Freitag, 15. Dezember 2017

Jonathans erster Besuch auf einem Mittelaltermarkt
Nur wenige Wochen nachdem wir den kleinen Tempelritter-Waffenrock bekommen hatten, ergab sich die Gelegenheit ihn zum ersten Mal „auszuführen“.

In unserer Stadt fand ein (kleiner) Mittelaltermarkt statt. Genau das Richtige für Jonathan!! Nicht so groß und voll das es ihn überfordern würde, aber doch groß genug um ein paar neue Eindrücke zu gewinnen.

Also haben wir uns alle gewandet, Jonathan bekam sein kleines Trinkhorn und dann sind wir losgezogen. Ich war total aufgedreht!! Schön, dass wir dieses Hobby nun auch zu viert genießen konnten!!

Natürlich war Jonathan DIE Attraktion auf dem Mittelaltermarkt. So viele Leute haben geschaut, gelacht und uns angesprochen: „Das ist aber ein süßer kleiner Ritter!“..8o))

Jonathan selbst war DAS natürlich egal. Aber er hatte seinen Spaß mit den Stelzenläufern die vor Ort waren!! Aufmerksam betrachtete er den Waldläufer und eine Fee (ich hoffe ich gebe es richtig wieder!!!). Jonathan war dermaßen fasziniert, vermutlich von der Größe: für IHN müssen die beiden ja noch größer gewesen sein als für uns!! Er hat die Fee angehimmelt und die hat Seifenblasen für ihn gemacht…es war wirklich wirklich schön!!

Und dann kamen dunkle Gestalten: Orks näherten sich…8o)) Ich dachte schon das Jonathan jetzt Angst bekommen würde, denn ehrlich: die sahen gruselig aus!!! Die Masken und die Verkleidung waren HAMMER GEIL, aber eben auch schaurig….doch Jonathan…war einfach nur fasziniert und selbst als der Ork ihm eine Kralle reichte war unser „Zwerg“ weder ängstlich noch angewidert - sondern einfach nur neugierig.

Marvin durfte bei einem Schmied richtig schmieden: eine Brosche in Drachenform entstand – mit viel Schweiß und lahmen Armen!!! 8o))
Zum Abschluss des Besuches auf dem Mittelaltermarkt durfte Jonathan aus seinem Horn einen Saft trinken und an einem Schokoladenbrötchen lutschen – und hat sich natürlich direkt den ganzen Waffenrock beschmiert….zum Glück kann man den aber selber waschen und muss ihn nicht in die Reinigung bringen, von daher war es mir egal!


Kirmes
Mittlerweile war es Oktober geworden und in unserem Ort stand die Kirmes bevor.

Wir wohnen ländlich…SEHR ländlich. Vielleicht liegt es daran das es hier nicht viel Ablenkung gibt: wir können FEIERN…was das Zeug hält!! Und das tun wir einmal im Jahr an Kirmes. Und zwar gleich für 5 Tage!!

Es war nicht Jonathans erste Kirmes, im letzten Jahr waren wir mit ihm auch schon hier gewesen – damals war er grade mal 4 Wochen aus dem Krankenhaus zu Hause. Aber er hatte im vorigen Jahr von allem nichts mitbekommen und in seinem Kinderwagen geschlafen.

Dieses Jahr war das anders. Er saß in seinem Reha-Buggy und konnte sich alles ansehen. Natürlich konnte er nicht viel „machen“: Entchen angeln oder Autoscooter fahren waren nichts für ihn. Trotzdem wollten wir dass unsere Kirmes für ihn ein Erlebnis wird und deswegen haben wir ihm einen Schaumkuss gekauft – seinen allerersten Schaumkuss. Er mochte ihn!! 8o))

Und dann durfte er mit Papa eine Runde auf dem Karussell drehen: auf einem Pferdchen-Karussell. Das war genau nach Jonathans Geschmack! Er hatte ein Lächeln im Gesicht….es war soo schön anzusehen!!

