In den
nächsten Tagen ging es Jonathan zunehmend besser: der Durchfall wurde seltener
und ließ nach. Der kleine Mann war munter, hatte kein Fieber. Die Ärzte teilten
uns bei der Visite mit, dass wir am kommenden Tag nach Hause dürften - wenn
alles so blieb wie es jetzt war. Das waren gute Nachrichten!! Besonders für
meinen Mann: er war jede Nacht in der Klinik geblieben. Ich löste ihn morgens
ab und dann ging er arbeiten, um danach wieder in die Klinik zu kommen. Er
freute sich also bald wieder in seinem eigenen Bett schlafen zu können!!
Doch dann
machte Jonathan uns fast einen Strich durch die Rechnung!! Denn er aß und trank
nicht richtig…er nahm nur winzige Portionen zu sich, selbst mit seinem
Lieblingsessen konnte man ihn nicht locken. Wir waren ratlos: es ging ihm doch
wieder recht gut, warum hatte er dann keinen Appetit??
Ich habe
es schon in einem vorangegangenen Beitrag erwähnt…HOSPITALISIERUNG. Auch wenn
Jonathan SEHR klein gewesen war und man immer meint, dass so kleine Babys
nichts um sich herum mitbekommen…tun sie das sehr wohl! Und zwar mehr als wir
uns vorstellen können. Die Monate auf der Neonatologie haben Spuren
hinterlassen, nicht nur bei uns – auch bei Jonathan. Bis heute hat er RICHTIGE
Panik wenn er einen Menschen mit Mundschutz und/oder Einweghandschuhen sieht:
er schreit, dreht sich weg und fängt an zu zappeln…und sobald er stationär in
einem Krankenhaus ist: stellt er die Nahrungsaufnahme fast komplett ein. Und
das tat er nun auch…
Das
Problem war: seine Blutwerte wurden schlechter weil er zu wenig aß und trank.
Die diensthabende Ärztin kannte uns nicht und konnte die Situation somit auch
nicht einschätzen. Sie teilte uns am kommenden Vormittag mit, dass die Blutwerte
nicht gut seien und wir „lieber noch einige Tage bleiben sollten“. Was ich
vehement ablehnte weil ich wusste, dass sich an den Werten nichts ändern würde:
Jonathan würde hier in der Klinik nicht richtig essen. Das habe ich ihr auch
erklärt…aber sie glaubte mir nicht. (Im Entlassungsbericht hat sie mich
richtiggehend als hysterisch dargestellt und betont das ICH auf eine Entlassung
gedrängt hätte die SIE nicht befürwortet weil es NICHT GUT für das Kind sei.)
Wir haben
uns zuerst auf einen Kompromiss geeinigt: wir würden bis zum Nachmittag bleiben
und dann erneut eine Blutkontrolle durchführen. Dann würden wir weiter sehen.
Der Tag
verging, Jonathan aß nicht. Eine Schwester erzählte uns das es in jedem
Drogeriemarkt einen „Heilschleim“ geben würde: hochkalorisch und geeignet bei
und gegen Durchfallerkrankungen. Also bin ich losgefahren und habe eine Packung
besorgt. Davon hat Jonathan wenigstens eine kleine Menge getrunken. Ein Anfang!
Aber
leider war es nicht genug, denn die Blutwerte am Nachmittag waren unverändert
schlecht. Die Ärztin wollte uns also definitiv nicht entlassen. Meine Einwände
dass ich mein Kind besser kenne als sie und WEISS das er zu Hause ausreichend
essen und trinken wird, ließ sie nicht gelten. Es wäre LEBENSGEFÄHRLICH mit ihm
so nach Hause zu gehen und sie würde noch nicht einmal unterschreiben wenn wir
auf eigene Gefahr gehen wollten – mussten wir uns dann anhören. Daraufhin habe
ich angefangen mit der Ärztin zu streiten, allerdings in einem auf meiner Seite
normalen Tonfall.
