Es war im
November 2016 als Jonathan sich das erste Mal von allein …drehte!!
Er war
jetzt etwas mehr als 1 Jahr aus dem Krankenhaus entlassen und genauso lange
arbeiteten wir schon mit der Physiotherapie an seiner Motorik. Bisher
erfolglos. Es passierte nichts, es ging nicht vorwärts. Zeitweise war ich schon
kurz davor gewesen einfach aufzugeben…schließlich hatten die Ärzte im
Krankenhaus gesagt das er nicht in der Lage sein würde zu krabbeln oder zu
laufen – vielleicht hatten sie ja Recht damit und ich bemühte mich hier völlig
umsonst.
Und…das
habe ich in einem früheren Beitrag schon mal erwähnt: die Therapie nach Vojta
war nicht angenehm!! Jonathan weinte und wehrte sich mitunter ziemlich
stark…TROTZDEM: ich habe jeden Tag mit ihm geturnt!! Jeden Tag….außer sonntags,
da hatten wir frei.
Also: ein
Jahr lang turnte ich täglich mit ihm und es passierte einfach…NICHTS…das war SO
frustrierend!!
Und dann,
ganz plötzlich! Liegt er unter seinem Spielbogen und fängt an auf dem Popo zu
hopsen und sich mit den Beinen abzustoßen. Dabei kam er vorwärts…naja,
eigentlich eher: rückwärts…also er ist in die Richtung gekommen in der sein
Kopf lag, aber halt auf dem Rücken liegend. Es sah zum Schießen aus!!
Irgendwie
hat er ziemlich überrascht geschaut dass er auf einmal ganz allein seine
Position verändern kann. Und dann hat es nicht mehr lange gedauert bis er raus
hatte das er seine Position auch ändern kann indem er sich umdreht.
Ich habe
grade mit ihm gespielt als er auf einmal sehr angestrengt aus der Wäsche
schaute und sich mit aller Macht nach rechts schmiss: die erste Drehung war
gelungen….ich hatte Tränen in den Augen und habe sofort meinen Mann angerufen
und versucht seine Drehungen auf Video aufzunehmen. Was aber nicht geklappt
hat. (Kennt ihr das? Das Kind kann was Neues und GENAU DANN wenn man es filmen
will: macht das Kind es einfach nicht mehr…)
Dieser
ersten Drehung sollten in den nächsten Wochen noch ganz viele folgen,
allerdings immer NUR über die rechte Seite und nie über die linke. Er hatte
eine Lieblingsseite entwickelt. Die Frühforderung und ich haben verstärkt
darauf geachtet ihn auch für die linke Seite zu sensibilisieren – was
schlussendlich auch funktioniert hat: heute dreht er sich über beide Seiten.
Aber auch das war harte Arbeit und kam nicht von allein. Wie fast nichts bei
Jonathan…
Er hat in
den folgenden Wochen auch seine Technik perfektioniert sich auf seinem Po in
Richtung seines Kopfes fortzubewegen. Das hat irgendwann gut und schnell
geklappt. Allerdings kam er so nie dorthin wo er EIGENTLICH hinwollte weil er
ja nichts gesehen hat…das führte dann zu Frust und Heulerei…
Mitunter
nicht einfach mit anzusehen wenn das Kind etwas möchte, aber einfach nicht in
der Lage ist das auch umzusetzen! Und man es ihm nicht erklären kann weil es
einen nicht versteht….an der Stelle ist es manchmal schwierig ein behindertes
Kind zu haben. Das Mama-Herz blutet und man kann nicht helfen, man muss die
Situation einfach aushalten. Mit dem Kind weiterarbeiten und hoffen dass es
irgendwann in der Lage sein wird seine Ziele auch umzusetzen…
Nikolaus
Auch in
diesem Jahr, zum zweiten Mal für Jonathan, hatten wir einen Nikolaus vom
Nikolausservice unserer Stadt bestellt.
Marvins
bester Freund und dessen Mutter, die Jonathans Patentante ist, waren an diesem
Tag bei uns und warteten mit uns gemeinsam darauf das es klingeln würde.
Das tat
es auch irgendwann. Und herein kamen …ein ENGELCHEN..und der Nikolaus in rotem
Ornat und so groß das er gebückt durch unsere Tür gehen musste.
