Freitag, 28. September 2018


Der Aufenthalt im Playmobil-Park war trotz der Gedanken die mir immer wieder durch den Kopf schwirrten sehr schön.
Wenn auch Marvin nicht mehr so stark für den Park zu begeistern war wie noch vor einigen Jahren, so war es Jonathan umso mehr!!

Die Wasserspielplätze fand er bei über 30 Grad Außentemperatur besonders toll!! Aber auch den RIESIGEN Sandkasten…die Schaukeln und Rutschen…die neue „Feen-Welt“ mit ihren rosa und lila Einhörnern…lach…die „Indoor-Spielhalle“ wo alles aus der Welt von Playmobil für die Kinder zum Spielen bereitsteht….

Wir waren noch nie so lange im Park wie dieses Jahr: 4 Tage!!
Dass es etwas mehr gekostet hat…versteht sich von selbst. Aber wir hatten beschlossen uns darüber KEINE GEDANKEN zu machen, sondern die Zeit einfach in vollen Zügen zu genießen!! Die Sache ist ja immer die: WER WEISS OB WIR ES NÄCHSTES JAHR NOCH MACHEN KÖNNEN!...also: nicht drüber nachdenken…

An meinem Geburtstag haben wir uns traditionell mit Freunden getroffen die in der Nähe des Parks wohnen – von ihnen habe ich hier auch schon öfter erzählt: wir haben uns mal in der Kur kennengelernt. Ich freue mich immer das ganze Jahr darauf sie zu sehen, und so war es auch diesmal!! ABER…diesmal haben die Freunde es sogar möglich gemacht das wir uns während unseres Aufenthaltes ZWEIMAL gesehen haben!!! Einmal waren wir mit den Kindern gemeinsam abends essen und an meinem Geburtstag waren wir (dann ohne Marvin) bei ihnen zu Hause und sie haben uns zu Pizza eingeladen….8o)) Es waren zwei so schöne Abende! Und immer wenn wir wieder nach Hause fahren würde ich mir wünschen dass wir näher beieinander wohnen und uns öfter sehen könnten. Aber es gibt ja Telefon und WhatsApp, auch wenn das nicht dasselbe ist….

Eine weitere wunderschöne Begegnung hatten wir IM PARK.
Manchmal ist das Leben wirklich verrückt!! Lach….
Vor etwas mehr als einem Jahr, glaube ich…hatte ich in einem Online-Forum Klamotten für Jonathan gekauft und ich kam mit der Verkäuferin (sie kommt ganz aus der Nähe des Playmobil-Parks!) ins Gespräch. Habe ihr erzählt das Jonathan kleinwüchsig ist und auch von seiner Prognose. Habe ihr Bilder geschickt von uns.

Sie war begeistert von Jonathan und hat….sowas habe ich noch nie erlebt!!!...ein PAKET geschickt in dem fast viermal so viele Klamotten waren als die, die ich gekauft hatte. Weil sie uns einfach eine Freude machen wollte.

Wir sind in Kontakt geblieben, irgendwann haben wir dann auch Handynummern ausgetauscht.

Ich möchte an der Stelle sagen das ich das NICHT mit jedem mache bei dem ich etwas kaufe oder der etwas bei mir kauft. Aber manchmal passt es einfach, und ich denke das ich eine ausgeprägte Menschenkenntnis habe um zu wissen bei wem die Chemie stimmt.

Diese Frau jedenfalls war mir direkt so sympathisch und ich habe mich bei jeder Nachricht mit ihr einfach….wohl gefühlt. Wir haben begonnen uns mehr und mehr aus unserem Leben zu erzählen. Sie folgt uns bei Facebook, hat uns schon mehr als einmal sehr hilfreiche Tipps gegeben…und ich weiß dass sie auch immer fleißig meinen Blog liest!!
(JA….JETZT BIST DU AUCH BESTANDTEIL DAVON….8o)) …)

Als unsere Reise in den Park dann näher rückte habe ich sie gefragt ob sie nicht in den Park kommen kann damit wir uns „in live“ sehen. Es war schwierig für sie das möglich zu machen, weil sie eigentlich andere Termine hatte….aber sie hat die Termine verlegt und sie kam!! Mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann.

Ich habe mich so gefreut als sie am Playmobil-Bauernhof einfach vor mir stand!! Sie war mir so vertraut und doch fremd…wisst ihr was ich meine? Klingt bescheuert…ist es vielleicht auch. Lach…

Jedenfalls mochte ich sie in echt genauso gerne wie per Handy/Facebook (und das hätte ja auch anders sein können!). Auch ihre Familie war ganz fantastisch. Als wir uns nach ein paar Stunden voneinander verabschiedeten dachte ich so: „Sie habe ich wegen Jonathan als Freundin gewonnen. Wenn ER nicht da wäre…wäre der Kontakt zwischen uns NIE zustande gekommen!“…und da sieht man mal wieder was der kleine Mann in unserem Leben für eine Bereicherung darstellt!!! Wir haben auf einmal Freunde, wahnsinnig tolle Menschen, die wir ohne ihn NIE hätten….

