83 Metern (Daten aus WIKIPEDIA).

Von der Talstation fährt man auf den Neroberg. Von hier oben hat man einen traumhaften Ausblick über ganz Wiesbaden und es gibt hier ein kleines Amphitheater, einen Tempel, eine Kirche, ein Schwimmbad und einen Kletterwald. In den wollten meine „großen“ Männer auch unbedingt. 8o))

Zuerst einmal haben wir natürlich Tickets gelöst und uns in der gelben Bahn einen Platz gesucht. Wir waren nicht allein im Wagen und unsere „Mitfahrer“ haben über Jonathan gelächelt, uns aber in Ruhe gelassen und keine Fragen gestellt.

Jonathan selbst fand die Fahrt jetzt nicht sooo spektakulär, ich glaube er hat gar nicht wirklich verstanden was da passierte. Man ist auch nicht lange unterwegs: nur ein paar Minuten, dann steigt man schon wieder aus.

An der „Bergstation“ angekommen wollte Marvin unbedingt ein Foto mit Jonathan vor der Bahn machen und der Schaffner hat sich kaputt gelacht. Naja: er wusste ja auch weder was so besonders an Jonathan noch was so besonders für uns am heutigen Tag war.

Wir waren zwar nach dem Frühstück weggefahren, aber wir mussten auch einige Kilometer bis Wiesbaden zurücklegen, dann hatten wir noch auf die Bahn gewartet….jetzt war es schon fast Zeit für Mittagessen, also sind wir in das Lokal auf dem Berg gegangen. Nicht ganz kostenneutral dort – aber dafür mit Aussicht. 8o))

Wir haben lecker gegessen und das auch noch in Ruhe! Denn Jonathan hat sich in seinem Wagen mit seinem TutTut-Auto aus Holland, Thjis-Taxi, beschäftigt. Total toll! Mal in RUHE essen!!! Hat Seltenheitswert!!!

Nach dem Essen konnte Marvin seine Ungeduld nicht mehr länger zügeln: er wollte jetzt unbedingt in den Kletterwald. Also habe ich den Männern gesagt das sie gehen sollen, ich würde mit Jonathan hier bleiben: ihn füttern und wenn er dann (hoffentlich) seinen Mittagsschlaf halten würde – könnte ich ein wenig lesen.

Babystühle gab es in diesem Lokal leider nicht, also musste Jonathan zum Essen in seinem Wagen – im Grunde dem Autositz der mit einem Adapter auf ein Kinderwagenuntergestell montiert war – sitzen bleiben. Ich hatte Einweglätzchen dabei, davon habe ich ihm eins um den Hals gemacht. Keine Ahnung warum, aber der kleine Mann hatte auf einmal so wahnsinnig gute Laune und lachte mich an - mit diesem weißen Papierding um den Hals aus dem wirklich nur der kleine Kopf herausschaute: ein Bild das ich so witzig fand das ich einfach lauthals losgelacht habe….mehrere Leute glotzten mich an, vermutlich dachten sie das ich nicht mehr alle Latten am Gartenzaun habe – aber egal! 8o))

Der kleine Mann hat gut gegessen und ist dann zufrieden eingeschlafen. Zeit für mich auch mal etwas abzuschalten und ein wenig zu lesen. Bei herrlichem Sonnenschein und einem Bier mit Blick über Wiesbaden – was will man mehr???

Nach circa zwei Stunden waren die „großen Männer“ auch wieder zurück vom Klettern - geschwitzt aber glücklich. Sie haben noch was getrunken und dann haben wir die Heimreise angetreten. Der erste Tag mit schönem Ausflug war vorbei, aber am nächsten Tag wollten wir etwas mindestens genauso Tolles unternehmen!!!...


