Freitag, 4. Mai 2018


…und schon wieder ist Weihnachten…
Obwohl der Dezember so ohne Termine sehr entspannt für uns war – nahte der Heilige Abend dann doch viel schneller als erwartet. Für Jonathan war es der dritte Weihnachtsabend den er erleben durfte.

Wie immer wenn ein „Jahrestag“ bevorsteht wurde ich ein paar Tage vor Weihnachten nachdenklich…ein wenig melancholisch…aber auch dankbar…

Wer hätte vor drei Jahren geahnt dass wir SO VIELE Weihnachtsfeste mit Jonathan würden feiern dürfen??? Im DURCHSCHNITT werden MOPD1-Kinder nur 9 Monate alt….immer wieder halte ich mir vor Augen welches Glück ich habe das Jonathan so fit ist und so viel Zeit mit uns verbringen darf. Gesund, wohlgemerkt. Denn obwohl zu seiner Grunderkrankung auch ein schlechtes Immunsystem gehört ist er doch sehr selten krank und wenn – dann ist es nicht gravierend.

Aber eins muss ich an der Stelle zugeben….es ist aus GENAU DEM GRUND SCHWIERIG den kleinen Mann an Festen wie Weihnachten und Geburtstag NICHT mit Geschenken zu überhäufen!!! Man ist so dankbar und glücklich…und will IHM eine Freude machen und seine Augen strahlen sehen!!!..
..es ist ja bei gesunden Kindern schon schwierig in der heutigen Zeit die Messlatte ein wenig tiefer zu legen: es gibt einfach zu viele Eltern die RIESIGE Geschenke machen (eine Konsole, ein Handy…alles im Wert von mehreren hundert Euro). Und dann kommt das eigene Kind das „nur“ ein Geschenk für 80€ erhalten hat und ist der „Looser“ und das Gespött in der Schule…ganz schön schwierig damit umzugehen und dem eigenen Kind die Charakterstärke zu geben damit klarzukommen!!

Bei Jonathan kommt für uns immer unfreiwillig der Gedanke dazu: wer weiß ob er nächstes Jahr noch Weihnachten mit uns feiert….und dann ist es extrem schwer sich ein Limit zu setzen. Aber wir versuchen das konsequent durchzuziehen …mein Mann und ich massregeln uns an der Stelle immer gegenseitig damit es nicht ausufert mit den Geschenken!! 8o))

Denn ehrlich: wie soll man einem Kind (das geistig noch nicht mal so verständig ist wie seine Altersgenossen!) erklären warum es so viele Spielsachen bekommt?? Wie soll es dann den Umgang mit Geld und Werten lernen??? Und klar: ich weiß gar nicht ob Jonathan JEMALS begreifen wird was Geld ist….aber wir müssen VERSUCHEN ihn so normal wie möglich zu erziehen!!!

Es gibt Verbote bei uns…und es gibt Regeln…genau wie bei Marvin in dem Alter!!! Ich orientiere mich gerne an der Aussage einer Freundin, selbst Mutter eines behinderten Kindes: „Irgendwo hört der Behindertenbonus dann auch auf!“
Diese Aussage darf vermutlich nur jemand machen der selber betroffen ist, aber JA!!!! Irgendwo hört der Bonus einfach auf. Man kann ein Kind nicht von vorne bis hinten „betütteln“ und in Watte packen nur weil es anders ist. Wie soll es dann lernen das es genauso viel wert ist wie ein gesundes Kind?? Wie soll es dann lernen das es alles das erreichen kann was gesunde Kinder erreichen?? EBEN!! Und darum….läuft es bei uns wie es läuft und wir finden das gut so.

Also: Weihnachten. Und Weihnachtsgeschenke.
Die gab es natürlich. Doch bevor diese ausgepackt werden durften…klingelte es an der Tür….8o))

Marvin war total perplex. Wer klingelte denn am HEILIGEN ABEND bei uns?? Auch noch kurz vor der Bescherung (auf die er sowieso schon sehnsüchtig wartete und sie nicht hinauszögern wollte!).

Ich ging zur Tür….davor stand: der Weihnachtsmann!!! (Ihr erinnert euch? Unser Geschenk vom Nikolaus!). Eigentlich wollte ich ihm zwei kleine Päckchen zustecken, für jedes Kind eins – so wie ich das vom Nikolausbesuch gewohnt war. Doch er winkte nur ab und sagte dass er selber etwas mitgebracht habe…..
BITTE was?? Auch das war Teil des Geschenks für uns….ich war gerührt. Er sagte dass er schon von uns gelesen habe und eigentlich…an diesem Abend gar nicht arbeiten würde. ABER….unser Schicksal habe ich ihn so gerührt das er sich extra in sein „Kostüm“ geschmissen habe und nur für uns circa 50km gefahren sei. Unfassbar…..jetzt standen mir Tränen in den Augen. Was lernten wir nur für tolle Menschen kennen???

Nun ja…er klingelte mit seinem Glöckchen und ging ins Wohnzimmer. Jonathan war perplex und Marvin…nicht weniger…lach…damit hatte unser Großer ja ÜBERHAUPT nicht gerechnet!!! Zumal er auch schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt.

Marvin war um Worte verlegen als der Weihnachtsmann sich zu ihm auf die Couch setzte und sehr intensiv mit ihm redete: der Nikolaus hatte ihm wohl verraten wo Marvins Schwächen lagen und nun klopfte der Heilige Mann die einzelnen Punkte ab und fragte was Marvin seit Nikolaus schon verbessert habe….natürlich war das alles sehr humorvoll verpackt und sollte Marvin nicht blamieren. Wir lachten sehr viel, es war einfach ein köstlicher Moment Marvin so überrumpelt und SPRACHLOS zu sehen – das kommt nicht oft vor bei ihm!!! LOL

Dann widmete sich der Weihnachtsmann dem kleinen Jonathan. Der hatte einen Heidenrespekt vor dem Mann mit Bart und rotem Anzug. Erst einmal erkundete der kleine Kerl das Glöckchen und läutete es ein wenig. Nach einiger Zeit hatte er dann genug Vertrauen sich auf den Schoß des Weihnachtsmannes setzen zu lassen und ließ sich sein Geschenk überreichen: er bekam ein  Plüschtier. Marvin einen Autoteppich für seine HotWheels-Autos.

Großes Staunen bei Mama und Papa: auch sie bekamen ein Geschenk!! Equipment für´s Handy….8o))

Der Weihnachtsmann war wirklich sehr lange bei uns. Es war WUNDERSCHÖN. