Freitag, 16. März 2018


Am nächsten Tag hatte meine Schwester Geburtstag. Und wieder sollte mit Sekt angestoßen werden.

Der Frühstücksraum war voll besetzt, eine Bedienung lief auch geschäftig hin und her. Marvin saß meinem Papa am Tisch gegenüber als dieser die Sektflasche aus dem Kühler nahm. Mein Papa wollte witzig sein und richtete die Flasche auf Marvin, tat so als würde er den Sektkorken knallen lassen und lachte sich kaputt als Marvin in Deckung ging.

ZUM GLÜCK….ging Marvin auch ein paar Minuten später in Deckung als mein Papa die Sektflasche dann WIRKLICH entkorkte. Denn DAS…ging ORDENTLICH daneben!!!

Keine Ahnung was genau da passierte oder warum! Aber der Korken SCHOSS aus der Flasche und flog knapp an Marvin vorbei, knallte gegen die Zimmerdecke -verfehlte dabei die Lampe nur um Zentimeter- prallte ab, traf die Kellnerin und landete schließlich mitten auf dem Frühstücksbüffet. Und das alles mit einem ohrenbetäubenden Knall. O man. Die Blicke der anderen Frühstücksgäste sprachen auch Bände. Wie PEINLICH!

Im ersten Moment dachte ich das die Deckenverkleidung kaputt sei und/oder die Kellnerin sich ernsthaft verletzt habe. Beides war aber zum Glück nicht der Fall.

Meinem Papa fiel auch direkt auf das sein „Späßchen“ mit Marvin ein paar Minuten vorher böse hätte ins Auge gehen können – im wahrsten Sinne des Wortes!

Aber zum Glück war ja nichts passiert und komischerweise schäumte der Sekt auch nicht über – obwohl man ja hätte meinen können dass die Flasche unter Druck gestanden hätte und der Korken deswegen so herausgeschossen war.

Nachdem wir uns dann alle von unserem Schreck erholt und uns bei der Kellnerin und den anderen Gästen entschuldigt hatten konnten wir dann auch auf den Geburtstag meiner Schwester anstoßen.

Sie hatte sich für heute ausgesucht das wir Minigolfen gehen würden. DAS war doch mal was nach meinem Geschmack!!!

Also machte sich die komplette Familie auf den Weg zur Minigolfanlage. Das hatten wir auch noch nie zusammen gemacht!! Manche von uns stellten sich besser an, andere weniger gut (wer sich wie anstellte tut ja eigentlich nichts zur Sache. Aber OKAY: ich war nicht so die beste Minigolferin! LOL)

Auf jeden Fall hatten wir viel Spaß zusammen und haben auch sehr viel gelacht.

Gewonnen hat, und das war passend!, das Geburtstagskind: meine Schwester.

Nach einem sehr leckeren Mittagessen in einem Fischrestaurant mussten Marvin und ich uns schon vom Rest der Familie verabschieden: für uns wurde es Zeit die Heimreise anzutreten, morgen war wieder Schule.

Es war zwar ein sehr „kurzes“ Wochenende in dem Sinne gewesen, aber auch ein sehr schönes. Wir hatten so viel gelacht und einfach mal „quality time“ mit der Familie genossen. PERFEKT.

Und zu Hause??? Lief auch alles gut. Mein Mann hatte alles im Griff, wie immer wenn er mit Jonathan allein war.


Drehtermin mit der Tageszeitung
Nur wenige Tage nach unserem Kurzurlaub am Chiemsee kamen drei Redakteure der Tageszeitung vorbei in der schon mehrfach über uns berichtet worden war.

Diese Zeitung hatte nicht nur ein Online-Portal, sondern seit Neuestem auch ein Online-VIDEO-Portal. Das heißt, die Zeitung drehte kurze Filme und stellte diese dann online bereit. Quasi Zeitungsberichte in bewegten Bildern.

Man hatte uns vor einiger Zeit gefragt ob wir uns vorstellen könnten einen Drehtag mit der Zeitung zu machen. Bei dieser Frage mussten wir nicht lange überlegen und haben zugesagt. Schließlich verdankten wir dieser Zeitung sehr viel! Anstehende Benefizaktionen und auch die vielen privaten Spenden hätten sicherlich nicht in dem Umfang stattgefunden wenn wir nicht so eine liebevolle Berichterstattung bekommen hätten.

Also rückten an diesem Morgen unsere Zeitungsredakteurin, ein Kameramann und ein Redakteur bei uns an. Auch sie kamen mit einer Menge Equipment, es unterschied sich eigentlich nicht großartig von dem was das Fernsehteam mitgebracht hatte.

Auch die Fragen die mir im Interview gestellt wurden ähnelten denen des Fernsehberichts. Aber es gab einen Unterschied…dieses Interview nahm mich mehr mit und einige Tränen kullerten. Ich weiß nicht genau woran es lag….vielleicht daran das ich die Redakteurin die mir die Fragen stellte schon ziemlich gut kannte: sie hatte uns ja schon mehrfach für die Zeitungsberichte interviewt – außerdem hatte mit ihr wirklich von der ersten Sekunde an die Chemie total gestimmt. Vielleicht war ich auch an diesem Tag einfach etwas emotionaler als sonst.