Die
großen Jungs waren BESTENS vorbereitet…nämlich überhaupt nicht! O man…sie
konnten kein Gedicht und kein Lied….aber wenigstens konnten sie die Geschichte
vom Heiligen Nikolaus erzählen und retteten somit ihre Ehre. 8o))
Das
kleine Engelchen war schockverliebt in Jonathan und dem Nikolaus beim Besuch
bei uns keine große Hilfe…lach…
Und
Jonathan selbst?? Der saß mit offenem Mund auf meinem Schoß und starrte den
Nikolaus ehrfürchtig an. Der nahm sich Zeit und redete lange mit ihm: auch wenn
Jonathan noch so „klein“ war erzählte der Nikolaus ihm doch trotzdem was er gut
machte (das er so gut bei der Physiotherapie mitmachte und schon Erfolge
erzielte) – und was er nicht so gut machte: zum Beispiel das er nicht
durchschlafen wollte in der Nacht. (Genutzt hat diese Ansage aber nichts, der
junge Mann schläft immer noch nicht durch!)
Geschenke
gab es dann selbstverständlich auch noch für die Kinder und Jonathan schaute
dem Nikolaus lange hinterher als dieser sich mit einem „Husch, husch kleines
Engelchen!“ verabschiedete.
Weihnachtsmarktbesuch
Traditionell
sind wir auch in diesem Jahr wieder auf den Weihnachtsmarkt in unsere Landeshauptstadt
gefahren. Hier waren wir im letzten Jahr auch schon und mussten einiges
ertragen: von angeglotzt werden, über Antatschen und dumme Kommentare war
damals alles dabei. Aber…wir trauten uns trotzdem und fuhren hin! Schlimmer
konnte es ja dieses Jahr nicht mehr kommen…
Kam es
auch nicht. Es war okay. Vielleicht lag es daran das wir nun, ein Jahr später,
besser in der Lage waren mit der Situation umzugehen. Vielleicht lag es auch
einfach daran das Jonathan doch ein wenig größer geworden war. Zwar sah er
nicht aus als sei er eineinhalb Jahre alt, sondern eher als sei er wenige
Wochen alt – aber er war nicht mehr so auffällig klein wie im vergangenen Jahr.
Und so wurden wir weitgehend in Ruhe gelassen….natürlich sprach der ein oder
andere uns an und wollte wissen wie alt Jonathan war, aber damit hatte es sich
dann auch.
Und so
konnten wir den Besuch auf dem Weihnachtsmarkt genießen. Jonathan betrachtete
die ganzen Lichter, bestaunte das Karussell. Wir haben auch mal kurz überlegt
ob wir ihn damit eine Runde drehen lassen sollten, aber die Betreiber teilten
uns mit das es leider nicht möglich sei das ein Erwachsener mit auf dem
Karussell fuhr – auch dann nicht wenn er bezahlte. Und somit war das Vorhaben
für uns gestorben, Jonathan konnte ja nicht alleine sitzen und deswegen auch
nicht alleine fahren….
Der
Weihnachtsbaum der Familie Braunsdorf-Kremer….8o))
Dieses
Jahr feierten wir zwar nicht das erste Mal Weihnachten mit Jonathan, aber wir
feierten das erste Mal Weihnachten in unserem eigenen Haus. Und deswegen hatte
Marvin eine Idee von der er sich nicht mehr abbringen ließ: wir würden unseren
Weihnachtsbaum dieses Jahr SELBER SCHLAGEN gehen.
Okay:
dann also los!
Es gibt
in unserer Nähe einen Tannenbaumverkauf wo man einen Baum selber schlagen kann:
ein riesiges Gelände, man bekommt eine Säge und dann geht man los und sucht sich
einen Baum. Hat man ihn gefunden: fällt man ihn und schleppt ihn zur Kasse. Der
Preis berechnet sich nach Größe und Art des Baumes, man weiß also vorher nicht
so ganz genau was er kosten wird….
Eine
Woche vor Weihnachten haben wir Jonathan dick eingepackt und sind losgezogen um
uns unseren Weihnachtsbaum auszusuchen.
Ich kam
mir ein bisschen vor wie die Familie Griswold auf der Suche nach dem perfekten
Weihnachtsbaum, nur das bei uns kein Schnee lag wie im Film.
Wir sind
über das Gelände gestiefelt und haben die Bäume betrachtet. Der eine war zu
krumm, der andere zu klein, ein weiterer hatte kaum Äste oder eine unschöne
Spitze: es war nicht einfach mit Marvin DEN Baum zu finden! Aber irgendwann
hatte er sich für einen entschieden.
