Donnerstag, 4. Januar 2018

Die Heiligen Drei Könige
Ich habe es ja schon einige Male erwähnt: wir sind Protestanten und deswegen gehört der Brauch „Die heiligen drei Könige“ nicht unbedingt zu den Bräuchen die WIR pflegen.

Aber…im März des vergangenen Jahres waren wir in mein Elternhaus eingezogen und so dachten wir uns: eine Segnung des Hauses könnte ja nicht schaden.

Als es klingelte baten wir also die drei „Sternsingerinnen“ und die Begleiterin herein. Sie stellten sich im Flur auf und begannen zu singen als mein Mann mit Jonathan auf dem Arm in den Flur trat. Die Begleiterin war lange Jahre unsere Nachbarin gewesen und so wusste sie um Jonathans Krankheit. Doch die jungen Damen die an diesem Tag als Sternsinger unterwegs waren – wussten das nicht.

Ich habe mich prächtig darüber amüsiert wie sie krampfhaft versuchten weiter zu singen…und doch dauernd aus dem Takt kamen und Jonathan sprachlos anstarrten. Und der wiederum starrte sie mit offenem Mund und staunend an. 8o)) Verkleidet waren sie, hatten Kronen auf dem Kopf und eine hatte einen riesigen Stern in der Hand. Auch ein Behälter, aus dem Weihrauch verteilt wurde, gehörte zur Ausstattung. So etwas hatte Jonathan noch nicht gesehen und gerochen. Er war total fasziniert! Und die Ladies auch…lol…


Der 1. Zahnarztbesuch
Jonathan war nun schon 1 Jahr und 9 Monate alt und die Zähne ließen sich Zeit. Mit viel gutem Willen war zu diesem Zeitpunkt ein Zahn durchgebrochen, aber bei mir stand ein Kontrolltermin beim Zahnarzt an und ich dachte dass es nichts schaden könnte Jonathan mitzunehmen und ihn an die Gerüche und Geräusche zu gewöhnen. Und daran das er hier den Mund aufmachen musste.

Es ist bekannt dass bei Kindern mit MOPD I die Zähne nur sehr wenig Zahnschmelz haben und deswegen leicht abbrechen können. Somit wäre es ja für die Zukunft gut, wenn Jonathan beim Zahnarzt keine Angst hätte und freiwillig den Mund aufmachen würde!!

Ich habe Jonathan auf den Schoß genommen und erst mal selbst eine Kontrolle bekommen – dabei konnte der kleine Mann schon mal zuschauen und sehen dass nichts schlimmes passierte. Mir machen Zahnarztbesuche nichts aus, im Gegenteil. Vermutlich habe ich noch nicht mal erhöhten Puls und ich glaube, ich bin eine der wenigen der es schon mal gelungen ist auf dem Stuhl einzuschlafen - während ich auf den Arzt und das Ziehen eines Weisheitszahns gewartet habe. Kein Scherz! Der Arzt musste mich damals wecken und hat sich kaputt gelacht über mich, weil ich so die Ruhe weg hatte….8o) Aber das ist eine andere Geschichte….

Die Kontrolle bei mir war –wie fast immer!- ohne Befund, alles prima und kein weiterer Handlungsbedarf.

Jonathan hatte von der Helferin einen Plastikbecher zum Spielen bekommen, mit dem quietschte er vergnügt herum. Und nun war er dran. Ich habe ihn auf meinen Bauch gesetzt und die Ärztin hat ihm erklärt dass sie nun gerne in seinen Mund schauen würde. Keine Chance. Er schmiss sich immer wieder nach hinten und fing zu kreischen an…er zappelte und gebärdete sich wie verrückt.

Nachdem er nicht zu beruhigen war bat ich die Ärztin den Mundschutz abzunehmen. Das hat sie auch gemacht und siehe da: nun ließ Jonathan sich die Untersuchung gefallen….ich habe es schon öfter erwähnt, er ist hospitalisiert. Es ist kein Hirngespinst, es ist die Wahrheit! So unvorstellbar das auch ist, weil man denkt das ein Mini-Baby gar nichts mitbekommt. Jonathan ist das lebende Beispiel dafür das dem anders ist.

Mehr als ein kurzer Blick in den Mund war heute aber gar nicht nötig. Ein Zahn war durchgebrochen, einer im Anmarsch…
Da ich um die (vielleicht) schlechte Situation seiner Zähne wusste: habe ich mit dem Zahnarzt vereinbart das ich nun alle drei Monate mit Joni zur Kontrolle vorbeikommen würde. Der Arztbesuch selbst dauerte ja nur ein paar Minuten, half Jonathan aber vielleicht seine Angst vor Mundschutz und Handschuhen zu überwinden….

Das 1.Mal im Schwimmbad
In unserem Sommerurlaub war das Wasser zu kalt gewesen um darin zu schwimmen. Und da Jonathan ein schlechtes Immunsystem hat und anfällig für Infekte ist, waren wir mit ihm auch noch nie in einem Schwimmbad/Thermalbad. Unser Kinderarzt hatte uns stark davon abgeraten da sich zum einen Bakterien in dem warmen Klima sehr gut vermehren können, zum anderen das Chlor im Wasser vermutlich nicht gut für Jonathans Haut wäre.

(Der junge Mann hat starke Probleme mit der Haut: sie ist extrem trocken, grade am Kopf. Wir cremen ihn mindestens 3mal am Tag komplett ein und trotzdem hat er immer wieder gerötete Hautstellen.)

Also war Jonathan außer ab und an in der Badewanne (auch nicht soooo oft weil baden die Haut zusätzlich austrocknet!) noch nie im Wasser gewesen. Mir ging schon längere Zeit durch den Kopf das ich das schade fand: Wasser ist ein tolles Element – grade für Kinder! Ich erinnerte mich so oft daran welche Freude Marvin im Babyschwimmen gehabt hatte….aber das war leider mit Jonathan nun mal nicht möglich.

Aber unsere „Frühfördertante“ kam mit einem Vorschlag um die Ecke…

Die Lebenshilfe hat ein eigenes Schwimmbad, naja: ein Therapiebecken. Auf jeden Fall so groß das hier auch Babyschwimmkurse stattfinden, Materialien zum Spielen und Lernen waren also vorhanden. Der Schwimmkurs findet immer am gleichen Wochentag um dieselbe Uhrzeit statt und dauert 10 Wochen – danach steht das Becken an diesem Tag und um diese Uhrzeit leer, aber der Lebenshilft zur Verfügung. Und es war genau der Zeitraum in dem wir immer Frühförderung hatten!!! Was wäre also wenn wir uns statt bei uns zu Hause…im Schwimmbad treffen würden? Und statt Frühförderung..eben schwimmen würden??? Und zwar so lange bis der nächste Schwimmkurz startete, wir hätten also ein paar Wochen Zeit.

Ich war gleich Feuer und Flamme! Ich meine..wann hat man bitte mal die Gelegenheit ein Schwimmbad ganz für sich alleine zu haben? Eine bessere Gelegenheit Jonathan das Element Wasser näher zu bringen OHNE das er Gefahr lief sich bei anderen Kindern anzustecken würde uns bestimmt nicht mehr geboten werden.

Trotzdem wollte ich das Thema noch mal mit unserem Kinderarzt besprechen. Und das tat ich auch umgehend. Er war leider nicht begeistert…das wir allein ins Schwimmbad gehen würden fand er zwar gut und sah an der Stelle auch kein Problem – aber er hatte Bedenken wegen der Haut. Denn gechlort war das Wasser trotzdem, und in einem Therapiebecken auch -ehrlich gesagt- nicht zu knapp. Das bisher einzige Mal ließ ich mich aber von seiner Meinung nicht überzeugen und habe ihm erklärt das ich trotzdem schwimmen gehen würde: mir war es einfach wichtiger Jonathan die Freude am Wasser zu gönnen…

Der Kinderarzt respektierte meine Entscheidung auch, gab mir aber noch ein paar Tipps und eine Bitte mit auf den Weg:
Zum einen sollte ich Jonathan nach dem Schwimmen nicht im Schwimmbad waschen, zu viele Keime und Bakterien in der Dusche! Ich sollte ihn dick eincremen und zu Hause ordentlich waschen und erneut eincremen.
Zum anderen sollte ich gut auf sein Verhalten achten: wenn ihm das Schwimmen nicht geheuer war oder ich den Eindruck hatte das es ihm nicht gut tat…dann sollte ich es bei diesem einen Besuch belassen (das hätte der Arzt mir nicht sagen brauchen, das hätte ich sowieso genauso gehandhabt!).
Als letztes musste ich ihm noch versprechen: WENN die Haut nach einem Besuch im Schwimmbad schlechter wurde, schuppte oder Jonathan Ausschlag bekam – dann war es das Ende unseres Schwimmexperimentes. Ok: damit konnte ich leben!

