Der
Aufenthalt im Playmobil-Park war trotz der Gedanken die mir immer wieder durch
den Kopf schwirrten sehr schön.
Wenn auch
Marvin nicht mehr so stark für den Park zu begeistern war wie noch vor einigen
Jahren, so war es Jonathan umso mehr!!
Die
Wasserspielplätze fand er bei über 30 Grad Außentemperatur besonders toll!! Aber
auch den RIESIGEN Sandkasten…die Schaukeln und Rutschen…die neue „Feen-Welt“
mit ihren rosa und lila Einhörnern…lach…die „Indoor-Spielhalle“ wo alles aus
der Welt von Playmobil für die Kinder zum Spielen bereitsteht….
Wir waren
noch nie so lange im Park wie dieses Jahr: 4 Tage!!
Dass es
etwas mehr gekostet hat…versteht sich von selbst. Aber wir hatten beschlossen
uns darüber KEINE GEDANKEN zu machen, sondern die Zeit einfach in vollen Zügen
zu genießen!! Die Sache ist ja immer die: WER WEISS OB WIR ES NÄCHSTES JAHR
NOCH MACHEN KÖNNEN!...also: nicht drüber nachdenken…
An meinem
Geburtstag haben wir uns traditionell mit Freunden getroffen die in der Nähe
des Parks wohnen – von ihnen habe ich hier auch schon öfter erzählt: wir haben
uns mal in der Kur kennengelernt. Ich freue mich immer das ganze Jahr darauf
sie zu sehen, und so war es auch diesmal!! ABER…diesmal haben die Freunde es
sogar möglich gemacht das wir uns während unseres Aufenthaltes ZWEIMAL gesehen
haben!!! Einmal waren wir mit den Kindern gemeinsam abends essen und an meinem
Geburtstag waren wir (dann ohne Marvin) bei ihnen zu Hause und sie haben uns zu
Pizza eingeladen….8o)) Es waren zwei so schöne Abende! Und immer wenn wir
wieder nach Hause fahren würde ich mir wünschen dass wir näher beieinander
wohnen und uns öfter sehen könnten. Aber es gibt ja Telefon und WhatsApp, auch
wenn das nicht dasselbe ist….
Eine
weitere wunderschöne Begegnung hatten wir IM PARK.
Manchmal
ist das Leben wirklich verrückt!! Lach….
Vor etwas
mehr als einem Jahr, glaube ich…hatte ich in einem Online-Forum Klamotten für
Jonathan gekauft und ich kam mit der Verkäuferin (sie kommt ganz aus der Nähe
des Playmobil-Parks!) ins Gespräch. Habe ihr erzählt das Jonathan kleinwüchsig
ist und auch von seiner Prognose. Habe ihr Bilder geschickt von uns.
Sie war
begeistert von Jonathan und hat….sowas habe ich noch nie erlebt!!!...ein PAKET
geschickt in dem fast viermal so viele Klamotten waren als die, die ich gekauft
hatte. Weil sie uns einfach eine Freude machen wollte.
Wir sind
in Kontakt geblieben, irgendwann haben wir dann auch Handynummern ausgetauscht.
Ich
möchte an der Stelle sagen das ich das NICHT mit jedem mache bei dem ich etwas
kaufe oder der etwas bei mir kauft. Aber manchmal passt es einfach, und ich
denke das ich eine ausgeprägte Menschenkenntnis habe um zu wissen bei wem die
Chemie stimmt.
Diese
Frau jedenfalls war mir direkt so sympathisch und ich habe mich bei jeder
Nachricht mit ihr einfach….wohl gefühlt. Wir haben begonnen uns mehr und mehr
aus unserem Leben zu erzählen. Sie folgt uns bei Facebook, hat uns schon mehr
als einmal sehr hilfreiche Tipps gegeben…und ich weiß dass sie auch immer
fleißig meinen Blog liest!!
(JA….JETZT
BIST DU AUCH BESTANDTEIL DAVON….8o)) …)
Als
unsere Reise in den Park dann näher rückte habe ich sie gefragt ob sie nicht in
den Park kommen kann damit wir uns „in live“ sehen. Es war schwierig für sie
das möglich zu machen, weil sie eigentlich andere Termine hatte….aber sie hat
die Termine verlegt und sie kam!! Mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann.
Ich habe
mich so gefreut als sie am Playmobil-Bauernhof einfach vor mir stand!! Sie war
mir so vertraut und doch fremd…wisst ihr was ich meine? Klingt bescheuert…ist
es vielleicht auch. Lach…
Jedenfalls
mochte ich sie in echt genauso gerne wie per Handy/Facebook (und das hätte ja
auch anders sein können!). Auch ihre Familie war ganz fantastisch. Als wir uns
nach ein paar Stunden voneinander verabschiedeten dachte ich so: „Sie habe ich
wegen Jonathan als Freundin gewonnen. Wenn ER nicht da wäre…wäre der Kontakt
zwischen uns NIE zustande gekommen!“…und da sieht man mal wieder was der kleine
Mann in unserem Leben für eine Bereicherung darstellt!!! Wir haben auf einmal
Freunde, wahnsinnig tolle Menschen, die wir ohne ihn NIE hätten….