Am zweiten Tag unserer Kirmes kamen wir ein wenig ins Grübeln. Es ist Usus das die Eltern den Kindern „Kirmesgeld“ geben: und das dürfen die Kinder auf der Kirmes nach Herzenslust ausgeben – für Süßkram, Fahrgeschäfte oder auch an der Schießbude.

Natürlich hatte auch Marvin Kirmesgeld bekommen. Jonathan aber nicht...und außer mal einer Runde auf dem Karussell würde er auf dem Kirmesplatz auch nichts machen können. Und dann kam mir der Gedanke…das er eben eine andere Art von „Kirmesgeld“ bekommen würde!

Schon damals liebte Jonathan seine TutTut-Babyflitzer über alles (und das ist bis heute so geblieben!). Und deswegen hat er ein Straßenset mit einer Ampel bekommen, die blinkt… singt… und redet. Und ich muss an der Stelle sagen…dieses Set…war UNUNTERBROCHEN…JEDEN TAG…für 10 Monate in Gebrauch bevor ich es wegräumen konnte ohne das er gejammert und es gesucht hat. 8o))

(Marvin war zwischenzeitlich schon mehr als genervt von den immer wiederkehrenden Melodien und Sätzen der Ampel. Ich weiß auch nicht wie oft wir die Batterien ausgetauscht haben weil sie leer waren. Aber Jonathan konnte sich nicht allein fortbewegen und irgendwie war es für ihn total super auf diese Ampel zu drücken und dadurch das Blinken und die Musik auszulösen.)

So schön unsere Kirmes auch ist und so heftig wir „Landeier“ auch feiern können – irgendwann neigen sich diese 5 Tage trotzdem dem Ende zu.

Und dieses Ende wird bei uns traditionell mit einem Markttag gefeiert. Händler aus der ganzen Region kommen in den Ort und bauen ihre Marktstände auf: man kann von der Blumenzwiebel über Socken und Kochtöpfe bis zu Gewürzen alles kaufen. Der halbe Ort ist mit Marktbuden zugestellt (ok..unser Ort ist auch KLEIN, aber trotzdem!) und jedes Jahr auf´s Neue bricht das Verkehrschaos aus weil hunderte von Besuchern in unseren Ort kommen und irgendwo parken müssen - einige Straßen aber von vornherein gesperrt sind wegen der Buden.

Überall unterschiedliche Gerüche…so viele bunte Farben…laut schreiende und um Käufer buhlende Händler: für mich einer der schönsten Tage im Jahr…schon seit meiner Kindheit und bis heute!!

Für Jonathan war es der erste Markt den er bewusst mitbekommen hat. Und er war sehr aufmerksam und neugierig. Hat sich überall umgeschaut und alles genau betrachtet. So viel Neues und so vieles zu entdecken!! Der Mittagsschlaf ist an diesem Tag ausgefallen….8o))

Als Abschluss unserer Kirmes durfte der kleine Mann dann noch mal auf dem Pferdchen-Karussell fahren. Er sah so unfassbar glücklich aus!

Das war ich auch…weil es einfach wundervolle Tage gewesen waren. Auch das, Kirmes feiern, war nun mit Jonathan möglich! Wir mussten nicht zu Hause sitzen bleiben – wir konnten am Ortsgeschehen teilnehmen.

Und das wir das auch taten..kam bei einigen anderen Einwohnern ziemlich gut an! Wir wurden mehrfach angesprochen: wie schön es doch sei das wir uns im Ort zeigten..das wir Jonathan zeigten! Uns nicht schämten oder verkrochen, sondern einfach offensiv damit umgingen das wir ein behindertes Kind hatten – dazu standen und darüber redeten.

Viele mögen jetzt denken: ja – wofür sollte man sich auch schämen? Und warum sollte man nicht mit Jonathan in die Öffentlichkeit gehen???