Wir haben wirklich durch Jonathan sehr viele glückliche und schöne Momente…sehr viele Erlebnisse und auch Freunde die wir ohne ihn sicherlich nicht hätten. Aber…die Kehrseite der Medaille sind die traurigen Momente die wir durch/mit ihm haben.

Und auch solche hat es im Playmobil-Park gegeben. Und die beschäftigen mich bis heute – obwohl es schon über 2 Monate her ist.

Bis vor einigen Monaten hat Jonathan sich nicht für andere Kinder interessiert. Er ist zwar schon fast 3,5 Jahre alt – aber seine geistige Entwicklung entspricht nicht seinem tatsächlichen Alter. Andere Kinder waren ihm also egal.

Doch seit einiger Zeit: beobachtet Jonathan andere Kinder sehr aufmerksam. Das war auch im Park so.
Natürlich schauen auch andere Kinder IHN sehr interessiert an: er ist vermutlich das kleinste Kleinkind das sie je gesehen haben. Dazu ist er noch süß und das führt grade bei kleinen Mädchen sehr oft zu Euphorie und man muss ein wenig aufpassen das sie ihn nicht mit ihren Puppen verwechseln…lach…

Jedenfalls…war Jonathan sehr oft von anderen Kindern „umringt“: sie standen vor ihm, oder um ihn herum. Haben ihn angeschaut und gestaunt. (…was vollkommen ok ist: Kinder sind Kinder!)

Jonathan…hat vor ihnen gekniet und so oft…gewunken. Oder geredet – klar, in seiner eigenen Sprache. Und die Kinder……haben einfach gar nichts gemacht. Sie haben weiterhin nur geschaut. Weder zurück gewunken, noch „HALLO“ gesagt. Manche haben sich auch einfach umgedreht und sind gegangen.

Es ist ok. Das sind Kinder und die verstehen noch nicht alles!!!
Aber…ICH bin eine MUTTER. Und ich habe das Gesicht MEINES KINDES gesehen. Und das Unverständnis in Jonathans Augen wenn er „Kontakt aufgenommen hat“ - und nichts passierte. Jonathan weiß nicht dass er anders ist…und dementsprechend kann er nicht verstehen warum die anderen Kinder ihm nicht zurück winken, oder sogar einfach weg gehen ohne ihn zu beachten.

Das hat mich so mitgenommen!! So unendlich traurig gemacht.

Ich bin den Kindern nicht böse….wie könnte ich das auch. Aber mir ist das erste Mal bewusst geworden wie Jonathans Leben ablaufen wird….er wird IMMER anders sein. Er wird IMMER derjenige sein der im Mittelpunkt steht und „angeglotzt“ wird.

Wenn er in den Kindergarten kommt….wird er dann FREUNDE finden??? WIRKLICHE Freunde????
Oder wird er einfach nur „akzeptiert“ werden???

Ich meine…seien wir mal ehrlich. Die meisten von uns haben Jobs und arbeiten jeden Tag mit vielen Kollegen zusammen. Aber…wie viele dieser Kollegen treffen wir auch privat??? Im Büro MUSS man sich arrangieren und zusammen arbeiten, ob man sich persönlich mag oder nicht. Das ist eben der Job. Und die Freizeit verbringt man mit anderen Menschen, mit Menschen die man wirklich mag.

Also....wenn Jonathan in den Kindergarten kommt…dann werden die Kinder dort mit ihm spielen – weil sie es MÜSSEN. Wie wir Erwachsenen im Beruf mit Kollegen klarkommen müssen die wir nicht so sehr mögen. Aber wie viele der Kinder werden ihn fragen ob er nachmittags mit ihnen spielt??? Oder ihn auf ihren Kindergeburtstag einladen???

Seien wir realistisch!
Jonathan wird NIE so sein wie andere Kinder. Er wird immer sehr viel kleiner und deswegen nicht in der Lage sein Dinge zu tun die „normale“ Kinder tun. Er wird nie so schnell rennen….nie so hoch hüpfen…nie geistig so weit sein wie seine Alterskameraden. Und Kinder wollen DAS tun was ihnen Spaß macht und was sie können. Also bitte…WER wird nachmittags mit Jonathan spielen wollen?

Jedes „vernünftige“ Kind wird sich einen Spielkameraden suchen der genauso gut Fahrrad fahren oder Seilspringen kann wie es selbst. Und das wird NIE JONATHAN sein.

Ich will gar nicht schwarz malen oder pessimistisch sein. Ich versuche REALISTISCH zu sein. Und mich auf die Zukunft einzustellen. Vorzubereiten.