Ich habe
ihr erklärt dass es auch lebensgefährlich ist wenn mein Kind nicht genug isst
und trinkt! Eine Sondenernährung bringt hier auch nur kurzfristige Hilfe weil
es an der Situation grundsätzlich ja nichts ändern wird: Jonathan ist
hospitalisiert. Dieses Wort war der Ärztin leider scheinbar fremd, ihre
Kommentare und ihr Tonfall mir gegenüber ließen mittlerweile auch zu wünschen
übrig. Irgendwann reichte es mir und ich habe ihr erklärt das die Klinik kein
Gefängnis sei, in dem sie uns festhalten könne wie es ihr beliebe und wir bitte
ihren Vorgesetzten sprechen möchten um die Thematik mit ihm zu erläutern.
An der
Stelle möchte ich allen denen die mich nicht persönlich kennen sagen das
Jonathans Wohlergehen für mich IMMER an erster Stelle steht! Und wenn ich spüre
das ein Krankenhausaufenthalt notwendig und wichtig ist: dann wird dieser von
mir NIE in Frage gestellt. Aber ich kenne meinen Jungen besser als alle Ärzte
und merke deswegen auch genau wann ein Krankenhausaufenthalt mehr kaputt als
heil macht! Und dann werde ich zur Löwenmutter die die Klauen ausfährt und
kämpft…ich lasse mir dann auch nicht alles bieten nur weil jemand der vor mir
steht studiert hat und einen weißen Kittel trägt.
Vermutlich
war es unser Glück das der diensthabende Vorgesetzte an diesem Tag unser
behandelnder Neurologe war. Er kam nicht persönlich zu uns, ein Blick in die
Akte und auf den Namen des Patienten genügte ihm um der Ärztin zu erklären dass
wir als Eltern die Situation einzuschätzen in der Lage seien, das wir ein sehr
gutes Gespür für unser Kind hätten und – sollte es die Situation erfordern!-
auch wiederkommen würden - falls die Entlassung nicht den gewünschten Erfolg
bringe.
Alles das
teilte uns die Ärztin durch zusammen gebissene Zähne mit. Den
Entlassungsbericht würde sie uns zuschicken und wir könnten nun gehen, aber sie
möchte noch einmal betonen dass sie findet dass es die falsche Entscheidung
ist.
Aber: es
war die richtige Entscheidung! Wir waren noch keine Stunde zu Hause in
Jonathans gewohnter Umgebung als er eine große Milchflasche trank und danach
glücklich einschlief.
Ok: der
Korrektheit halber muss ich auch sagen dass er sich an diesem Tag erneut
übergeben hat. Und das er auch weiterhin Durchfall hatte – doch nicht mehr so
schlimm. Er trank und aß und man merkte ihm an das er glücklich war…er war
wieder zu Hause!!
Die
Entlassung aus der Klinik war samstags, und montags bin ich zur Sicherheit zu
unserem Kinderarzt gefahren. Nur mal nachschauen lassen ob auch WIRKLICH alles
ok ist und es Joni gut geht.
Das war
der Fall. Er war nicht mehr dehydriert und der Arzt war zufrieden mit seinem
Aussehen und dem was ich über seinen Zustand zu berichten hatte. Ich habe ihm
dann erzählt das die Ärztin es als „lebensgefährlich“ beschrieben hat nach
Hause zu gehen, worüber er sich maßlos aufregte und sagte das das total
übertrieben war und uns vermutlich nur dazu bewegen sollte in der Klinik zu
bleiben.
An der
Stelle kann ich wirklich nur allen Eltern sagen: hört auf euren Bauch!! Sagt
eure Meinung! Ärzte wissen auch nicht alles und IHR kennt euer Kind VIEL BESSER
als jeder andere….
OP von
Hodenhochstand und Leistenbruch
Jetzt
hatte eine neue Woche begonnen, wir waren grade aus der Klinik nach Hause
gekommen – und sollten noch diese Woche wieder einrücken zur OP. Das war alles
ganz schön viel für mich! Ich schlief schlecht und hatte Magenprobleme…
Am
Dienstag vormittag, wir waren zu Hause und hatten alle Termin abgesagt damit
Jonathan sich erstmal erholen konnte, klingelte das Telefon. Unser
„Lieblingschirurg“ war dran. Er wollte wissen wie es uns, vor allem aber
Jonathan, gehe. Ich habe ihm erklärt wie die Situation ist und das er die
Rota-Viren hat/hatte.
