Am
nächsten Tag hatte meine Schwester Geburtstag. Und wieder sollte mit Sekt
angestoßen werden.
Der
Frühstücksraum war voll besetzt, eine Bedienung lief auch geschäftig hin und
her. Marvin saß meinem Papa am Tisch gegenüber als dieser die Sektflasche aus
dem Kühler nahm. Mein Papa wollte witzig sein und richtete die Flasche auf
Marvin, tat so als würde er den Sektkorken knallen lassen und lachte sich
kaputt als Marvin in Deckung ging.
ZUM
GLÜCK….ging Marvin auch ein paar Minuten später in Deckung als mein Papa die
Sektflasche dann WIRKLICH entkorkte. Denn DAS…ging ORDENTLICH daneben!!!
Keine
Ahnung was genau da passierte oder warum! Aber der Korken SCHOSS aus der
Flasche und flog knapp an Marvin vorbei, knallte gegen die Zimmerdecke
-verfehlte dabei die Lampe nur um Zentimeter- prallte ab, traf die Kellnerin
und landete schließlich mitten auf dem Frühstücksbüffet. Und das alles mit
einem ohrenbetäubenden Knall. O man. Die Blicke der anderen Frühstücksgäste
sprachen auch Bände. Wie PEINLICH!
Im ersten
Moment dachte ich das die Deckenverkleidung kaputt sei und/oder die Kellnerin
sich ernsthaft verletzt habe. Beides war aber zum Glück nicht der Fall.
Meinem
Papa fiel auch direkt auf das sein „Späßchen“ mit Marvin ein paar Minuten
vorher böse hätte ins Auge gehen können – im wahrsten Sinne des Wortes!
Aber zum
Glück war ja nichts passiert und komischerweise schäumte der Sekt auch nicht
über – obwohl man ja hätte meinen können dass die Flasche unter Druck gestanden
hätte und der Korken deswegen so herausgeschossen war.
Nachdem
wir uns dann alle von unserem Schreck erholt und uns bei der Kellnerin und den
anderen Gästen entschuldigt hatten konnten wir dann auch auf den Geburtstag
meiner Schwester anstoßen.
Sie hatte
sich für heute ausgesucht das wir Minigolfen gehen würden. DAS war doch mal was
nach meinem Geschmack!!!
Also
machte sich die komplette Familie auf den Weg zur Minigolfanlage. Das hatten
wir auch noch nie zusammen gemacht!! Manche von uns stellten sich besser an,
andere weniger gut (wer sich wie anstellte tut ja eigentlich nichts zur Sache.
Aber OKAY: ich war nicht so die beste Minigolferin! LOL)
Auf jeden
Fall hatten wir viel Spaß zusammen und haben auch sehr viel gelacht.
Gewonnen
hat, und das war passend!, das Geburtstagskind: meine Schwester.
Nach
einem sehr leckeren Mittagessen in einem Fischrestaurant mussten Marvin und ich
uns schon vom Rest der Familie verabschieden: für uns wurde es Zeit die
Heimreise anzutreten, morgen war wieder Schule.
Es war
zwar ein sehr „kurzes“ Wochenende in dem Sinne gewesen, aber auch ein sehr
schönes. Wir hatten so viel gelacht und einfach mal „quality time“ mit der
Familie genossen. PERFEKT.
Und zu
Hause??? Lief auch alles gut. Mein Mann hatte alles im Griff, wie immer wenn er
mit Jonathan allein war.
Drehtermin
mit der Tageszeitung
Nur
wenige Tage nach unserem Kurzurlaub am Chiemsee kamen drei Redakteure der
Tageszeitung vorbei in der schon mehrfach über uns berichtet worden war.
Diese
Zeitung hatte nicht nur ein Online-Portal, sondern seit Neuestem auch ein
Online-VIDEO-Portal. Das heißt, die Zeitung drehte kurze Filme und stellte
diese dann online bereit. Quasi Zeitungsberichte in bewegten Bildern.
