Freitag, 22. Dezember 2017

Es war im November 2016 als Jonathan sich das erste Mal von allein …drehte!!

Er war jetzt etwas mehr als 1 Jahr aus dem Krankenhaus entlassen und genauso lange arbeiteten wir schon mit der Physiotherapie an seiner Motorik. Bisher erfolglos. Es passierte nichts, es ging nicht vorwärts. Zeitweise war ich schon kurz davor gewesen einfach aufzugeben…schließlich hatten die Ärzte im Krankenhaus gesagt das er nicht in der Lage sein würde zu krabbeln oder zu laufen – vielleicht hatten sie ja Recht damit und ich bemühte mich hier völlig umsonst.

Und…das habe ich in einem früheren Beitrag schon mal erwähnt: die Therapie nach Vojta war nicht angenehm!! Jonathan weinte und wehrte sich mitunter ziemlich stark…TROTZDEM: ich habe jeden Tag mit ihm geturnt!! Jeden Tag….außer sonntags, da hatten wir frei.

Also: ein Jahr lang turnte ich täglich mit ihm und es passierte einfach…NICHTS…das war SO frustrierend!!

Und dann, ganz plötzlich! Liegt er unter seinem Spielbogen und fängt an auf dem Popo zu hopsen und sich mit den Beinen abzustoßen. Dabei kam er vorwärts…naja, eigentlich eher: rückwärts…also er ist in die Richtung gekommen in der sein Kopf lag, aber halt auf dem Rücken liegend. Es sah zum Schießen aus!!

Irgendwie hat er ziemlich überrascht geschaut dass er auf einmal ganz allein seine Position verändern kann. Und dann hat es nicht mehr lange gedauert bis er raus hatte das er seine Position auch ändern kann indem er sich umdreht.

Ich habe grade mit ihm gespielt als er auf einmal sehr angestrengt aus der Wäsche schaute und sich mit aller Macht nach rechts schmiss: die erste Drehung war gelungen….ich hatte Tränen in den Augen und habe sofort meinen Mann angerufen und versucht seine Drehungen auf Video aufzunehmen. Was aber nicht geklappt hat. (Kennt ihr das? Das Kind kann was Neues und GENAU DANN wenn man es filmen will: macht das Kind es einfach nicht mehr…)

Dieser ersten Drehung sollten in den nächsten Wochen noch ganz viele folgen, allerdings immer NUR über die rechte Seite und nie über die linke. Er hatte eine Lieblingsseite entwickelt. Die Frühforderung und ich haben verstärkt darauf geachtet ihn auch für die linke Seite zu sensibilisieren – was schlussendlich auch funktioniert hat: heute dreht er sich über beide Seiten. Aber auch das war harte Arbeit und kam nicht von allein. Wie fast nichts bei Jonathan…

Er hat in den folgenden Wochen auch seine Technik perfektioniert sich auf seinem Po in Richtung seines Kopfes fortzubewegen. Das hat irgendwann gut und schnell geklappt. Allerdings kam er so nie dorthin wo er EIGENTLICH hinwollte weil er ja nichts gesehen hat…das führte dann zu Frust und Heulerei…

Mitunter nicht einfach mit anzusehen wenn das Kind etwas möchte, aber einfach nicht in der Lage ist das auch umzusetzen! Und man es ihm nicht erklären kann weil es einen nicht versteht….an der Stelle ist es manchmal schwierig ein behindertes Kind zu haben. Das Mama-Herz blutet und man kann nicht helfen, man muss die Situation einfach aushalten. Mit dem Kind weiterarbeiten und hoffen dass es irgendwann in der Lage sein wird seine Ziele auch umzusetzen…

Nikolaus
Auch in diesem Jahr, zum zweiten Mal für Jonathan, hatten wir einen Nikolaus vom Nikolausservice unserer Stadt bestellt.

Marvins bester Freund und dessen Mutter, die Jonathans Patentante ist, waren an diesem Tag bei uns und warteten mit uns gemeinsam darauf das es klingeln würde.

Das tat es auch irgendwann. Und herein kamen …ein ENGELCHEN..und der Nikolaus in rotem Ornat und so groß das er gebückt durch unsere Tür gehen musste.