Daraufhin
beschloss der Arzt dass die OP verschoben werden würde. Es sei zu riskant zu
operieren wenn Jonathan noch so geschwächt sei. Die Kinderklinik würde sich bei
uns melden um einen neuen Termin zu vereinbaren.
Ich war
erleichtert. Unendlich erleichtert! Ein Aufschub! Dann konnten wir alle erstmal
den letzten Klinikaufenthalt verkraften und durchatmen. Neue Kraft tanken!!....
Und uns
um eine andere „Baustelle“ kümmern….
Diejenigen
die meinen Blog schon länger verfolgen wissen dass wir mit Jonathan in einem
Augenärztlichen Zentrum waren und unser Besuch dort nicht von Erfolg gekrönt
war: sein Augeninnendruck, seine Netzhaut und der Augenhintergrund waren immer
noch nicht kontrolliert worden. Wir hatten das die ganze Zeit über im
Hinterkopf, aber noch keinen Augenarzt gefunden der in der Lage gewesen wäre
die notwendigen Untersuchungen bei Jonathan durchzuführen.
Als wir
mit dem Rota-Virus stationär in der Klinik waren, fielen uns dort Umbaumaßnahmen
auf: im Foyer der Klinik war ein Ladengeschäft geschlossen worden, dort
eröffnete einige Zeit später eine Augenklinik! Nach Aussage der Schwestern die
wir befragten, zwar eigenständig und nicht eine Station des Krankenhauses, aber
trotzdem im Haus und mit Zugang zu OP´s und Instrumenten für Kinder von
Jonathans Körpergröße.
Da die OP
verschoben worden war nutzten wir die Zeit und vereinbarten in der Augenklinik einen
„Kennenlern-Termin“. Wieder sagte ich am Telefon worum es mir ging und wo die
Probleme bei Jonathan lagen, doch nun konnte ich hinzufügen das die Augenklinik
sich bitte die Unterlagen der Kinderklinik aushändigen lassen sollte um sich
einen Überblick zu verschaffen.
Das wurde
mir zugesagt und ein Termin vereinbart.
Der
Termin verlief auch völlig unproblematisch. Der Arzt der uns erwartete hatte
sich in groben Zügen über das Krankheitsbild informiert. Er teilte uns mit das
er versuchen würde den Augendruck in diesem Termin zu messen, während Jonathan
wach sei. Und es klappte auch: Jonathan machte gut mit und ließ sich die
Untersuchung ohne zu meckern gefallen. Auch das Ergebnis war super: der
Augendruck lag im normalen Bereich.
Nun
wollte der Arzt noch einen Blick auf den Augenhintergrund werfen: dazu nahm er
eine Art Prisma und eine Lampe in die Hand, strahlte mit der Lampe auf das
Prisma und hielt letzteres vor Jonathans Augen. Das gefiel dem kleinen Mann nun
allerdings ÜBERHAUPT nicht und er fing an sich zu winden und zu beschweren.
Diese Untersuchung verlief demnach ohne Ergebnis: der Arzt konnte so überhaupt
nichts erkennen. Im Grunde hatte er das schon erwartet, verriet er uns – aber
einen Versuch war es wert gewesen.
Der Arzt
erklärte uns, das man den Augenhintergrund definitiv noch einmal genauer
ansehen sollte, dies sei dann wohl aber nur mit einer kurzen Vollnarkose
möglich. Während dieser Narkose hätte man aber die Möglichkeit auch den
Augendruck noch einmal mit einem anderen, besseren!, Gerät zu ermitteln und das
Ergebnis sozusagen zu verifizieren.
Wer nun
genau auf die Idee kam weiß ich heute nicht mehr…aber irgendwann stand die Idee
im Raum, nach der Operation von Leistenbruch und Hodenhochstand die Kollegen
der Augenklinik in den OP zu holen, damit sie die notwendigen Untersuchungen
durchführen könnten während Jonathan in Narkose lag. Dann hätte man die
Augenärztliche Untersuchung „in einem Aufwasch“ mit erledigt: Jonathan müsste
nur EINE Narkose für zwei Untersuchungen bekommen!! Die Narkose würde maximal
15 Minuten länger andauern müssen als es ohne die Augenärztliche Untersuchung
der Fall wäre.