Man hatte
uns vor einiger Zeit gefragt ob wir uns vorstellen könnten einen Drehtag mit
der Zeitung zu machen. Bei dieser Frage mussten wir nicht lange überlegen und
haben zugesagt. Schließlich verdankten wir dieser Zeitung sehr viel! Anstehende
Benefizaktionen und auch die vielen privaten Spenden hätten sicherlich nicht in
dem Umfang stattgefunden wenn wir nicht so eine liebevolle Berichterstattung
bekommen hätten.
Also
rückten an diesem Morgen unsere Zeitungsredakteurin, ein Kameramann und ein
Redakteur bei uns an. Auch sie kamen mit einer Menge Equipment, es unterschied
sich eigentlich nicht großartig von dem was das Fernsehteam mitgebracht hatte.
Auch die
Fragen die mir im Interview gestellt wurden ähnelten denen des Fernsehberichts.
Aber es gab einen Unterschied…dieses Interview nahm mich mehr mit und einige
Tränen kullerten. Ich weiß nicht genau woran es lag….vielleicht daran das ich
die Redakteurin die mir die Fragen stellte schon ziemlich gut kannte: sie hatte
uns ja schon mehrfach für die Zeitungsberichte interviewt – außerdem hatte mit
ihr wirklich von der ersten Sekunde an die Chemie total gestimmt. Vielleicht
war ich auch an diesem Tag einfach etwas emotionaler als sonst.
Nach
meinem Interview war mir dann aber zum Glück eine Pause zum Verschnaufen
vergönnt: für den Dreh hatten wir eine Stunde Frühförderung vereinbart. Unsere
„Frühfördertante“ war völlig aufgelöst und aufgeregt als sie bei uns ankam –
aber sie hat das vor der Kamera sehr souverän und gut gemacht!! Es sind tolle
Bilder für den Film entstanden!!!
Auch
dieser Dreh dauerte mehrere Stunden.
Wir
würden Bescheid bekommen wenn der Bericht fertig war und online ging, was ein
paar Tage dauern würde.
Aber die
Zeit bis dahin wurde nicht langweilig für uns, denn nun stand unser
Benefizdartturnier an!!!!
Benefizdartturnier
Seit
MONATEN war der Dartclub mit den Vorbereitungen beschäftigt gewesen:
-Plakate
und Flyer wurden gedruckt und aufgehängt/verteilt.
-Seit
feststand das es eine Tombola zu unseren Gunsten geben würde mussten Sponsoren
für die Preise gefunden werden. Also wurden sehr viele Emails geschickt und
Telefonate geführt. Einige Spenden fanden ihren Weg mit der Post zum Dartclub,
die meisten mussten aber abgeholt werden. Sie mussten sortiert und nummeriert -
und bis zum Tag des Turniers auch irgendwo gelagert werden: hier funktionierte
ein Mitglied des Clubs seine Kellerbar als „Lagerraum“ um.
-Anmeldungen
von Spielern wurden „bearbeitet“ und nach kurzer Zeit stand fest das in den
Räumlichkeiten des Dartclubs weder genug Platz für alle Spieler sein würde,
noch waren genug Dartautomaten vorhanden um die Spielabwicklung in angemessener
Zeit gewährleisten zu können.
Der
Dartclub hat seine Räume im Keller einer Shisha-Bar. Es wurde kurzerhand mit
deren Besitzern vereinbart dass man die Bar ausräumen werde um genug Platz für
alle Menschen zu haben. Ein Dartautomatenanbieter stellte noch einige Automaten
zur Verfügung, die wurden zum Glück auch geliefert und mussten nicht geholt
werden.
Logistisch
war bald alles geklärt. Nun ging es um die „Muskelkraft“: der Dartclub DURFTE
die Shisha-Bar ausräumen, musste die Möbel aber selbst aus dem Weg räumen.