Die großen Jungs waren BESTENS vorbereitet…nämlich überhaupt nicht! O man…sie konnten kein Gedicht und kein Lied….aber wenigstens konnten sie die Geschichte vom Heiligen Nikolaus erzählen und retteten somit ihre Ehre. 8o))

Das kleine Engelchen war schockverliebt in Jonathan und dem Nikolaus beim Besuch bei uns keine große Hilfe…lach…

Und Jonathan selbst?? Der saß mit offenem Mund auf meinem Schoß und starrte den Nikolaus ehrfürchtig an. Der nahm sich Zeit und redete lange mit ihm: auch wenn Jonathan noch so „klein“ war erzählte der Nikolaus ihm doch trotzdem was er gut machte (das er so gut bei der Physiotherapie mitmachte und schon Erfolge erzielte) – und was er nicht so gut machte: zum Beispiel das er nicht durchschlafen wollte in der Nacht. (Genutzt hat diese Ansage aber nichts, der junge Mann schläft immer noch nicht durch!)

Geschenke gab es dann selbstverständlich auch noch für die Kinder und Jonathan schaute dem Nikolaus lange hinterher als dieser sich mit einem „Husch, husch kleines Engelchen!“ verabschiedete.

Weihnachtsmarktbesuch
Traditionell sind wir auch in diesem Jahr wieder auf den Weihnachtsmarkt in unsere Landeshauptstadt gefahren. Hier waren wir im letzten Jahr auch schon und mussten einiges ertragen: von angeglotzt werden, über Antatschen und dumme Kommentare war damals alles dabei. Aber…wir trauten uns trotzdem und fuhren hin! Schlimmer konnte es ja dieses Jahr nicht mehr kommen…

Kam es auch nicht. Es war okay. Vielleicht lag es daran das wir nun, ein Jahr später, besser in der Lage waren mit der Situation umzugehen. Vielleicht lag es auch einfach daran das Jonathan doch ein wenig größer geworden war. Zwar sah er nicht aus als sei er eineinhalb Jahre alt, sondern eher als sei er wenige Wochen alt – aber er war nicht mehr so auffällig klein wie im vergangenen Jahr. Und so wurden wir weitgehend in Ruhe gelassen….natürlich sprach der ein oder andere uns an und wollte wissen wie alt Jonathan war, aber damit hatte es sich dann auch.

Und so konnten wir den Besuch auf dem Weihnachtsmarkt genießen. Jonathan betrachtete die ganzen Lichter, bestaunte das Karussell. Wir haben auch mal kurz überlegt ob wir ihn damit eine Runde drehen lassen sollten, aber die Betreiber teilten uns mit das es leider nicht möglich sei das ein Erwachsener mit auf dem Karussell fuhr – auch dann nicht wenn er bezahlte. Und somit war das Vorhaben für uns gestorben, Jonathan konnte ja nicht alleine sitzen und deswegen auch nicht alleine fahren….



Der Weihnachtsbaum der Familie Braunsdorf-Kremer….8o))
Dieses Jahr feierten wir zwar nicht das erste Mal Weihnachten mit Jonathan, aber wir feierten das erste Mal Weihnachten in unserem eigenen Haus. Und deswegen hatte Marvin eine Idee von der er sich nicht mehr abbringen ließ: wir würden unseren Weihnachtsbaum dieses Jahr SELBER SCHLAGEN gehen.

Okay: dann also los!

Es gibt in unserer Nähe einen Tannenbaumverkauf wo man einen Baum selber schlagen kann: ein riesiges Gelände, man bekommt eine Säge und dann geht man los und sucht sich einen Baum. Hat man ihn gefunden: fällt man ihn und schleppt ihn zur Kasse. Der Preis berechnet sich nach Größe und Art des Baumes, man weiß also vorher nicht so ganz genau was er kosten wird….

Eine Woche vor Weihnachten haben wir Jonathan dick eingepackt und sind losgezogen um uns unseren Weihnachtsbaum auszusuchen.

Ich kam mir ein bisschen vor wie die Familie Griswold auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum, nur das bei uns kein Schnee lag wie im Film.

Wir sind über das Gelände gestiefelt und haben die Bäume betrachtet. Der eine war zu krumm, der andere zu klein, ein weiterer hatte kaum Äste oder eine unschöne Spitze: es war nicht einfach mit Marvin DEN Baum zu finden! Aber irgendwann hatte er sich für einen entschieden.

