Freitag, 15. September 2017

In den nächsten Tagen ging es Jonathan zunehmend besser: der Durchfall wurde seltener und ließ nach. Der kleine Mann war munter, hatte kein Fieber. Die Ärzte teilten uns bei der Visite mit, dass wir am kommenden Tag nach Hause dürften - wenn alles so blieb wie es jetzt war. Das waren gute Nachrichten!! Besonders für meinen Mann: er war jede Nacht in der Klinik geblieben. Ich löste ihn morgens ab und dann ging er arbeiten, um danach wieder in die Klinik zu kommen. Er freute sich also bald wieder in seinem eigenen Bett schlafen zu können!!

Doch dann machte Jonathan uns fast einen Strich durch die Rechnung!! Denn er aß und trank nicht richtig…er nahm nur winzige Portionen zu sich, selbst mit seinem Lieblingsessen konnte man ihn nicht locken. Wir waren ratlos: es ging ihm doch wieder recht gut, warum hatte er dann keinen Appetit??

Ich habe es schon in einem vorangegangenen Beitrag erwähnt…HOSPITALISIERUNG. Auch wenn Jonathan SEHR klein gewesen war und man immer meint, dass so kleine Babys nichts um sich herum mitbekommen…tun sie das sehr wohl! Und zwar mehr als wir uns vorstellen können. Die Monate auf der Neonatologie haben Spuren hinterlassen, nicht nur bei uns – auch bei Jonathan. Bis heute hat er RICHTIGE Panik wenn er einen Menschen mit Mundschutz und/oder Einweghandschuhen sieht: er schreit, dreht sich weg und fängt an zu zappeln…und sobald er stationär in einem Krankenhaus ist: stellt er die Nahrungsaufnahme fast komplett ein. Und das tat er nun auch…

Das Problem war: seine Blutwerte wurden schlechter weil er zu wenig aß und trank. Die diensthabende Ärztin kannte uns nicht und konnte die Situation somit auch nicht einschätzen. Sie teilte uns am kommenden Vormittag mit, dass die Blutwerte nicht gut seien und wir „lieber noch einige Tage bleiben sollten“. Was ich vehement ablehnte weil ich wusste, dass sich an den Werten nichts ändern würde: Jonathan würde hier in der Klinik nicht richtig essen. Das habe ich ihr auch erklärt…aber sie glaubte mir nicht. (Im Entlassungsbericht hat sie mich richtiggehend als hysterisch dargestellt und betont das ICH auf eine Entlassung gedrängt hätte die SIE nicht befürwortet weil es NICHT GUT für das Kind sei.)

Wir haben uns zuerst auf einen Kompromiss geeinigt: wir würden bis zum Nachmittag bleiben und dann erneut eine Blutkontrolle durchführen. Dann würden wir weiter sehen.

Der Tag verging, Jonathan aß nicht. Eine Schwester erzählte uns das es in jedem Drogeriemarkt einen „Heilschleim“ geben würde: hochkalorisch und geeignet bei und gegen Durchfallerkrankungen. Also bin ich losgefahren und habe eine Packung besorgt. Davon hat Jonathan wenigstens eine kleine Menge getrunken. Ein Anfang!

Aber leider war es nicht genug, denn die Blutwerte am Nachmittag waren unverändert schlecht. Die Ärztin wollte uns also definitiv nicht entlassen. Meine Einwände dass ich mein Kind besser kenne als sie und WEISS das er zu Hause ausreichend essen und trinken wird, ließ sie nicht gelten. Es wäre LEBENSGEFÄHRLICH mit ihm so nach Hause zu gehen und sie würde noch nicht einmal unterschreiben wenn wir auf eigene Gefahr gehen wollten – mussten wir uns dann anhören. Daraufhin habe ich angefangen mit der Ärztin zu streiten, allerdings in einem auf meiner Seite normalen Tonfall.

Ich habe ihr erklärt dass es auch lebensgefährlich ist wenn mein Kind nicht genug isst und trinkt! Eine Sondenernährung bringt hier auch nur kurzfristige Hilfe weil es an der Situation grundsätzlich ja nichts ändern wird: Jonathan ist hospitalisiert. Dieses Wort war der Ärztin leider scheinbar fremd, ihre Kommentare und ihr Tonfall mir gegenüber ließen mittlerweile auch zu wünschen übrig. Irgendwann reichte es mir und ich habe ihr erklärt das die Klinik kein Gefängnis sei, in dem sie uns festhalten könne wie es ihr beliebe und wir bitte ihren Vorgesetzten sprechen möchten um die Thematik mit ihm zu erläutern.

An der Stelle möchte ich allen denen die mich nicht persönlich kennen sagen das Jonathans Wohlergehen für mich IMMER an erster Stelle steht! Und wenn ich spüre das ein Krankenhausaufenthalt notwendig und wichtig ist: dann wird dieser von mir NIE in Frage gestellt. Aber ich kenne meinen Jungen besser als alle Ärzte und merke deswegen auch genau wann ein Krankenhausaufenthalt mehr kaputt als heil macht! Und dann werde ich zur Löwenmutter die die Klauen ausfährt und kämpft…ich lasse mir dann auch nicht alles bieten nur weil jemand der vor mir steht studiert hat und einen weißen Kittel trägt.

Vermutlich war es unser Glück das der diensthabende Vorgesetzte an diesem Tag unser behandelnder Neurologe war. Er kam nicht persönlich zu uns, ein Blick in die Akte und auf den Namen des Patienten genügte ihm um der Ärztin zu erklären dass wir als Eltern die Situation einzuschätzen in der Lage seien, das wir ein sehr gutes Gespür für unser Kind hätten und – sollte es die Situation erfordern!- auch wiederkommen würden - falls die Entlassung nicht den gewünschten Erfolg bringe.

Alles das teilte uns die Ärztin durch zusammen gebissene Zähne mit. Den Entlassungsbericht würde sie uns zuschicken und wir könnten nun gehen, aber sie möchte noch einmal betonen dass sie findet dass es die falsche Entscheidung ist.

Aber: es war die richtige Entscheidung! Wir waren noch keine Stunde zu Hause in Jonathans gewohnter Umgebung als er eine große Milchflasche trank und danach glücklich einschlief.

Ok: der Korrektheit halber muss ich auch sagen dass er sich an diesem Tag erneut übergeben hat. Und das er auch weiterhin Durchfall hatte – doch nicht mehr so schlimm. Er trank und aß und man merkte ihm an das er glücklich war…er war wieder zu Hause!!

Die Entlassung aus der Klinik war samstags, und montags bin ich zur Sicherheit zu unserem Kinderarzt gefahren. Nur mal nachschauen lassen ob auch WIRKLICH alles ok ist und es Joni gut geht.

Das war der Fall. Er war nicht mehr dehydriert und der Arzt war zufrieden mit seinem Aussehen und dem was ich über seinen Zustand zu berichten hatte. Ich habe ihm dann erzählt das die Ärztin es als „lebensgefährlich“ beschrieben hat nach Hause zu gehen, worüber er sich maßlos aufregte und sagte das das total übertrieben war und uns vermutlich nur dazu bewegen sollte in der Klinik zu bleiben.

An der Stelle kann ich wirklich nur allen Eltern sagen: hört auf euren Bauch!! Sagt eure Meinung! Ärzte wissen auch nicht alles und IHR kennt euer Kind VIEL BESSER als jeder andere….


OP von Hodenhochstand und Leistenbruch
Jetzt hatte eine neue Woche begonnen, wir waren grade aus der Klinik nach Hause gekommen – und sollten noch diese Woche wieder einrücken zur OP. Das war alles ganz schön viel für mich! Ich schlief schlecht und hatte Magenprobleme…

Am Dienstag vormittag, wir waren zu Hause und hatten alle Termin abgesagt damit Jonathan sich erstmal erholen konnte, klingelte das Telefon. Unser „Lieblingschirurg“ war dran. Er wollte wissen wie es uns, vor allem aber Jonathan, gehe. Ich habe ihm erklärt wie die Situation ist und das er die Rota-Viren hat/hatte.