Also dann: das Experiment SCHWIMMBAD konnte starten! Unsere Frühfördertante freute sich mindestens genauso sehr wie ich. In der ersten Stunde würde auch die Leiterin des Schwimmkurses anwesend sein: sie sollte uns zeigen welche Spiele wir mit Jonathan machen könnten, welche „Übungen“.

Die erste Stunde fand in den Ferien statt und so konnte auch Marvin mitkommen: er freute sich wie ein Keks, ist er doch eine Wasserratte schlechthin.

Einen UV-Anzug für Jonathan hatten wir noch aus dem letzten Urlaub, einen Bademantel ebenfalls. Also packte ich alles zusammen..und fuhr mit beiden Kindern los.

Ok..es war schon ein recht großer Aufwand für die kurze Zeit die wir im Wasser verbringen wollten. Ich musste eine Schwimmtasche für drei Leute packen, ich musste den Wickelrucksack mitnehmen mit Essen und Trinken, ich musste den Wagen ins Auto packen damit ich Jonathan bis zum Schwimmbad „fahren“ konnte….dann dort angekommen: alles ins Schwimmbad bringen, drei Leute umziehen und kurz abduschen – und später alles in umgekehrter Reihenfolge…

Aber ich will mich nicht beschweren: unsere Frühfördertante und die Schwimmlehrerin mussten einige Türen aufsperren und hinter uns wieder zusperren. Sie mussten nach der Schwimmstunde aufräumen und das Schwimmbad „abziehen“ damit die Fliesen alle trocken waren…also von daher war es für uns alle ein immenser Aufwand. Ich muss sagen, ich bin allen die es uns ermöglichen dort schwimmen zu gehen extrem dankbar!! Sie hätten uns das nicht anbieten müssen, das wäre für alle stressfreier – aber dann hätte Jonathan auch nicht so viel Spaß!

Denn den hat er zweifellos im Wasser!! Er paddelt und planscht, er freut sich und strahlt über alle vier Backen. 8o) Er juchzt und plappert…wenn wir unser Abschlusslied singen und es aus dem Becken rausgeht dann beschwert er sich immer und möchte nicht gehen….eine kleine Wasserratte ist er!!

Die kleinen Spiele die er im Wasser machen soll (Entchen schieben, Bälle einsammeln oder Rutschstopper von einer Seite des Beckens zur anderen transportieren) macht er alle gerne und super mit.

Nach der ersten Schwimmstunde habe ich ihn (wie dem Kinderarzt versprochen) dick eingecremt und erst zu Hause gewaschen. Am Nachmittag und Abend habe ich ihn noch einmal dick eingecremt. Und: er hat keinen Ausschlag oder trockene Haut bekommen, alles war wie immer. Der Kinderarzt war sehr zufrieden als ich das beim nächsten Besuch genauso erzählen konnte wie vom Spaß den Joni im Wasser gehabt hatte.

Seitdem sind wir einige Male im Schwimmbad der Lebenshilfe gewesen. Mit Marvin, der dann entweder mit Jonathan spielt oder auch mal mit mir – manchmal auch ohne Marvin, wenn er zur Schule muss. Immer hat Jonathan eine wahnsinnige Freude dabei und wir sind uns alle einig: DESWEGEN lohnt sich der Aufwand den wir betreiben!!


Fasching
Wir sind keine Faschingshasser, aber auch nicht die weltgrößten Fans dieser närrischen Tage - doch wenn man Kinder hat kommt man um manche Sachen nicht herum.

