Jonathans
erster Besuch auf einem Mittelaltermarkt
Nur
wenige Wochen nachdem wir den kleinen Tempelritter-Waffenrock bekommen hatten,
ergab sich die Gelegenheit ihn zum ersten Mal „auszuführen“.
In
unserer Stadt fand ein (kleiner) Mittelaltermarkt statt. Genau das Richtige für
Jonathan!! Nicht so groß und voll das es ihn überfordern würde, aber doch groß
genug um ein paar neue Eindrücke zu gewinnen.
Also
haben wir uns alle gewandet, Jonathan bekam sein kleines Trinkhorn und dann sind
wir losgezogen. Ich war total aufgedreht!! Schön, dass wir dieses Hobby nun
auch zu viert genießen konnten!!
Natürlich
war Jonathan DIE Attraktion auf dem Mittelaltermarkt. So viele Leute haben
geschaut, gelacht und uns angesprochen: „Das ist aber ein süßer kleiner
Ritter!“..8o))
Jonathan
selbst war DAS natürlich egal. Aber er hatte seinen Spaß mit den Stelzenläufern
die vor Ort waren!! Aufmerksam betrachtete er den Waldläufer und eine Fee (ich
hoffe ich gebe es richtig wieder!!!). Jonathan war dermaßen fasziniert,
vermutlich von der Größe: für IHN müssen die beiden ja noch größer gewesen sein
als für uns!! Er hat die Fee angehimmelt und die hat Seifenblasen für ihn
gemacht…es war wirklich wirklich schön!!
Und dann
kamen dunkle Gestalten: Orks näherten sich…8o)) Ich dachte schon das Jonathan
jetzt Angst bekommen würde, denn ehrlich: die sahen gruselig aus!!! Die Masken
und die Verkleidung waren HAMMER GEIL, aber eben auch schaurig….doch
Jonathan…war einfach nur fasziniert und selbst als der Ork ihm eine Kralle
reichte war unser „Zwerg“ weder ängstlich noch angewidert - sondern einfach nur
neugierig.
Marvin
durfte bei einem Schmied richtig schmieden: eine Brosche in Drachenform
entstand – mit viel Schweiß und lahmen Armen!!! 8o))
Zum
Abschluss des Besuches auf dem Mittelaltermarkt durfte Jonathan aus seinem Horn
einen Saft trinken und an einem Schokoladenbrötchen lutschen – und hat sich
natürlich direkt den ganzen Waffenrock beschmiert….zum Glück kann man den aber selber
waschen und muss ihn nicht in die Reinigung bringen, von daher war es mir egal!
Kirmes
Mittlerweile
war es Oktober geworden und in unserem Ort stand die Kirmes bevor.
Wir
wohnen ländlich…SEHR ländlich. Vielleicht liegt es daran das es hier nicht viel
Ablenkung gibt: wir können FEIERN…was das Zeug hält!! Und das tun wir einmal im
Jahr an Kirmes. Und zwar gleich für 5 Tage!!
Es war
nicht Jonathans erste Kirmes, im letzten Jahr waren wir mit ihm auch schon hier
gewesen – damals war er grade mal 4 Wochen aus dem Krankenhaus zu Hause. Aber
er hatte im vorigen Jahr von allem nichts mitbekommen und in seinem Kinderwagen
geschlafen.
Dieses
Jahr war das anders. Er saß in seinem Reha-Buggy und konnte sich alles ansehen.
Natürlich konnte er nicht viel „machen“: Entchen angeln oder Autoscooter fahren
waren nichts für ihn. Trotzdem wollten wir dass unsere Kirmes für ihn ein
Erlebnis wird und deswegen haben wir ihm einen Schaumkuss gekauft – seinen
allerersten Schaumkuss. Er mochte ihn!! 8o))
Und dann
durfte er mit Papa eine Runde auf dem Karussell drehen: auf einem
Pferdchen-Karussell. Das war genau nach Jonathans Geschmack! Er hatte ein
Lächeln im Gesicht….es war soo schön anzusehen!!