Was diese
Männer und Frauen für diesen Tag geleistet haben ist –auch heute noch!-
unbegreiflich für mich. Sie haben tatsächlich alle Möbel „weg geschleppt“, die
Automaten aufgestellt, den Raum mit Tüchern abgehängt um eine besondere
Atmosphäre zu schaffen, die Preise für die Tombola in den Keller getragen…..
Einige
der Mitglieder des Clubs haben in den Monaten bis zum „großen Tag“ so viel
Kraft in dieses Event investiert das sie nervlich und körperlich einfach fertig
und vollkommen erschöpft waren. Das äußerte sich dann an diesem Abend in
Aussagen wie „Es ist ein super toller Abend und ich wünsche mir dass sehr viel
Geld für euch zusammenkommt! Aber sowas machen wir NIE WIEDER! Es war einfach
nur anstrengend!!“
Ich
(wir!) haben gesehen was diese Menschen geleistet haben, was sie über Monate
hinweg für uns getan haben um auf diesen einen Tag hinzuarbeiten. Für FREMDE
die wir einfach zu Beginn waren.
Dankbarkeit
ist ein viel zu kleines Wort für das was wir -bis heute- empfinden. Und bis
heute stehen wir in sehr engem Kontakt zu diesem Dartclub, wir sind Freunde
geworden.
(Mittlerweile
bin ich sogar Mitglied in diesem Club und trainiere einmal in der Woche mit
ihnen!)
Dieser
Abend war sehr aufregend für uns: es war das erste „richtige“ Benefizevent das
AUSSCHLIESSLICH für Jonathan organisiert worden war.
Da ich
Darts so liebe hatte ich vom Dartclub eine „white card“ für diesen Abend
bekommen: das heißt ich nahm aktiv am Turnier teil ohne eine Startgebühr zu
zahlen.
Das
Jonathan abends an so einer Veranstaltung nicht teilnehmen konnte war klar. Und
da ich mitspielen würde musste mein Mann mit ihm zu Hause bleiben - genau wie
Marvin: denn leider darf man nur ab 18 Jahren in die Shisha-Bar. Wir dachten
aber dass es schön wäre wenn man ein gemeinsames Foto von Jonathan mit dem
Dartclub hätte, also sind wir vor Beginn des Turniers (und somit vor
offizieller Öffnung der Bar) mit dem kleinen Mann dorthin gefahren und haben
Fotos gemacht.
(Eins
dieser Fotos ist bis heute das Startbild des Dartclubs bei Facebook! Was uns
sehr freut, zeigt es doch dass dem Club der Abend genauso viel bedeutet hat wie
uns.)
Mein Mann
ist mit den Kindern dann aber recht zügig auch wieder nach Hause gefahren, ich
hatte das große Glück diesen Abend genießen zu können. Es war umwerfend.
Fantastisch. Beeindruckend.
…über 100
Menschen kamen um am Turnier teilzunehmen. Viele unserer Bekannten und Freunde
hatten den Weg gefunden um sich an den Darts zu versuchen – der eine mit mehr,
der andere mit weniger Erfolg…aber alle mit viel Freude!! 8o))
Ganze
Dartclubs hatten sich angemeldet um uns zu unterstützen, einige von ihnen
überreichten mir auch Umschläge - weil die Vereine schon im Vorfeld Geld für
uns gesammelt hatten.
Der designierte
Bürgermeister war vor Ort und sagte ein paar Worte bevor auch er mir einen
Umschlag mit Spenden der Gemeinde überreichte.
Und dann…musste
ICH etwas ins Mikrofon sagen. Eigentlich kein Problem, ich bin durch meinen Job
gewöhnt vor vielen Menschen zu reden. Aber an diesem Abend….meine Eltern waren
auch gekommen und sahen mich erwartungsvoll an als ich zum Mikrofon griff und…
keine Ahnung…dann ging mir der Hals zu. Ich glaube ich habe sehr gestottert und
kein vernünftiges Wort herausgebracht. Auf jeden Fall habe ich komplett
vergessen zu sagen WER ich überhaupt bin. Bestimmt haben alle die mich NICHT
kannten erstmal überlegt was die Frau da mit dem Mikrofon macht. LOL
Irgendwie
habe ich es aber geschafft dem Dartclub zu danken und unser Geschenk (einen
Bilderrahmen mit Bildern von Jonathan und einer Danksagung) zu überreichen und
eine Einladung zu uns nach Hause zu Pizza und Bier –und natürlich Darts!- auszusprechen.