Sehe ich genauso!! Aber wir wohnen eben in einem sehr kleinen Ort…in einem Ort in dem die Uhren noch anders ticken, wo der Altersdurchschnitt sehr hoch ist – viele hier gehören einer anderen Generation an und wurden anders erzogen. Über Behinderungen redet man nicht, die werden tot geschwiegen oder bestenfalls schön geredet. „Es gehört sich nicht“ so etwas zu thematisieren und es ist ein Stück weit sowieso „peinlich“ wenn man einen Behinderten in der Familie hat.

Von daher war unser offensiver Umgang mit diesem Thema anders. Neu.  Modern?? Es war und ist bis heute auf jeden Fall UNSER Weg….und wir fahren gut damit.

Auch wenn es nicht jedem passt. NATÜRLICH wird in einem so kleinen Ort wie unserem geredet!!! „Tratschen“ (wie es bei uns heißt) ist das größte Hobby von sicherlich mehr als der Hälfte der Einwohner!!! Es passiert ja sonst auch nicht viel, irgendwie muss man sich beschäftigen…8o))

Es passte nicht jedem das mein Mann und ich auch Kirmes feierten: das wir Bier tranken!! Hinter unserem Rücken wurde geredet….“Die haben ein BEHINDERTES KIND und trinken ALKOHOL!“ SKANDAL!!!

….LOL…ich habe noch NIE etwas darauf gegeben was andere reden/lästern. Interessiert mich nicht DIE BOHNE. Es hat uns eher amüsiert das wir SO WICHTIG waren das man über uns geredet hat!! Ich war noch nicht oft Thema des Dorftratsches!! 8o))

Das war im Jahr 2016. In 2017 haben wir mittlerweile auch Kirmes gefeiert – und mein Mann und ich haben WIEDER Bier getrunken!! 8o))) Lol …


Der erste Besuch auf dem Bauernhof
Da wir auf dem Land wohnen gibt es bei uns natürlich einige Bauernhöfe. Mit einem Landwirt bin ich schon seit der Grundschule bekannt/befreundet. Er hat einen Milchbetrieb (ich hoffe das ist das richtige Wort mein Lieber???), hat also nur Kühe – und Felder.

Schon in unserer Jugend war es so dass bei seinen Geburtstagsfeiern alle Bier oder Radler getrunken haben – nur ich nicht: ich wollte MILCH. Warm, direkt von der Kuh. Lach…

Und nun wollte ich Jonathan auch gern mal frische Kuhmilch trinken lassen. Die schmeckt nämlich wirklich um LÄNGEN besser als die, die man im Supermarkt kaufen kann.

Also: schnell eine SMS geschrieben und gefragt ob wir kommen dürfen. Klar durften wir!!!

Zuerst sind wir mit Jonathan mal in den Kuhstall gegangen und haben uns die Kühe „von Angesicht zu Angesicht“ angesehen. So ein Kuhkopf ist im Verhältnis zu Jonathans Kopf wirklich ganz schön groß!! Aber Angst hatte der kleine Mann keine, er war neugierig.

Danach durfte er mit Papa auf den großen Traktor klettern und am Steuer sitzen. Und der Traktor WAR groß: die Reifen überragten MICH ein ganzes Stück! Aber auch hier hatte Jonathan keine Angst, neugierig schaute er sich die Umgebung an…sicher in Papas Arm sitzend.

Und bevor wir heimgingen bekamen wir dann noch eine Flasche mit 1 Liter frischer Kuhmilch. Die haben wir an diesem Abend zum Abendbrot getrunken, auch Jonathan!! Der hat aber erst mal nur einen kleinen Schluck bekommen weil ich nicht wusste ob er sie verträgt.

Er hat die Milch vertragen, das kann ich schon mal vorweg nehmen…und er hat sie GELIEBT!! Er konnte gar nicht genug bekommen: dauernd hat er seinen kleinen Mund aufgesperrt und wollte MEHR!!! 8o))) So niedlich!!

Halloween-Party
Nur wenige Tage nach unserem Besuch auf dem Bauernhof war Halloween. EIGENTLICH finde ich es ja wichtiger am 31.10. Reformationstag zu feiern….aber was will man machen wenn man Kinder (Marvin) hat die Halloween feiern möchten??? Naja…man feiert eben.

Also haben wir Jonathans Patentante mit Familie eingeladen, ihr Sohn ist Marvins bester Freund. Und eine Party vorbereitet. Inklusive Deko im Esszimmer. Zu essen gab es Fingerfood und wir wollten alle zusammen Brettspiele spielen.

Es war keine Kostümparty, das ist nicht so unser Ding…aber die „großen Kinder“ waren unterwegs und haben Süßigkeiten gesammelt. Jonathan blieb zwar zu Hause, hatte aber auch ein Skelett-Kostüm an und hat mit uns zusammen die Tür geöffnet wenn Kinder klingelten. Die meisten haben sich über ihn einfach kaputt gelacht! Weil er ÜBERHAUPT nicht zum Fürchten aussah – sondern einfach nur niedlich…8o))


Der 1.Sankt-Martins-Umzug
….wäre fast ins Wasser gefallen. Weil ich (mal wieder) nicht mitbekommen hatte WANN er in unserem Ort stattfinden sollte. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern wie ich überhaupt von dem Termin erfahren habe – auf jeden Fall habe ich vormittags erfahren das am selben Tag abends der Umzug war…und ich hatte die Laterne noch nicht gebastelt!!

Da bin ich in Panik verfallen! Das war schließlich der ERSTE Sankt-Martins-Umzug auf den wir mit Jonathan gehen wollten, das konnte ja nicht einfach ausfallen….also habe ich mich ans Basteln gemacht. Nicht ohne Murren und Motzen weil ich eigentlich gar keinen Bock hatte…meine Männer hatten es an diesem Vormittag weiß Gott nicht leicht mit mir!

Unter großem Getöse habe ich das Bastelset zusammengesetzt, das hatte ich zum Glück schon gekauft! Ein kleiner grüner Drache sollte es werden. Und es wurde auch ein kleiner grüner Drache den Jonathan sehr skeptisch beäugte als er fertig war.

Es wurde Abend, Jonathan bekam etwas früher als üblich sein Abendbrot. Dann wurde er ganz dick eingepackt und kam zu mir in die Bauchtrage. Die Laterne festhalten konnte der kleine Mann leider noch nicht, also habe ich den Laternenstab seitlich auch in die Bauchtrage geklemmt: so schwang der kleine leuchtende Drache vor Jonathans Gesicht. 8o))

Und los ging´s! Ich war ganz schön aufgeregt!!

Der erste Sankt-Martin mit Jonathan…und der erste Sankt-Martin ohne Marvin!! Denn er war seit kurzem bei der Jugendfeuerwehr und musste an diesem Abend „arbeiten“: Wege absperren, mit der Fackel den Weg erleuchten, das Martinsfeuer entzünden und bewachen, die Martinsbrezeln verteilen…. Ich habe ihn an diesem Abend nur kurz gesehen und ein Foto mit ihm gemacht. Beim Umzug wusste ich nicht wo er war und habe ihn auch nicht gesehen. Das war schon ein bisschen komisch für mich! So zum ersten Mal…

Dafür konnte ich mich dann voll und ganz auf Jonathan konzentrieren. Der hatte sehr viel Spaß!! Er schaute sich um und beobachtete die Laternen die überall leuchteten. Drehte seinen Kopf hierhin und dorthin um nur ja nichts zu verpassen…war sehr aufmerksam als die Sankt-Martins-Lieder gesungen wurden.

Und auch das Feuer das vor unserer Mehrzweckhalle entzündet worden war hat ihn schwer fasziniert. Sowas hatte er ja auch noch nie gesehen!!!

Als dann Marvin auf uns zukam hat Jonathan ihn sofort erkannt und ist wie verrückt in der Bauchtrage herumgehüpft!! 8o))


Alles in allem: ein sehr gelungener erster Laternen-Umzug. Ich war glücklich! Weil Jonathan glücklich schien…für mich ist es einfach gut zu sehen das er sein Umfeld wahr- und am Geschehen auch teilnimmt. Es könnte alles noch sooo viel schlimmer sein!!