Am
zweiten Tag unserer Kirmes kamen wir ein wenig ins Grübeln. Es ist Usus das die
Eltern den Kindern „Kirmesgeld“ geben: und das dürfen die Kinder auf der Kirmes
nach Herzenslust ausgeben – für Süßkram, Fahrgeschäfte oder auch an der
Schießbude.
Natürlich
hatte auch Marvin Kirmesgeld bekommen. Jonathan aber nicht...und außer mal
einer Runde auf dem Karussell würde er auf dem Kirmesplatz auch nichts machen
können. Und dann kam mir der Gedanke…das er eben eine andere Art von
„Kirmesgeld“ bekommen würde!
Schon
damals liebte Jonathan seine TutTut-Babyflitzer über alles (und das ist bis
heute so geblieben!). Und deswegen hat er ein Straßenset mit einer Ampel
bekommen, die blinkt… singt… und redet. Und ich muss an der Stelle sagen…dieses
Set…war UNUNTERBROCHEN…JEDEN TAG…für 10 Monate in Gebrauch bevor ich es
wegräumen konnte ohne das er gejammert und es gesucht hat. 8o))
(Marvin
war zwischenzeitlich schon mehr als genervt von den immer wiederkehrenden
Melodien und Sätzen der Ampel. Ich weiß auch nicht wie oft wir die Batterien
ausgetauscht haben weil sie leer waren. Aber Jonathan konnte sich nicht allein
fortbewegen und irgendwie war es für ihn total super auf diese Ampel zu drücken
und dadurch das Blinken und die Musik auszulösen.)
So schön
unsere Kirmes auch ist und so heftig wir „Landeier“ auch feiern können –
irgendwann neigen sich diese 5 Tage trotzdem dem Ende zu.
Und
dieses Ende wird bei uns traditionell mit einem Markttag gefeiert. Händler aus
der ganzen Region kommen in den Ort und bauen ihre Marktstände auf: man kann
von der Blumenzwiebel über Socken und Kochtöpfe bis zu Gewürzen alles kaufen.
Der halbe Ort ist mit Marktbuden zugestellt (ok..unser Ort ist auch KLEIN, aber
trotzdem!) und jedes Jahr auf´s Neue bricht das Verkehrschaos aus weil hunderte
von Besuchern in unseren Ort kommen und irgendwo parken müssen - einige Straßen
aber von vornherein gesperrt sind wegen der Buden.
Überall
unterschiedliche Gerüche…so viele bunte Farben…laut schreiende und um Käufer
buhlende Händler: für mich einer der schönsten Tage im Jahr…schon seit meiner
Kindheit und bis heute!!
Für
Jonathan war es der erste Markt den er bewusst mitbekommen hat. Und er war sehr
aufmerksam und neugierig. Hat sich überall umgeschaut und alles genau
betrachtet. So viel Neues und so vieles zu entdecken!! Der Mittagsschlaf ist an
diesem Tag ausgefallen….8o))
Als
Abschluss unserer Kirmes durfte der kleine Mann dann noch mal auf dem
Pferdchen-Karussell fahren. Er sah so unfassbar glücklich aus!
Das war
ich auch…weil es einfach wundervolle Tage gewesen waren. Auch das, Kirmes
feiern, war nun mit Jonathan möglich! Wir mussten nicht zu Hause sitzen bleiben
– wir konnten am Ortsgeschehen teilnehmen.
Und das
wir das auch taten..kam bei einigen anderen Einwohnern ziemlich gut an! Wir
wurden mehrfach angesprochen: wie schön es doch sei das wir uns im Ort
zeigten..das wir Jonathan zeigten! Uns nicht schämten oder verkrochen, sondern
einfach offensiv damit umgingen das wir ein behindertes Kind hatten – dazu
standen und darüber redeten.
Viele
mögen jetzt denken: ja – wofür sollte man sich auch schämen? Und warum sollte
man nicht mit Jonathan in die Öffentlichkeit gehen???
Sehe ich
genauso!! Aber wir wohnen eben in einem sehr kleinen Ort…in einem Ort in dem
die Uhren noch anders ticken, wo der Altersdurchschnitt sehr hoch ist – viele
hier gehören einer anderen Generation an und wurden anders erzogen. Über
Behinderungen redet man nicht, die werden tot geschwiegen oder bestenfalls schön
geredet. „Es gehört sich nicht“ so etwas zu thematisieren und es ist ein Stück
weit sowieso „peinlich“ wenn man einen Behinderten in der Familie hat.