Also haben mein Mann und Marvin die Säge gezückt und losgelegt. Gar nicht so einfach einen Baum selber zu schlagen stellte Marvin fest: denn während man sägt..hängen einem ja die Äste ins Gesicht!! Mein Mann hat sich auch prompt eine blutige Wunde im Gesicht geholt, aber zum Glück ist er kein typischer Mann und jammert nicht bei jeder Kleinigkeit. 8o)))

Nachdem der Baum geschlagen, zur Kasse geschleift und bezahlt, in ein Netz verpackt und im Auto verstaut war….gab es zur Belohnung noch warmen Kakao und eine Waffel. Für Jonathan war der Ausflug so anstrengend (oder aufregend) dass er eingeschlafen ist bevor wir überhaupt die Getränke hatten!! 

Und noch eine Sache ist mir von diesem Tag in Erinnerung geblieben…wir haben unseren Nikolaus beim Baum schlagen getroffen!!! Natürlich war er nicht als Nikolaus hier, sondern „in Zivil“ – deswegen habe ich ihn erstmal nicht erkannt (schäm). Wie auch schon am Nikolausabend war er in Begleitung seiner Tochter. Bei Getränken und Waffeln hat sich ein wunderschönes, so verständnisinniges Gespräch entwickelt an das ich noch lange zurückdenken musste.

Wieder einmal hatten wir –durch Jonathan!- so wundervolle Menschen kennengelernt. DAS ist ein Geschenk das wir durch unseren Sohn bekommen: wir haben in den letzten 2,5 Jahren so viele tolle Menschen kennengelernt – so viele tolle Gespräche geführt – so viel Verständnis erfahren. Ohne Jonathan…wäre das nicht so und wir wüssten es auch nicht zu schätzen.

Zu Hause angekommen haben wir unseren Baum ins Wohnzimmer gestellt und das Netz zerschnitten. Und NEIN: die Äste haben NICHT die Wohnzimmerscheibe zerschmettert! 8o))
Da stand unser Baum und er roch so gut und er sah auch gut aus! Wir haben beschlossen ihn sofort zu schmücken…EINE WOCHE vor Weihnachten!! Das haben wir auch noch nie gemacht…aber gut: manchmal ist einfach die Zeit gekommen neue Traditionen auszuprobieren!

Wir haben uns für die rot/weiße Deko entschieden und auch Jonathan hat geholfen die Kugeln an den Baum zu hängen. Dazu ließen wir Weihnachtsmusik laufen um uns schon mal in Stimmung zu bringen! 8o)

Heiligabend
Wie jedes Jahr schien der Tag des Heiligen Abends viel länger zu sein als alle anderen Tage im Jahr – jedenfalls für Marvin!! Obwohl er nun schon so GROSS war und gar nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubte..hatte dieses Fest für ihn seinen Reiz nicht verloren und er war den ganzen Tag über aufgeregt und ungeduldig. Am Nachmittag begannen seine Ohren zu glühen und wurden rot: eine Sache die er von seinem Papa hat! Der hatte auch immer rote Ohren bei Aufregung und Vorfreude…8o))

Nun ja…ich muss gestehen das mein Mann und ich diesen Tag dahingehend ein wenig auskosten das wir alles extrem laaaaaaaangsam angehen lassen und uns gar nicht heeeetzen….8o))

Nachdem es mittags nur eine Kleinigkeit zu essen gegeben hatte kochten wir abends. Dann wurde in aller Ruhe ein Drei-Gänge-Menu verspeist. Marvin rutschte schon nach der Vorspeise ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her…

Nach dem Essen setzten wir uns alle vor den Weihnachtsbaum auf den Boden, Marvin und ich packten unsere Flöten aus und dann wurden ein paar Weihnachtslieder gespielt – mein Mann sang. Und erst DANACH konnte die Bescherung beginnen. Ich glaube länger hätten wir Marvin auch nicht mehr hinhalten können!! 8o))

Jonathan war ganz erstaunt und neugierig was hier nun wohl passieren würde. Der Kamin war an, die Kerzen am Baum brannten, im Hintergrund leise Weihnachtsmusik aus dem CD-Player. (Wenn ich heute so drüber schreibe kann ich fast den Geruch des Weihnachtsbaums noch riechen! Es war ein wirklich schöner Abend!)