….nämlich einen Besuch beim höchsten Kaltwassergeysir der ERDE!! Und dieser befindet sich in Andernach, in der Nähe von Koblenz (Rheinland-Pfalz). Ja: ihr habt richtig gelesen! Es ist der höchste Kaltwassergeysir der ERDE und er befindet sich in Deutschland….ehrlich gesagt hatten wir überhaupt keine Ahnung das er existierte und dann auch noch in unserer Nähe!! Erfahren haben wir davon durch einen Kollegen meines Mannes. Er wohnt viel weiter von Andernach weg als wir und hat meinem Mann dann irgendwann erzählt dass er den Geysir besucht hat und total begeistert war – wir wären ja sicherlich auch schon dort gewesen??? Waren wir nicht, weil wir gar nichts davon wussten…peinlich! Dieser Fauxpas musste ausgemerzt werden, also haben wir beschlossen uns dieses Naturwunder anzuschauen!

Morgens wurde also wieder mal gepackt: Klamotten, Essen, Medikamente und diesmal auch der Reha-Buggy damit Jonathan auch gut sehen konnte unterwegs. Das Wetter war perfekt: Sonne, aber nicht zuuuu warm. Die Fahrt bis Andernach dauert ungefähr eine Stunde, wir sind schon früh gestartet und haben uns am Geysir-Zentrum unsere Tickets geholt – aber erst für den Nachmittag. Was man mit diesen Tickets alles machen kann, erzähle ich später. Erstmal sind wir in die Stadt gegangen und haben ein wenig Kulturprogramm genossen. Man muss wissen: Andernach ist die Stadt der kurzen Wege! Alle Sehenswürdigkeiten sind hier höchstens 5 Gehminuten auseinander und so schafft man in kürzester Zeit unfassbar viel an Kultur. 8o))

Wir haben eine Kirche besichtigt und Reste der Stadtmauer, haben eine Burgruine gesehen und den „runden Turm“. Danach hatten wir genug und sind Mittag essen gegangen….8o)))

Durch Zufall haben wir einen ganz kleinen, aber unfassbar GUTEN!, Italiener gefunden – der in Wirklichkeit gar kein Italiener war. Aber es schmeckte PHANTASTISCH und der Service war grandios! Ich war genauso begeistert wie am Tag zuvor auf dem Neroberg: unsere Familie, zusammen und auf einem Ausflug, gutes Essen und einfach Zeit miteinander – es konnte doch gar nicht besser laufen!!

Nach dem Essen war es Zeit zum Geysir-Zentrum aufzubrechen. Es ist so: wenn man den Geysir besuchen will kann man das nicht auf eigene Faust machen, denn er befindet sich in einem Naturschutzgebiet in das man nur als „geführte Gruppe“ Zutritt hat.

Im Ticketpreis ist eine Besichtigung des Geysir-Zentrums inklusive, laut Internet werden hier eineinhalb Stunden empfohlen. Uns hat diese Zeit NICHT gereicht!! Wir waren 2 Stunden hier und hätten noch länger bleiben können…dieses Zentrum ist ganz ganz toll gemacht! Mit Filmen und „Mitmach-Stationen“ an denen man die Wirkung von Geysiren ausprobieren kann: an denen man auch über Gesteine, Erdschichten und Umwelteinflüsse informiert wird und etwas lernt. Für Marvin, der Museen liebt, war es hier der Himmel auf Erden. Dass dieses Zentrum für Jonathan eher langweilig war erklärt sich von selbst. Aber mal geht es um das eine Kind – und mal um das andere, nicht wahr? 8o))

Im Anschluss an das Museum begibt man sich auf ein Schiff das nur wenige Meter entfernt vor Anker liegt. Mit diesem Schiff wird man dann 20 Minuten über den Rhein gefahren und ins Naturschutzgebiet gebracht wo man von Bord geht. Nach einem kurzen Fußmarsch erreicht man den Geysir. Er bricht circa alle 100 Minuten aus, die Touren sind so geplant dass man zur Eruption vor Ort ist. Und diese ist gewaltig: 60 Meter hoch ist die Wassersäule die unter Getöse in den Himmel schießt. Ja, es ist auch laut!!! Und das Wasser spritzt alles in einem Umkreis von bestimmt 30 Meter nass….So hatte ich mir das gar nicht vorgestellt.