Wir haben
wirklich durch Jonathan sehr viele glückliche und schöne Momente…sehr viele
Erlebnisse und auch Freunde die wir ohne ihn sicherlich nicht hätten. Aber…die
Kehrseite der Medaille sind die traurigen Momente die wir durch/mit ihm haben.
Und auch
solche hat es im Playmobil-Park gegeben. Und die beschäftigen mich bis heute –
obwohl es schon über 2 Monate her ist.
Bis vor
einigen Monaten hat Jonathan sich nicht für andere Kinder interessiert. Er ist
zwar schon fast 3,5 Jahre alt – aber seine geistige Entwicklung entspricht
nicht seinem tatsächlichen Alter. Andere Kinder waren ihm also egal.
Doch seit
einiger Zeit: beobachtet Jonathan andere Kinder sehr aufmerksam. Das war auch
im Park so.
Natürlich
schauen auch andere Kinder IHN sehr interessiert an: er ist vermutlich das
kleinste Kleinkind das sie je gesehen haben. Dazu ist er noch süß und das führt
grade bei kleinen Mädchen sehr oft zu Euphorie und man muss ein wenig aufpassen
das sie ihn nicht mit ihren Puppen verwechseln…lach…
Jedenfalls…war
Jonathan sehr oft von anderen Kindern „umringt“: sie standen vor ihm, oder um
ihn herum. Haben ihn angeschaut und gestaunt. (…was vollkommen ok ist: Kinder
sind Kinder!)
Jonathan…hat
vor ihnen gekniet und so oft…gewunken. Oder geredet – klar, in seiner eigenen
Sprache. Und die Kinder……haben einfach gar nichts gemacht. Sie haben weiterhin
nur geschaut. Weder zurück gewunken, noch „HALLO“ gesagt. Manche haben sich
auch einfach umgedreht und sind gegangen.
Es ist
ok. Das sind Kinder und die verstehen noch nicht alles!!!
Aber…ICH
bin eine MUTTER. Und ich habe das Gesicht MEINES KINDES gesehen. Und das
Unverständnis in Jonathans Augen wenn er „Kontakt aufgenommen hat“ - und nichts
passierte. Jonathan weiß nicht dass er anders ist…und dementsprechend kann er nicht
verstehen warum die anderen Kinder ihm nicht zurück winken, oder sogar einfach weg
gehen ohne ihn zu beachten.
Das
hat mich so mitgenommen!! So unendlich traurig gemacht.
Ich bin
den Kindern nicht böse….wie könnte ich das auch. Aber mir ist das erste Mal
bewusst geworden wie Jonathans Leben ablaufen wird….er wird IMMER anders sein.
Er wird IMMER derjenige sein der im Mittelpunkt steht und „angeglotzt“ wird.
Wenn er
in den Kindergarten kommt….wird er dann FREUNDE finden??? WIRKLICHE Freunde????
Oder wird
er einfach nur „akzeptiert“ werden???
Ich
meine…seien wir mal ehrlich. Die meisten von uns haben Jobs und arbeiten jeden
Tag mit vielen Kollegen zusammen. Aber…wie viele dieser Kollegen treffen wir
auch privat??? Im Büro MUSS man sich arrangieren und zusammen arbeiten, ob man
sich persönlich mag oder nicht. Das ist eben der Job. Und die Freizeit
verbringt man mit anderen Menschen, mit Menschen die man wirklich mag.
Also....wenn
Jonathan in den Kindergarten kommt…dann werden die Kinder dort mit ihm spielen
– weil sie es MÜSSEN. Wie wir Erwachsenen im Beruf mit Kollegen klarkommen
müssen die wir nicht so sehr mögen. Aber wie viele der Kinder werden ihn fragen
ob er nachmittags mit ihnen spielt??? Oder ihn auf ihren Kindergeburtstag
einladen???
Seien wir
realistisch!
Jonathan
wird NIE so sein wie andere Kinder. Er wird immer sehr viel kleiner und
deswegen nicht in der Lage sein Dinge zu tun die „normale“ Kinder tun. Er wird
nie so schnell rennen….nie so hoch hüpfen…nie geistig so weit sein wie seine
Alterskameraden. Und Kinder wollen DAS tun was ihnen Spaß macht und was sie
können. Also bitte…WER wird nachmittags mit Jonathan spielen wollen?
Jedes
„vernünftige“ Kind wird sich einen Spielkameraden suchen der genauso gut
Fahrrad fahren oder Seilspringen kann wie es selbst. Und das wird NIE JONATHAN
sein.
Ich will
gar nicht schwarz malen oder pessimistisch sein. Ich versuche REALISTISCH zu
sein. Und mich auf die Zukunft einzustellen. Vorzubereiten.