Inklusion. Das hört sich ja immer so toll an: BEHINDERTE HABEN DIESELBEN RECHTE WIE GESUNDE MENSCHEN. Stimmt. Haben sie auch.
Aber in der Realität….ist INKLUSION nicht wirklich durchführbar. Meine Meinung….

Uns wird oft die Frage gestellt ob Jonathan einmal in den Kindergarten gehen wird: JA, WIRD ER. Trotz seines schwachen Immunsystems.

Wir haben uns entschieden es zu riskieren, weil wir finden dass ein Leben ohne soziale Kontakte nicht lebenswert ist. Es fällt uns nicht leicht…wir haben Angst das Jonathan im Kindergarten DEN EINEN Infekt bekommen wird der ihn am Ende das Leben kostet. Aber..wir möchten ihn nicht ewig „unter einer Glasglocke“ bei uns behalten. Nur damit es UNS besser geht.

Jonathan wird in einen integrativen Kindergarten kommen, in meinen Betriebskindergarten. Die Zusage für einen Platz liegt uns schon vor. Der Kindergarten ist auf behinderte Kinder ausgelegt, alle Voraussetzungen sind dort geschaffen. ABER….Jonathan wird das erste und einzige Kind mit Behinderung dort sein. Weil meine Kollegen eben keine behinderten Kinder haben.

Wir haben keine Ahnung ob das funktionieren wird. Für Jonathan…und für die anderen Kinder.

Und die Tragweite dieser ganzen Situation…ist mir im Playmobil-Park bewusst geworden.

Seitdem habe ich noch viel mehr Angst vor dem Moment wo ich ihn in den Kindergarten gebe. Und vor den Enttäuschungen die auf ihn warten werden. Ich frage mich ob ich es schaffen werde ihn zu genug Stärke zu erziehen um damit umzugehen.

Die Erziehung eines gesunden Kindes ist ja schon eine Herausforderung: das merke ich bei Marvin grade - weil er in der Pubertät ist.
Aber die Erziehung eines behinderten Kinders ist noch eine viel größere Herausforderung…weil ich nicht weiß was Jonathan überhaupt versteht und aufnimmt.

Dazu kommt noch….das nicht alle Eltern adäquat mit unserer Situation umgehen können.
Die Kinder die im Park nicht gewunken oder mit Jonathan interagiert haben waren ja für mich schon schwer zu ertragen. Aber es gab eine Situation die mich wirklich zum Weinen gebracht hat…

Das war am Bauernhof, an der Rutsche. Jonathan ist gerutscht und er hatte einen wahnsinnigen Spaß dabei!!!

Dann kam ein kleines Mädchen, vielleicht zwei Jahre alt. Und sie wollte auch rutschen. Also haben wir darauf geachtet das die Kinder immer abwechselnd dran sind: einmal Joni und einmal sie.

Das hat super funktioniert. Doch irgendwann stand sie einfach nur noch da und hat Jonathan fasziniert angeschaut. Ich kann es ihr nicht verdenken!!! Er war nur halb so groß wie sie und ist trotzdem genauso gerutscht: was muss in ihrem Kopf vorgegangen sein?? 8o)))

Ich habe sie angeschaut und zu ihr gesagt: „Ich würde Dir so gerne erklären warum er so klein ist – aber das würdest Du noch nicht verstehen!!“

….und dann kam ihre Mutter…

Hat das kleine Mädchen gepackt…und weg gezogen. Einfach so. Ohne ein Wort. Als wäre Jonathan ansteckend.

Wahrscheinlich war es ihr einfach nur peinlich dass ihre Tochter so geschaut hat. Aber warum??? Sie ist ein KIND!!!

Naja…..aber nach diesem Erlebnis habe ich mir natürlich über den Kindergarten-Eintritt noch mehr Gedanken gemacht.
Nicht nur die Kinder sind „das Problem“, vielmehr auch die ELTERN!!! Wenn die nicht vorleben können wie man mit behinderten Menschen umgeht…wie und woher sollen die KINDER es dann lernen???

Und das ist auch ein Punkt bei der so viel gelobten Inklusion.
Die Kinder von heute lernen mit behinderten Menschen umzugehen. Aber ihre Eltern, also MEINE GENERATION!, hat überhaupt keine Ahnung davon. Zu UNSERER Zeit waren behinderte Kinder nicht mit gesunden Kindern gemeinsam im Kindergarten oder in der Schule – wir können ja nichts dafür…aber wir haben den Umgang nie gelernt.

Aber WIE…..sollen wir unseren Kindern den Umgang mit Behinderten dann beibringen???

Die Politik hat an der Stelle noch eine große Aufgabe vor sich!

Und wir betroffene Eltern….ebenfalls!!!