Daraufhin beschloss der Arzt dass die OP verschoben werden würde. Es sei zu riskant zu operieren wenn Jonathan noch so geschwächt sei. Die Kinderklinik würde sich bei uns melden um einen neuen Termin zu vereinbaren.

Ich war erleichtert. Unendlich erleichtert! Ein Aufschub! Dann konnten wir alle erstmal den letzten Klinikaufenthalt verkraften und durchatmen. Neue Kraft tanken!!....

Und uns um eine andere „Baustelle“ kümmern….
Diejenigen die meinen Blog schon länger verfolgen wissen dass wir mit Jonathan in einem Augenärztlichen Zentrum waren und unser Besuch dort nicht von Erfolg gekrönt war: sein Augeninnendruck, seine Netzhaut und der Augenhintergrund waren immer noch nicht kontrolliert worden. Wir hatten das die ganze Zeit über im Hinterkopf, aber noch keinen Augenarzt gefunden der in der Lage gewesen wäre die notwendigen Untersuchungen bei Jonathan durchzuführen.

Als wir mit dem Rota-Virus stationär in der Klinik waren, fielen uns dort Umbaumaßnahmen auf: im Foyer der Klinik war ein Ladengeschäft geschlossen worden, dort eröffnete einige Zeit später eine Augenklinik! Nach Aussage der Schwestern die wir befragten, zwar eigenständig und nicht eine Station des Krankenhauses, aber trotzdem im Haus und mit Zugang zu OP´s und Instrumenten für Kinder von Jonathans Körpergröße.

Da die OP verschoben worden war nutzten wir die Zeit und vereinbarten in der Augenklinik einen „Kennenlern-Termin“. Wieder sagte ich am Telefon worum es mir ging und wo die Probleme bei Jonathan lagen, doch nun konnte ich hinzufügen das die Augenklinik sich bitte die Unterlagen der Kinderklinik aushändigen lassen sollte um sich einen Überblick zu verschaffen.

Das wurde mir zugesagt und ein Termin vereinbart.

Der Termin verlief auch völlig unproblematisch. Der Arzt der uns erwartete hatte sich in groben Zügen über das Krankheitsbild informiert. Er teilte uns mit das er versuchen würde den Augendruck in diesem Termin zu messen, während Jonathan wach sei. Und es klappte auch: Jonathan machte gut mit und ließ sich die Untersuchung ohne zu meckern gefallen. Auch das Ergebnis war super: der Augendruck lag im normalen Bereich.

Nun wollte der Arzt noch einen Blick auf den Augenhintergrund werfen: dazu nahm er eine Art Prisma und eine Lampe in die Hand, strahlte mit der Lampe auf das Prisma und hielt letzteres vor Jonathans Augen. Das gefiel dem kleinen Mann nun allerdings ÜBERHAUPT nicht und er fing an sich zu winden und zu beschweren. Diese Untersuchung verlief demnach ohne Ergebnis: der Arzt konnte so überhaupt nichts erkennen. Im Grunde hatte er das schon erwartet, verriet er uns – aber einen Versuch war es wert gewesen.
Der Arzt erklärte uns, das man den Augenhintergrund definitiv noch einmal genauer ansehen sollte, dies sei dann wohl aber nur mit einer kurzen Vollnarkose möglich. Während dieser Narkose hätte man aber die Möglichkeit auch den Augendruck noch einmal mit einem anderen, besseren!, Gerät zu ermitteln und das Ergebnis sozusagen zu verifizieren.

Wer nun genau auf die Idee kam weiß ich heute nicht mehr…aber irgendwann stand die Idee im Raum, nach der Operation von Leistenbruch und Hodenhochstand die Kollegen der Augenklinik in den OP zu holen, damit sie die notwendigen Untersuchungen durchführen könnten während Jonathan in Narkose lag. Dann hätte man die Augenärztliche Untersuchung „in einem Aufwasch“ mit erledigt: Jonathan müsste nur EINE Narkose für zwei Untersuchungen bekommen!! Die Narkose würde maximal 15 Minuten länger andauern müssen als es ohne die Augenärztliche Untersuchung der Fall wäre.