Also
haben mein Mann und Marvin die Säge gezückt und losgelegt. Gar nicht so einfach
einen Baum selber zu schlagen stellte Marvin fest: denn während man
sägt..hängen einem ja die Äste ins Gesicht!! Mein Mann hat sich auch prompt
eine blutige Wunde im Gesicht geholt, aber zum Glück ist er kein typischer Mann
und jammert nicht bei jeder Kleinigkeit. 8o)))
Nachdem
der Baum geschlagen, zur Kasse geschleift und bezahlt, in ein Netz verpackt und
im Auto verstaut war….gab es zur Belohnung noch warmen Kakao und eine Waffel.
Für Jonathan war der Ausflug so anstrengend (oder aufregend) dass er
eingeschlafen ist bevor wir überhaupt die Getränke hatten!!
Und noch
eine Sache ist mir von diesem Tag in Erinnerung geblieben…wir haben unseren
Nikolaus beim Baum schlagen getroffen!!! Natürlich war er nicht als Nikolaus
hier, sondern „in Zivil“ – deswegen habe ich ihn erstmal nicht erkannt (schäm).
Wie auch schon am Nikolausabend war er in Begleitung seiner Tochter. Bei Getränken
und Waffeln hat sich ein wunderschönes, so verständnisinniges Gespräch
entwickelt an das ich noch lange zurückdenken musste.
Wieder
einmal hatten wir –durch Jonathan!- so wundervolle Menschen kennengelernt. DAS
ist ein Geschenk das wir durch unseren Sohn bekommen: wir haben in den letzten
2,5 Jahren so viele tolle Menschen kennengelernt – so viele tolle Gespräche
geführt – so viel Verständnis erfahren. Ohne Jonathan…wäre das nicht so und wir
wüssten es auch nicht zu schätzen.
Zu Hause
angekommen haben wir unseren Baum ins Wohnzimmer gestellt und das Netz
zerschnitten. Und NEIN: die Äste haben NICHT die Wohnzimmerscheibe
zerschmettert! 8o))
Da stand
unser Baum und er roch so gut und er sah auch gut aus! Wir haben beschlossen
ihn sofort zu schmücken…EINE WOCHE vor Weihnachten!! Das haben wir auch noch
nie gemacht…aber gut: manchmal ist einfach die Zeit gekommen neue Traditionen
auszuprobieren!
Wir haben
uns für die rot/weiße Deko entschieden und auch Jonathan hat geholfen die
Kugeln an den Baum zu hängen. Dazu ließen wir Weihnachtsmusik laufen um uns
schon mal in Stimmung zu bringen! 8o)
Heiligabend
Wie jedes
Jahr schien der Tag des Heiligen Abends viel länger zu sein als alle anderen Tage
im Jahr – jedenfalls für Marvin!! Obwohl er nun schon so GROSS war und gar
nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubte..hatte dieses Fest für ihn seinen Reiz
nicht verloren und er war den ganzen Tag über aufgeregt und ungeduldig. Am
Nachmittag begannen seine Ohren zu glühen und wurden rot: eine Sache die er von
seinem Papa hat! Der hatte auch immer rote Ohren bei Aufregung und
Vorfreude…8o))
Nun
ja…ich muss gestehen das mein Mann und ich diesen Tag dahingehend ein wenig
auskosten das wir alles extrem laaaaaaaangsam angehen lassen und uns gar nicht
heeeetzen….8o))
Nachdem
es mittags nur eine Kleinigkeit zu essen gegeben hatte kochten wir abends. Dann
wurde in aller Ruhe ein Drei-Gänge-Menu verspeist. Marvin rutschte schon nach
der Vorspeise ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her…
Nach dem
Essen setzten wir uns alle vor den Weihnachtsbaum auf den Boden, Marvin und ich
packten unsere Flöten aus und dann wurden ein paar Weihnachtslieder gespielt –
mein Mann sang. Und erst DANACH konnte die Bescherung beginnen. Ich glaube länger
hätten wir Marvin auch nicht mehr hinhalten können!! 8o))
Jonathan
war ganz erstaunt und neugierig was hier nun wohl passieren würde. Der Kamin
war an, die Kerzen am Baum brannten, im Hintergrund leise Weihnachtsmusik aus
dem CD-Player. (Wenn ich heute so drüber schreibe kann ich fast den Geruch des
Weihnachtsbaums noch riechen! Es war ein wirklich schöner Abend!)