Für mich
hörte sich das nach einem guten Plan an!!!
Aber die
Organisation gestaltete sich schwierig….
Die
Kinderklinik hatte mit uns telefoniert um einen neuen Termin für die Operation
zu vereinbaren. In diesem Telefonat hatte ich darauf hingewiesen das auch die
Kollegen der Augenklinik mit ins Boot geholt werden müssten zwecks
Terminabsprache. Daraufhin teilte man mir mit das man Rücksprache mit den
Chirurgen, der Augenklinik und auch unserem Kinderarzt halten wolle und sich
wieder melden werde.
Das hat
die Kinderklinik auch getan: man hat uns einen Termin mitgeteilt an dem wir
stationär aufgenommen würden. An diesem Tag sollten Gespräche mit den
Chirurgen, mit der Augenklinik und mit dem Narkosearzt zwecks Narkoseaufklärung
stattfinden – einen Zettel mit den Uhrzeiten zu denen wir bei den verschiedenen
Ärzten erscheinen sollten hatte man uns mitgeschickt. Nachdem wir diese Termine
wahrgenommen hatten würde einer von uns (mein Mann) mit Jonathan in der Klinik
übernachten, damit man überwachen könne dass der kleine Mann auch nüchtern
bliebe und am nächsten Morgen finde dann die OP statt. Die Kollegen der
Augenklinik kämen dann gegen Ende der OP dazu und würden ihre Untersuchungen
durchführen. Danach sollten wir, wenn alles komplikationslos verlaufe, noch
einen oder zwei Tage stationär bleiben und könnten dann nach Hause gehen.
Das hörte
sich gut an. Wenn es denn so einfach gelaufen wäre! Was natürlich nicht der
Fall war…
Wir kamen
am Tag der Aufnahme in der Klinik an und meldeten uns in der Kinderklinik. Wir
wurden aufgenommen und auf Station geschickt wo man uns unser Zimmer zeigte und
wir uns ein wenig „einrichteten“. Und nun fingen schon die ersten Probleme an:
wir hatten die Elektrolyte die Jonathan täglich benötigte nicht mitgebracht –
schließlich befanden wir uns in einer Klinik und es waren keine seltenen oder
außergewöhnlichen Medikamente, also hatten wir gedacht das es sicherlich kein
Thema wäre sie für uns dort zu besorgen. Aber weit gefehlt: die aufnehmende
Schwester fand es mehr als problematisch diese Substanzen zu organisieren und
hat uns sehr vehement erklärt das wir in Zukunft ALLES mitbringen müssten was
Jonathan an Medikamenten benötige. Okay: wir werden es beherzigen!
Zum Glück
hatten wir alle anderen Medikamente (gegen die epileptischen Anfälle, gegen den
Bluthochdruck und zum Speichern der Elektrolyte dabei: bei diesen Medikamenten
hatten wir nicht gewusst ob sie vorrätig waren).
Um es
vorweg zu nehmen: die Elektrolyte wurden für uns besorgt, aber wir durften sie
nicht mit in unser Zimmer nehmen. Wir mussten immer wenn eine Gabe anstand zu den
Schwestern gehen, diese zogen dann die Dosis auf und brachten es uns - irgendwann
wenn sie Zeit dafür hatten. So lange diese Medikamente nicht gegeben waren
konnte Jonathan aber auch nichts essen: erst essen und dann Elektrolyte führt
bei ihm zu Erbrechen….das ganze Vorgehen war lachhaft: wir machten das zu Hause
ja auch immer allein und ohne Überwachung und das seit fast einem Jahr!! Und:
über alle Medikamente die wir dabei hatten mussten wir die Schwestern NICHT
informieren!!
Am
zweiten Tag des Klinikaufenthaltes habe ich alles von zu Hause mitgebracht
damit wir „autark“ handeln konnten. Und das haben wir auch genauso
kommuniziert.
Aber
zurück zum Tag der Aufnahme.