Im letzten Jahr waren wir bei keinem Umzug gewesen weil wir einfach fanden dass Jonathan zu klein war und es zu laut und aufregend für ihn wäre. Doch in diesem Jahr, nachdem wir mittlerweile schon so viele Ausflüge mit ihm gemacht und gesehen hatten wie gut er damit zurecht kam und wieviel Spaß er auch hatte: beschlossen wir zu einem Umzug zu fahren.

Nur…wie verkleiden wir Jonathan??? Alle gängigen Faschingskostüme (selbst die für Neugeborene) waren alle zu groß, denn eigentlich immer ist eine Kopfbedeckung dabei und bei Jonathans kleinem Kopf…das ging gar nicht. Außerdem mussten wir auch etwas haben was er über die normale Kleidung ziehen konnte, denn wenn das Kostüm UNTER der Jacke war…dann brauchte ich ihm auch gar keins anzuziehen!

Ich stöbere ja gerne online nach Kleidern für die Kinder und somit hatte ich nun eine prima Ausrede das mal wieder zu tun. 8o)

Recht schnell hatte ich auch etwas gefunden: einen Overall aus Teddyplüsch der aussah wie der „Tigger“ aus WinniePooh. Ich bin ja riesiger WinniePooh-Fan und von daher hätte mir dieses Teil jetzt keiner mehr ausreden können! Es war aber auch perfekt - weil einfach warm.

Der Tag des Faschingsumzugs kam und morgens fiel mir auf: ich selbst hatte gar kein Kostüm. Marvin wollte sich nicht verkleiden…mein Mann auch nicht. Ich schon. Aber ich hatte mir nichts gekauft (…kennt ihr das? Man denkt immer nur ans Kind und nicht an sich!).

Nun ja…ich bin London-Fan. Und so habe ich eine Kappe und Schuhe mit Union Jack, dazu noch ein blaues Tshirt und ein Fähnchen in die Hand – fertig. Ich ging als Englische Flagge – wobei meine Verkleidung auch eigentlich unrelevant war….8o)))

Los ging´s es also zum ersten Faschingsumzug.

Jonathan hatte natürlich keine Ahnung was ihn hier erwartete, aber er nahm die vielen Menschen wahr die auf der Straße standen. Die lautstark johlten und natürlich auch „komisch“ aussahen. Hinter uns stand ein junges Pärchen und sie hatte ein Rentier-Geweih auf dem Kopf - das hat Jonathan schwer interessiert. Dauernd hat er sich den Kopf nach der jungen Frau verdreht und das Geweih angehimmelt…oder eher SIE??? Ich weiß es nicht so genau…8o))

Auf jeden Fall hatte Jonathan Spaß die Wagen und die Menschen zu bestaunen die vorbeikamen… vermutlich kamen sie ihm vor wie aus einer anderen Welt entsprungen -  weil sie so bunt und verrückt gekleidet waren.

Unter den Motivwagen waren auch einige „alte Bekannte“: zum Beispiel die Straußenfarm die wir im Sommer besucht hatten….allerdings hatte diese KEINE lebenden Strauße dabei – schade eigentlich. LOL…

Natürlich fiel Jonathan mal wieder auf: so viele Menschen sprachen uns an „Ist der süß!“ und lächelten. Alles in allem war es ein gelungener Tag, auch wenn wir uns nach zwei Stunden wieder auf den Heimweg machten weil wir dachten das der Lärm und die Aufregung nun genug für Jonathan seien….8o))

Ganz ehrlich? Ich mag Fasching nicht soo gerne…aber ich war schon ziemlich glücklich an diesem Tag. Warum??? Weil ich lange Zeit nicht geglaubt hätte das wir sowas wie heute mit unserem Kleinen mal machen könnten – und er auch noch Spaß dabei empfinden würde!

Manchmal geht das Leben ganz eigene Wege: manchmal hält es Überraschungen bereit. Manchmal wandelt sich eine Situation die man für ausweglos hielt und die Angst macht dann doch zu etwas wertvollem und schönem.

Etwas schönem das man viel mehr zu schätzen weiß….weil man nie glaubte das es SO GUT werden würde. Nach den Prognosen der Ärzte haben wir mit VIEL SCHLIMMEREM gerechnet…jeder Tag ist ein Geschenk für uns!! Und wir leben jeden Tag sehr intensiv.


Das sollte sich dann auch in den kommenden Osterferien bemerkbar machen! 8o))