Inklusion.
Das hört sich ja immer so toll an: BEHINDERTE HABEN DIESELBEN RECHTE WIE
GESUNDE MENSCHEN. Stimmt. Haben sie auch.
Aber in
der Realität….ist INKLUSION nicht wirklich durchführbar. Meine Meinung….
Uns wird
oft die Frage gestellt ob Jonathan einmal in den Kindergarten gehen wird: JA,
WIRD ER. Trotz seines schwachen Immunsystems.
Wir haben
uns entschieden es zu riskieren, weil wir finden dass ein Leben ohne soziale
Kontakte nicht lebenswert ist. Es fällt uns nicht leicht…wir haben Angst das
Jonathan im Kindergarten DEN EINEN Infekt bekommen wird der ihn am Ende das
Leben kostet. Aber..wir möchten ihn nicht ewig „unter einer Glasglocke“ bei uns
behalten. Nur damit es UNS besser geht.
Jonathan
wird in einen integrativen Kindergarten kommen, in meinen Betriebskindergarten.
Die Zusage für einen Platz liegt uns schon vor. Der Kindergarten ist auf
behinderte Kinder ausgelegt, alle Voraussetzungen sind dort geschaffen.
ABER….Jonathan wird das erste und einzige Kind mit Behinderung dort sein. Weil meine
Kollegen eben keine behinderten Kinder haben.
Wir haben
keine Ahnung ob das funktionieren wird. Für Jonathan…und für die anderen
Kinder.
Und die
Tragweite dieser ganzen Situation…ist mir im Playmobil-Park bewusst geworden.
Seitdem
habe ich noch viel mehr Angst vor dem Moment wo ich ihn in den Kindergarten
gebe. Und vor den Enttäuschungen die auf ihn warten werden. Ich frage mich ob
ich es schaffen werde ihn zu genug Stärke zu erziehen um damit umzugehen.
Die
Erziehung eines gesunden Kindes ist ja schon eine Herausforderung: das merke
ich bei Marvin grade - weil er in der Pubertät ist.
Aber die
Erziehung eines behinderten Kinders ist noch eine viel größere
Herausforderung…weil ich nicht weiß was Jonathan überhaupt versteht und
aufnimmt.
Dazu
kommt noch….das nicht alle Eltern adäquat mit unserer Situation umgehen können.
Die
Kinder die im Park nicht gewunken oder mit Jonathan interagiert haben waren ja
für mich schon schwer zu ertragen. Aber es gab eine Situation die mich wirklich
zum Weinen gebracht hat…
Das war
am Bauernhof, an der Rutsche. Jonathan ist gerutscht und er hatte einen
wahnsinnigen Spaß dabei!!!
Dann kam
ein kleines Mädchen, vielleicht zwei Jahre alt. Und sie wollte auch rutschen.
Also haben wir darauf geachtet das die Kinder immer abwechselnd dran sind:
einmal Joni und einmal sie.
Das hat super
funktioniert. Doch irgendwann stand sie einfach nur noch da und hat Jonathan
fasziniert angeschaut. Ich kann es ihr nicht verdenken!!! Er war nur halb so
groß wie sie und ist trotzdem genauso gerutscht: was muss in ihrem Kopf
vorgegangen sein?? 8o)))
Ich habe
sie angeschaut und zu ihr gesagt: „Ich würde Dir so gerne erklären warum er so
klein ist – aber das würdest Du noch nicht verstehen!!“
….und
dann kam ihre Mutter…
Hat das
kleine Mädchen gepackt…und weg gezogen. Einfach so. Ohne ein Wort. Als wäre
Jonathan ansteckend.
Wahrscheinlich
war es ihr einfach nur peinlich dass ihre Tochter so geschaut hat. Aber
warum??? Sie ist ein KIND!!!
Naja…..aber
nach diesem Erlebnis habe ich mir natürlich über den Kindergarten-Eintritt noch
mehr Gedanken gemacht.
Nicht nur
die Kinder sind „das Problem“, vielmehr auch die ELTERN!!! Wenn die nicht
vorleben können wie man mit behinderten Menschen umgeht…wie und woher sollen
die KINDER es dann lernen???
Und das
ist auch ein Punkt bei der so viel gelobten Inklusion.
Die
Kinder von heute lernen mit behinderten Menschen umzugehen. Aber ihre Eltern,
also MEINE GENERATION!, hat überhaupt keine Ahnung davon. Zu UNSERER Zeit waren
behinderte Kinder nicht mit gesunden Kindern gemeinsam im Kindergarten oder in
der Schule – wir können ja nichts dafür…aber wir haben den Umgang nie gelernt.
Aber WIE…..sollen
wir unseren Kindern den Umgang mit Behinderten dann beibringen???
Die
Politik hat an der Stelle noch eine große Aufgabe vor sich!
Und wir
betroffene Eltern….ebenfalls!!!