Selbst Jonathan hat den Geysir aufmerksam betrachtet, wahrscheinlich auch wegen des Lärms. Ich bin mit ihm ein wenig näher heran gegangen so dass ihn die Wassertropfen getroffen haben..das Wasser des Geysirs ist voller Schwefel, es riecht und man schmeckt das natürlich auch. Woher ich das weiß? Nach dem Ausbruch ist ein Angestellter der Geysir-Tour mit einem Eimer herumgegangen in dem er Wasser aus dem Geysir aufgefangen hatte und wer sich getraut hat: durfte einen Schluck probieren!! 8o))
(Eins kann ich sagen: es schmeckt nicht so streng wie das Wasser aus Wiesbadens Kochbrunnen!)

Auf jeden Fall hat also auch Jonathan das Wasser gespürt und gerochen, Eindrücke die er auf jeden Fall wahrnehmen kann. Genau wie die Bootsfahrt. Er hat alles aufmerksam beobachtet, den Geräuschen der Turbinen gelauscht und einen Keks gelutscht…8o)))

Dieser Tag war lang….wir sind nach dem Frühstück losgefahren und waren zum Abendbrot wieder zu Hause. Glücklich und…müde!!! Wir haben beschlossen am nächsten Tag noch einmal etwas zu unternehmen, aber nur einen „kleinen und kurzen“ Ausflug. Wir wollten Jonathan nicht überfordern.


Klein und kurz….es sollte ein Besuch in einer Einkaufsmall werden. Ich liebe bummeln gehen, klar: ich bin eine Frau! 8o)) Aber…auch Marvin liebt shoppen über alle Maßen – ein Punkt der unseren Opa immer wieder dazu anregt Marvin auf die Schippe zu nehmen.

Wir sind also bummeln gefahren. Das Einkaufszentrum war geschmückt, überall Deko: Blumen und Ostereier, in der Mitte waren sogar Osterhasen aufgebaut die sich bewegten und denen man beim Eier färben oder Möhren ernten zuschauen konnte. Fand Jonathan extrem spannend!! Für ihn muss es so ausgesehen haben als würden sich echte Tiere bewegen! 8o))

Natürlich haben wir auch ein paar Kleinigkeiten gekauft: ein Buch für Marvin und eins für Jonathan…Bücher sind bei uns ein Heiligtum, Marvin und ich sind Leseratten – wir haben sogar eine Bibliothek in unserem Haus weil wir sonst nicht wüssten wohin mit den Büchern. Aber ich finde, dieses Hobby muss man in der heutigen Zeit auch unterstützen, grade bei Jugendlichen! Normalerweise sitzen die doch fast nur noch am Handy oder der Konsole, da finde ich es gut wenn auch gelesen wird. Deswegen würde ich NIE „Nein!“ sagen wenn ein Kind ein Buch haben möchte.

Wir sind nicht so lange im Einkaufszentrum geblieben, heute wollten wir ja ein wenig langsamer machen. Aber: auch das war ein schöner Tag gewesen. Ich hatte in den letzten Tagen so viele neue Eindrücke gewonnen, war so froh mal rausgekommen zu sein.
(Letztens hat mich eine Freundin gefragt wie es überhaupt möglich ist das ich mich immer so genau und detailliert an unsere Unternehmungen erinnere, obwohl diese schon mehr als 1 Jahr zurückliegen. Tja, ich denke weil ich so froh bin das überhaupt erleben zu können?? Das prägt sich dann einfach viel mehr ein!)


In ein paar Tagen war Ostern. Auch das würden wahnsinnig schöne Tage im Kreise der Familie werden. Bis dahin hatten wir aber auch noch einiges vorzubereiten…..