Von daher
war unser offensiver Umgang mit diesem Thema anders. Neu. Modern?? Es war und ist bis heute auf jeden
Fall UNSER Weg….und wir fahren gut damit.
Auch wenn
es nicht jedem passt. NATÜRLICH wird in einem so kleinen Ort wie unserem
geredet!!! „Tratschen“ (wie es bei uns heißt) ist das größte Hobby von
sicherlich mehr als der Hälfte der Einwohner!!! Es passiert ja sonst auch nicht
viel, irgendwie muss man sich beschäftigen…8o))
Es passte
nicht jedem das mein Mann und ich auch Kirmes feierten: das wir Bier tranken!!
Hinter unserem Rücken wurde geredet….“Die haben ein BEHINDERTES KIND und
trinken ALKOHOL!“ SKANDAL!!!
….LOL…ich
habe noch NIE etwas darauf gegeben was andere reden/lästern. Interessiert mich
nicht DIE BOHNE. Es hat uns eher amüsiert das wir SO WICHTIG waren das man über
uns geredet hat!! Ich war noch nicht oft Thema des Dorftratsches!! 8o))
Das war
im Jahr 2016. In 2017 haben wir mittlerweile auch Kirmes gefeiert – und mein
Mann und ich haben WIEDER Bier getrunken!! 8o))) Lol …
Der erste
Besuch auf dem Bauernhof
Da wir
auf dem Land wohnen gibt es bei uns natürlich einige Bauernhöfe. Mit einem
Landwirt bin ich schon seit der Grundschule bekannt/befreundet. Er hat einen
Milchbetrieb (ich hoffe das ist das richtige Wort mein Lieber???), hat also nur
Kühe – und Felder.
Schon in
unserer Jugend war es so dass bei seinen Geburtstagsfeiern alle Bier oder
Radler getrunken haben – nur ich nicht: ich wollte MILCH. Warm, direkt von der
Kuh. Lach…
Und nun
wollte ich Jonathan auch gern mal frische Kuhmilch trinken lassen. Die schmeckt
nämlich wirklich um LÄNGEN besser als die, die man im Supermarkt kaufen kann.
Also:
schnell eine SMS geschrieben und gefragt ob wir kommen dürfen. Klar durften
wir!!!
Zuerst
sind wir mit Jonathan mal in den Kuhstall gegangen und haben uns die Kühe „von
Angesicht zu Angesicht“ angesehen. So ein Kuhkopf ist im Verhältnis zu
Jonathans Kopf wirklich ganz schön groß!! Aber Angst hatte der kleine Mann
keine, er war neugierig.
Danach
durfte er mit Papa auf den großen Traktor klettern und am Steuer sitzen. Und
der Traktor WAR groß: die Reifen überragten MICH ein ganzes Stück! Aber auch
hier hatte Jonathan keine Angst, neugierig schaute er sich die Umgebung
an…sicher in Papas Arm sitzend.
Und bevor
wir heimgingen bekamen wir dann noch eine Flasche mit 1 Liter frischer
Kuhmilch. Die haben wir an diesem Abend zum Abendbrot getrunken, auch
Jonathan!! Der hat aber erst mal nur einen kleinen Schluck bekommen weil ich
nicht wusste ob er sie verträgt.
Er hat
die Milch vertragen, das kann ich schon mal vorweg nehmen…und er hat sie GELIEBT!!
Er konnte gar nicht genug bekommen: dauernd hat er seinen kleinen Mund
aufgesperrt und wollte MEHR!!! 8o))) So niedlich!!
Halloween-Party
Nur
wenige Tage nach unserem Besuch auf dem Bauernhof war Halloween. EIGENTLICH
finde ich es ja wichtiger am 31.10. Reformationstag zu feiern….aber was will
man machen wenn man Kinder (Marvin) hat die Halloween feiern möchten???
Naja…man feiert eben.