Und dann
ging es los: das Dartturnier startete. Mit einiger Verspätung weil auf der nahe
gelegenen Autobahn eine Vollsperrung war und einige Teilnehmer nicht
rechtzeitig vor Ort SEIN KONNTEN.
Nach drei
Spielen bin ich ausgeschieden weil ich einfach zu schlecht war. Aber egal: es
hat so viel Spaß gemacht!!!
Mit den
Gedanken war ich sowieso nicht wirklich beim SPIEL, denn es war so
beeindruckend diese ganzen Menschen zu sehen. Die nur aus dem Grund gekommen
waren um uns zu unterstützen. Mehr als einmal an diesem Abend habe ich mit den
Tränen gekämpft. Diese Anteilnahme erleben zu dürfen und diese
Unterstützung…..unser Leben ist ja weiß Gott nicht einfach: jeden Tag schwebt
der Gedanke über uns das Jonathan nicht ewig bei uns sein wird. Wie sehr man
sich auch anstrengt diese Gedanken zu „verdrängen“ – es gelingt nicht, oder
nicht immer.
Niemand
der nicht in einer ähnlichen Situation war oder ist kann nachempfinden, wie
sehr es hilft zu wissen das man Menschen hat die diesen Weg mit einem gemeinsam
gehen. Das Gefühl nicht allein zu sein gibt mir/uns so viel Kraft. An diesem
Abend war dieses Gefühl allgegenwärtig. So viele Menschen hatten den Weg
gefunden und mehr als einer sagte mir dass er eigentlich gar nicht Darts
spielt, aber wegen dem „guten Zweck“ gekommen sei: weil es wichtig wäre zu
helfen.
Bis heute
sind meine Gefühle dieses Abends so präsent, und ich glaube das werden sie auch
immer sein. Wir sind gesegnet das wir so etwas erleben durften.
(Und beim
Schreiben über diesen Abend kämpfe ich grade schon wieder mit Tränen der
Rührung…)
Meine
Eltern waren ja auch vor Ort und mein Papa konnte nur sagen: „Bow, Wahnsinn!“….immer
wieder höre ich Menschen darüber sprechen das Hilfsbereitschaft und
Nächstenliebe in unserer Gesellschaft nicht mehr praktiziert würden. Ich kann
das NICHT bestätigen. Und ich denke das ist auch das, was mein Papa an diesem
Abend gespürt hat.
Nach ein
paar Stunden waren alle Lose für die Tombola ausverkauft, tolle Preise (von der
Profidartscheibe über ein Tablet und Fanartikel einiger großer
Bundesligavereine und des DFB) hatten ihre neuen Besitzer gefunden. Und
wir….haben nicht nur eine größere vierstellige Summe als Unterstützung für
Jonathan erhalten – sondern auch viele ganz fantastische neue Freunde gewonnen.
Außerdem
hatte der Dartclub sich noch etwas einfallen lassen was uns echt sehr gerührt
hat: wir haben einen POKAL als Erinnerung an diesen Abend bekommen!! Einen
RIESIGEN POKAL!! Er war größer als alle Pokale die an die Gewinner des Turniers
vergeben wurden.
Nachdem
der Pokal am nächsten Morgen von Jonathan in Augenschein genommen worden war
(der kleine Mann war übrigens im Sitzen kleiner als der Pokal hoch war), hat er
einen Ehrenplatz in unserem Flur gefunden. Jeder der zu uns zu Besuch kommt
muss an diesem gigantischen Ding vorbei und auf jede Frage wo wir ihn denn
herhaben antworten wir sehr gerne – und bis heute mit einem breiten Grinsen im
Gesicht.