Für mich hörte sich das nach einem guten Plan an!!!

Aber die Organisation gestaltete sich schwierig….

Die Kinderklinik hatte mit uns telefoniert um einen neuen Termin für die Operation zu vereinbaren. In diesem Telefonat hatte ich darauf hingewiesen das auch die Kollegen der Augenklinik mit ins Boot geholt werden müssten zwecks Terminabsprache. Daraufhin teilte man mir mit das man Rücksprache mit den Chirurgen, der Augenklinik und auch unserem Kinderarzt halten wolle und sich wieder melden werde.

Das hat die Kinderklinik auch getan: man hat uns einen Termin mitgeteilt an dem wir stationär aufgenommen würden. An diesem Tag sollten Gespräche mit den Chirurgen, mit der Augenklinik und mit dem Narkosearzt zwecks Narkoseaufklärung stattfinden – einen Zettel mit den Uhrzeiten zu denen wir bei den verschiedenen Ärzten erscheinen sollten hatte man uns mitgeschickt. Nachdem wir diese Termine wahrgenommen hatten würde einer von uns (mein Mann) mit Jonathan in der Klinik übernachten, damit man überwachen könne dass der kleine Mann auch nüchtern bliebe und am nächsten Morgen finde dann die OP statt. Die Kollegen der Augenklinik kämen dann gegen Ende der OP dazu und würden ihre Untersuchungen durchführen. Danach sollten wir, wenn alles komplikationslos verlaufe, noch einen oder zwei Tage stationär bleiben und könnten dann nach Hause gehen.

Das hörte sich gut an. Wenn es denn so einfach gelaufen wäre! Was natürlich nicht der Fall war…

Wir kamen am Tag der Aufnahme in der Klinik an und meldeten uns in der Kinderklinik. Wir wurden aufgenommen und auf Station geschickt wo man uns unser Zimmer zeigte und wir uns ein wenig „einrichteten“. Und nun fingen schon die ersten Probleme an: wir hatten die Elektrolyte die Jonathan täglich benötigte nicht mitgebracht – schließlich befanden wir uns in einer Klinik und es waren keine seltenen oder außergewöhnlichen Medikamente, also hatten wir gedacht das es sicherlich kein Thema wäre sie für uns dort zu besorgen. Aber weit gefehlt: die aufnehmende Schwester fand es mehr als problematisch diese Substanzen zu organisieren und hat uns sehr vehement erklärt das wir in Zukunft ALLES mitbringen müssten was Jonathan an Medikamenten benötige. Okay: wir werden es beherzigen!

Zum Glück hatten wir alle anderen Medikamente (gegen die epileptischen Anfälle, gegen den Bluthochdruck und zum Speichern der Elektrolyte dabei: bei diesen Medikamenten hatten wir nicht gewusst ob sie vorrätig waren).

Um es vorweg zu nehmen: die Elektrolyte wurden für uns besorgt, aber wir durften sie nicht mit in unser Zimmer nehmen. Wir mussten immer wenn eine Gabe anstand zu den Schwestern gehen, diese zogen dann die Dosis auf und brachten es uns - irgendwann wenn sie Zeit dafür hatten. So lange diese Medikamente nicht gegeben waren konnte Jonathan aber auch nichts essen: erst essen und dann Elektrolyte führt bei ihm zu Erbrechen….das ganze Vorgehen war lachhaft: wir machten das zu Hause ja auch immer allein und ohne Überwachung und das seit fast einem Jahr!! Und: über alle Medikamente die wir dabei hatten mussten wir die Schwestern NICHT informieren!!

Am zweiten Tag des Klinikaufenthaltes habe ich alles von zu Hause mitgebracht damit wir „autark“ handeln konnten. Und das haben wir auch genauso kommuniziert.

Aber zurück zum Tag der Aufnahme.