Nach meinem Interview war mir dann aber zum Glück eine Pause zum Verschnaufen vergönnt: für den Dreh hatten wir eine Stunde Frühförderung vereinbart. Unsere „Frühfördertante“ war völlig aufgelöst und aufgeregt als sie bei uns ankam – aber sie hat das vor der Kamera sehr souverän und gut gemacht!! Es sind tolle Bilder für den Film entstanden!!! 

Auch dieser Dreh dauerte mehrere Stunden.

Wir würden Bescheid bekommen wenn der Bericht fertig war und online ging, was ein paar Tage dauern würde.

Aber die Zeit bis dahin wurde nicht langweilig für uns, denn nun stand unser Benefizdartturnier an!!!!


Benefizdartturnier
Seit MONATEN war der Dartclub mit den Vorbereitungen beschäftigt gewesen:
-Plakate und Flyer wurden gedruckt und aufgehängt/verteilt.
-Seit feststand das es eine Tombola zu unseren Gunsten geben würde mussten Sponsoren für die Preise gefunden werden. Also wurden sehr viele Emails geschickt und Telefonate geführt. Einige Spenden fanden ihren Weg mit der Post zum Dartclub, die meisten mussten aber abgeholt werden. Sie mussten sortiert und nummeriert - und bis zum Tag des Turniers auch irgendwo gelagert werden: hier funktionierte ein Mitglied des Clubs seine Kellerbar als „Lagerraum“ um.
-Anmeldungen von Spielern wurden „bearbeitet“ und nach kurzer Zeit stand fest das in den Räumlichkeiten des Dartclubs weder genug Platz für alle Spieler sein würde, noch waren genug Dartautomaten vorhanden um die Spielabwicklung in angemessener Zeit gewährleisten zu können.

Der Dartclub hat seine Räume im Keller einer Shisha-Bar. Es wurde kurzerhand mit deren Besitzern vereinbart dass man die Bar ausräumen werde um genug Platz für alle Menschen zu haben. Ein Dartautomatenanbieter stellte noch einige Automaten zur Verfügung, die wurden zum Glück auch geliefert und mussten nicht geholt werden.

Logistisch war bald alles geklärt. Nun ging es um die „Muskelkraft“: der Dartclub DURFTE die Shisha-Bar ausräumen, musste die Möbel aber selbst aus dem Weg räumen.

Was diese Männer und Frauen für diesen Tag geleistet haben ist –auch heute noch!- unbegreiflich für mich. Sie haben tatsächlich alle Möbel „weg geschleppt“, die Automaten aufgestellt, den Raum mit Tüchern abgehängt um eine besondere Atmosphäre zu schaffen, die Preise für die Tombola in den Keller getragen…..

Einige der Mitglieder des Clubs haben in den Monaten bis zum „großen Tag“ so viel Kraft in dieses Event investiert das sie nervlich und körperlich einfach fertig und vollkommen erschöpft waren. Das äußerte sich dann an diesem Abend in Aussagen wie „Es ist ein super toller Abend und ich wünsche mir dass sehr viel Geld für euch zusammenkommt! Aber sowas machen wir NIE WIEDER! Es war einfach nur anstrengend!!“

Ich (wir!) haben gesehen was diese Menschen geleistet haben, was sie über Monate hinweg für uns getan haben um auf diesen einen Tag hinzuarbeiten. Für FREMDE die wir einfach zu Beginn waren.

Dankbarkeit ist ein viel zu kleines Wort für das was wir -bis heute- empfinden. Und bis heute stehen wir in sehr engem Kontakt zu diesem Dartclub, wir sind Freunde geworden.
(Mittlerweile bin ich sogar Mitglied in diesem Club und trainiere einmal in der Woche mit ihnen!)

Dieser Abend war sehr aufregend für uns: es war das erste „richtige“ Benefizevent das AUSSCHLIESSLICH für Jonathan organisiert worden war.

Da ich Darts so liebe hatte ich vom Dartclub eine „white card“ für diesen Abend bekommen: das heißt ich nahm aktiv am Turnier teil ohne eine Startgebühr zu zahlen.
Das Jonathan abends an so einer Veranstaltung nicht teilnehmen konnte war klar. Und da ich mitspielen würde musste mein Mann mit ihm zu Hause bleiben - genau wie Marvin: denn leider darf man nur ab 18 Jahren in die Shisha-Bar. Wir dachten aber dass es schön wäre wenn man ein gemeinsames Foto von Jonathan mit dem Dartclub hätte, also sind wir vor Beginn des Turniers (und somit vor offizieller Öffnung der Bar) mit dem kleinen Mann dorthin gefahren und haben Fotos gemacht.

(Eins dieser Fotos ist bis heute das Startbild des Dartclubs bei Facebook! Was uns sehr freut, zeigt es doch dass dem Club der Abend genauso viel bedeutet hat wie uns.)

Mein Mann ist mit den Kindern dann aber recht zügig auch wieder nach Hause gefahren, ich hatte das große Glück diesen Abend genießen zu können. Es war umwerfend. Fantastisch. Beeindruckend.