Also
haben wir Jonathans Patentante mit Familie eingeladen, ihr Sohn ist Marvins
bester Freund. Und eine Party vorbereitet. Inklusive Deko im Esszimmer. Zu
essen gab es Fingerfood und wir wollten alle zusammen Brettspiele spielen.
Es war
keine Kostümparty, das ist nicht so unser Ding…aber die „großen Kinder“ waren
unterwegs und haben Süßigkeiten gesammelt. Jonathan blieb zwar zu Hause, hatte
aber auch ein Skelett-Kostüm an und hat mit uns zusammen die Tür geöffnet wenn
Kinder klingelten. Die meisten haben sich über ihn einfach kaputt gelacht! Weil
er ÜBERHAUPT nicht zum Fürchten aussah – sondern einfach nur niedlich…8o))
Der
1.Sankt-Martins-Umzug
….wäre
fast ins Wasser gefallen. Weil ich (mal wieder) nicht mitbekommen hatte WANN er
in unserem Ort stattfinden sollte. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern wie
ich überhaupt von dem Termin erfahren habe – auf jeden Fall habe ich vormittags
erfahren das am selben Tag abends der Umzug war…und ich hatte die Laterne noch
nicht gebastelt!!
Da bin
ich in Panik verfallen! Das war schließlich der ERSTE Sankt-Martins-Umzug auf
den wir mit Jonathan gehen wollten, das konnte ja nicht einfach ausfallen….also
habe ich mich ans Basteln gemacht. Nicht ohne Murren und Motzen weil ich
eigentlich gar keinen Bock hatte…meine Männer hatten es an diesem Vormittag
weiß Gott nicht leicht mit mir!
Unter
großem Getöse habe ich das Bastelset zusammengesetzt, das hatte ich zum Glück
schon gekauft! Ein kleiner grüner Drache sollte es werden. Und es wurde auch
ein kleiner grüner Drache den Jonathan sehr skeptisch beäugte als er fertig
war.
Es wurde
Abend, Jonathan bekam etwas früher als üblich sein Abendbrot. Dann wurde er ganz
dick eingepackt und kam zu mir in die Bauchtrage. Die Laterne festhalten konnte
der kleine Mann leider noch nicht, also habe ich den Laternenstab seitlich auch
in die Bauchtrage geklemmt: so schwang der kleine leuchtende Drache vor
Jonathans Gesicht. 8o))
Und los
ging´s! Ich war ganz schön aufgeregt!!
Der erste
Sankt-Martin mit Jonathan…und der erste Sankt-Martin ohne Marvin!! Denn er war
seit kurzem bei der Jugendfeuerwehr und musste an diesem Abend „arbeiten“: Wege
absperren, mit der Fackel den Weg erleuchten, das Martinsfeuer entzünden und
bewachen, die Martinsbrezeln verteilen…. Ich habe ihn an diesem Abend nur kurz
gesehen und ein Foto mit ihm gemacht. Beim Umzug wusste ich nicht wo er war und
habe ihn auch nicht gesehen. Das war schon ein bisschen komisch für mich! So
zum ersten Mal…
Dafür
konnte ich mich dann voll und ganz auf Jonathan konzentrieren. Der hatte sehr
viel Spaß!! Er schaute sich um und beobachtete die Laternen die überall
leuchteten. Drehte seinen Kopf hierhin und dorthin um nur ja nichts zu
verpassen…war sehr aufmerksam als die Sankt-Martins-Lieder gesungen wurden.
Und auch
das Feuer das vor unserer Mehrzweckhalle entzündet worden war hat ihn schwer
fasziniert. Sowas hatte er ja auch noch nie gesehen!!!
Als dann
Marvin auf uns zukam hat Jonathan ihn sofort erkannt und ist wie verrückt in
der Bauchtrage herumgehüpft!! 8o))
Alles in
allem: ein sehr gelungener erster Laternen-Umzug. Ich war glücklich! Weil
Jonathan glücklich schien…für mich ist es einfach gut zu sehen das er sein
Umfeld wahr- und am Geschehen auch teilnimmt. Es könnte alles noch sooo viel
schlimmer sein!!