Bei uns
läuft die Bescherung sehr gemütlich ab und zieht sich sehr lange hin: ein
Geschenk wird unter dem Baum hervorgeholt und verteilt. Dann schauen alle zu
was da ausgepackt wird und freuen sich mit dem Beschenkten. Oftmals wird das
Geschenk auch erst noch „ausprobiert“, bevor dann das nächste Päckchen den Weg
zu seinem neuen Besitzer findet.
So
dauerte die Bescherung recht lange, obwohl es nicht wahnsinnig viele Geschenke
gab:
Jonathan
bekam die Weltraumstation von den TutTut-Babyflitzern und hatte Spaß mit dem
kleinen Raumschiff.
Außerdem
bekam er „Prinz Henry“ von der KLEINEN ENTDECKERBANDE: ein Püppchen das man auf
den Rücken eines Pferdes setzt und dann läuft das Pferd von allein durch den
Raum. SEHR faszinierend für Jonathan! Er hatte noch nie ein Spielzeug gehabt
das sich von allein bewegte.
Natürlich
hatte sich „der Weihnachtsmann“ bei diesem Geschenk etwas gedacht: Jonathan
krabbelte oder robbte zu diesem Zeitpunkt noch nicht und eventuell könnte ihn
Prinz Henry ja dazu animieren???
Ob es
daran lag oder an anderen Dingen, aber zwei Monate später begann Jonathan
tatsächlich sich vorwärts zu bewegen….8o))
So schön
der Abend auch war und so viel Spaß wir auch hatten: Jonathan wurde natürlich
zur gewohnten Zeit müde und musste ins Bett gebracht werden. Marvin hingegen
liebt eine ganz bestimmte Familientradition an Weihnachten: er darf so lange
aufbleiben wie er will – quasi bis er unter dem Weihnachtsbaum einschläft. Also
haben wir nachdem Jonathan im Bett war noch die neuen Brettspiele ausprobiert
und die Männer haben noch ein wenig auf der Konsole „gezockt“.
Die
Weihnachtsfeiertage verbringen wir normalerweise immer bei unseren Eltern: am
einen Tag bei den einen, am anderen Tag bei den anderen. 8o)
In diesem
Jahr sah das aber leider etwas anders aus…
Aufgrund
seiner Grunderkrankung hat Jonathan ja leider ein schlechtes Immunsystem. Und
wenn man auch nicht viel über MOPD Typ 1 weiß (weil es in 200 Jahren nur 40
betroffene Kinder gegeben hat), so weiß man eins ganz sicher: wenn diese Kinder
sterben, dann sterben sie an Infekten. Also sind wir immer sehr vorsichtig,
grade im Herbst und Winter wenn viele Infekte auftreten. Bedeutet: wer krank
ist kommt nicht zu uns zu Besuch. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!!
Warum etwas riskieren das man auch vermeiden kann???
Tja, und
in diesem Jahr waren meine Eltern leider an Weihnachten erkältet. Deswegen fiel
der Besuch bei ihnen aus, aus Vorsicht. Denn an einem Tisch zu sitzen und
zusammen zu essen war natürlich „gefährlich“: ganz schnell fing man sich so die
herumschwirrenden Bakterien ein…
Für mich
war es total deprimierend. Ich kann mich nicht erinnern in meinem ganzen Leben
ein Weihnachtsfest ohne meine Eltern gefeiert zu haben….deswegen haben mein
Mann und ich die Möglichkeit diskutiert das ich allein zu meinen Eltern fahre,
mit Mundschutz um mich nicht anzustecken. Aber das wäre einfach nicht dasselbe
gewesen: Weihnachten ist ein Fest für die Kinder, und dann ohne die Enkel
hinfahren???
Im
Endeffekt kamen meine Eltern für eine Stunde am Nachmittag zu uns, haben sich jeweils
einen Mundschutz übergestreift und sich von Jonathan ferngehalten. Sie haben
unsere Geschenke gebracht, ihre Geschenke bekommen und vor allem hatte man sich
so an Weihnachten gesehen – wenn auch nur sehr kurz und ganz anders als wir es
gewohnt waren…
Den
anderen Weihnachtsfeiertag verbrachten wir bei und mit der Familie meines
Mannes, die zum Glück alle gesund waren.
Und auch
die Paten von Jonathan waren von der grassierenden Erkältungswelle zum Glück
verschont geblieben und konnten uns so zwischen den Jahren einen Besuch
abstatten.
Nachdem
also alle Weihnachtsbesuche erledigt waren neigte das alte Jahr sich auch
langsam dem Ende zu….