…über 100 Menschen kamen um am Turnier teilzunehmen. Viele unserer Bekannten und Freunde hatten den Weg gefunden um sich an den Darts zu versuchen – der eine mit mehr, der andere mit weniger Erfolg…aber alle mit viel Freude!! 8o))

Ganze Dartclubs hatten sich angemeldet um uns zu unterstützen, einige von ihnen überreichten mir auch Umschläge - weil die Vereine schon im Vorfeld Geld für uns gesammelt hatten.

Der designierte Bürgermeister war vor Ort und sagte ein paar Worte bevor auch er mir einen Umschlag mit Spenden der Gemeinde überreichte.

Und dann…musste ICH etwas ins Mikrofon sagen. Eigentlich kein Problem, ich bin durch meinen Job gewöhnt vor vielen Menschen zu reden. Aber an diesem Abend….meine Eltern waren auch gekommen und sahen mich erwartungsvoll an als ich zum Mikrofon griff und… keine Ahnung…dann ging mir der Hals zu. Ich glaube ich habe sehr gestottert und kein vernünftiges Wort herausgebracht. Auf jeden Fall habe ich komplett vergessen zu sagen WER ich überhaupt bin. Bestimmt haben alle die mich NICHT kannten erstmal überlegt was die Frau da mit dem Mikrofon macht. LOL

Irgendwie habe ich es aber geschafft dem Dartclub zu danken und unser Geschenk (einen Bilderrahmen mit Bildern von Jonathan und einer Danksagung) zu überreichen und eine Einladung zu uns nach Hause zu Pizza und Bier –und natürlich Darts!- auszusprechen.

Und dann ging es los: das Dartturnier startete. Mit einiger Verspätung weil auf der nahe gelegenen Autobahn eine Vollsperrung war und einige Teilnehmer nicht rechtzeitig vor Ort SEIN KONNTEN.

Nach drei Spielen bin ich ausgeschieden weil ich einfach zu schlecht war. Aber egal: es hat so viel Spaß gemacht!!!

Mit den Gedanken war ich sowieso nicht wirklich beim SPIEL, denn es war so beeindruckend diese ganzen Menschen zu sehen. Die nur aus dem Grund gekommen waren um uns zu unterstützen. Mehr als einmal an diesem Abend habe ich mit den Tränen gekämpft. Diese Anteilnahme erleben zu dürfen und diese Unterstützung…..unser Leben ist ja weiß Gott nicht einfach: jeden Tag schwebt der Gedanke über uns das Jonathan nicht ewig bei uns sein wird. Wie sehr man sich auch anstrengt diese Gedanken zu „verdrängen“ – es gelingt nicht, oder nicht immer.

Niemand der nicht in einer ähnlichen Situation war oder ist kann nachempfinden, wie sehr es hilft zu wissen das man Menschen hat die diesen Weg mit einem gemeinsam gehen. Das Gefühl nicht allein zu sein gibt mir/uns so viel Kraft. An diesem Abend war dieses Gefühl allgegenwärtig. So viele Menschen hatten den Weg gefunden und mehr als einer sagte mir dass er eigentlich gar nicht Darts spielt, aber wegen dem „guten Zweck“ gekommen sei: weil es wichtig wäre zu helfen.

Bis heute sind meine Gefühle dieses Abends so präsent, und ich glaube das werden sie auch immer sein. Wir sind gesegnet das wir so etwas erleben durften.
(Und beim Schreiben über diesen Abend kämpfe ich grade schon wieder mit Tränen der Rührung…)

Meine Eltern waren ja auch vor Ort und mein Papa konnte nur sagen: „Bow, Wahnsinn!“….immer wieder höre ich Menschen darüber sprechen das Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe in unserer Gesellschaft nicht mehr praktiziert würden. Ich kann das NICHT bestätigen. Und ich denke das ist auch das, was mein Papa an diesem Abend gespürt hat.

Nach ein paar Stunden waren alle Lose für die Tombola ausverkauft, tolle Preise (von der Profidartscheibe über ein Tablet und Fanartikel einiger großer Bundesligavereine und des DFB) hatten ihre neuen Besitzer gefunden. Und wir….haben nicht nur eine größere vierstellige Summe als Unterstützung für Jonathan erhalten – sondern auch viele ganz fantastische neue Freunde gewonnen.

Außerdem hatte der Dartclub sich noch etwas einfallen lassen was uns echt sehr gerührt hat: wir haben einen POKAL als Erinnerung an diesen Abend bekommen!! Einen RIESIGEN POKAL!! Er war größer als alle Pokale die an die Gewinner des Turniers vergeben wurden.

Nachdem der Pokal am nächsten Morgen von Jonathan in Augenschein genommen worden war (der kleine Mann war übrigens im Sitzen kleiner als der Pokal hoch war), hat er einen Ehrenplatz in unserem Flur gefunden. Jeder der zu uns zu Besuch kommt muss an diesem gigantischen Ding vorbei und auf jede Frage wo wir ihn denn herhaben antworten wir sehr gerne – und bis heute mit einem breiten Grinsen im Gesicht.