Bei uns läuft die Bescherung sehr gemütlich ab und zieht sich sehr lange hin: ein Geschenk wird unter dem Baum hervorgeholt und verteilt. Dann schauen alle zu was da ausgepackt wird und freuen sich mit dem Beschenkten. Oftmals wird das Geschenk auch erst noch „ausprobiert“, bevor dann das nächste Päckchen den Weg zu seinem neuen Besitzer findet.

So dauerte die Bescherung recht lange, obwohl es nicht wahnsinnig viele Geschenke gab:

Jonathan bekam die Weltraumstation von den TutTut-Babyflitzern und hatte Spaß mit dem kleinen Raumschiff.
Außerdem bekam er „Prinz Henry“ von der KLEINEN ENTDECKERBANDE: ein Püppchen das man auf den Rücken eines Pferdes setzt und dann läuft das Pferd von allein durch den Raum. SEHR faszinierend für Jonathan! Er hatte noch nie ein Spielzeug gehabt das sich von allein bewegte.

Natürlich hatte sich „der Weihnachtsmann“ bei diesem Geschenk etwas gedacht: Jonathan krabbelte oder robbte zu diesem Zeitpunkt noch nicht und eventuell könnte ihn Prinz Henry ja dazu animieren???

Ob es daran lag oder an anderen Dingen, aber zwei Monate später begann Jonathan tatsächlich sich vorwärts zu bewegen….8o))

So schön der Abend auch war und so viel Spaß wir auch hatten: Jonathan wurde natürlich zur gewohnten Zeit müde und musste ins Bett gebracht werden. Marvin hingegen liebt eine ganz bestimmte Familientradition an Weihnachten: er darf so lange aufbleiben wie er will – quasi bis er unter dem Weihnachtsbaum einschläft. Also haben wir nachdem Jonathan im Bett war noch die neuen Brettspiele ausprobiert und die Männer haben noch ein wenig auf der Konsole „gezockt“.

Die Weihnachtsfeiertage verbringen wir normalerweise immer bei unseren Eltern: am einen Tag bei den einen, am anderen Tag bei den anderen. 8o)

In diesem Jahr sah das aber leider etwas anders aus…

Aufgrund seiner Grunderkrankung hat Jonathan ja leider ein schlechtes Immunsystem. Und wenn man auch nicht viel über MOPD Typ 1 weiß (weil es in 200 Jahren nur 40 betroffene Kinder gegeben hat), so weiß man eins ganz sicher: wenn diese Kinder sterben, dann sterben sie an Infekten. Also sind wir immer sehr vorsichtig, grade im Herbst und Winter wenn viele Infekte auftreten. Bedeutet: wer krank ist kommt nicht zu uns zu Besuch. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!! Warum etwas riskieren das man auch vermeiden kann???

Tja, und in diesem Jahr waren meine Eltern leider an Weihnachten erkältet. Deswegen fiel der Besuch bei ihnen aus, aus Vorsicht. Denn an einem Tisch zu sitzen und zusammen zu essen war natürlich „gefährlich“: ganz schnell fing man sich so die herumschwirrenden Bakterien ein…

Für mich war es total deprimierend. Ich kann mich nicht erinnern in meinem ganzen Leben ein Weihnachtsfest ohne meine Eltern gefeiert zu haben….deswegen haben mein Mann und ich die Möglichkeit diskutiert das ich allein zu meinen Eltern fahre, mit Mundschutz um mich nicht anzustecken. Aber das wäre einfach nicht dasselbe gewesen: Weihnachten ist ein Fest für die Kinder, und dann ohne die Enkel hinfahren???

Im Endeffekt kamen meine Eltern für eine Stunde am Nachmittag zu uns, haben sich jeweils einen Mundschutz übergestreift und sich von Jonathan ferngehalten. Sie haben unsere Geschenke gebracht, ihre Geschenke bekommen und vor allem hatte man sich so an Weihnachten gesehen – wenn auch nur sehr kurz und ganz anders als wir es gewohnt waren…

Den anderen Weihnachtsfeiertag verbrachten wir bei und mit der Familie meines Mannes, die zum Glück alle gesund waren.

Und auch die Paten von Jonathan waren von der grassierenden Erkältungswelle zum Glück verschont geblieben und konnten uns so zwischen den Jahren einen Besuch abstatten.

Nachdem also alle Weihnachtsbesuche erledigt waren neigte das alte Jahr sich auch langsam dem Ende zu….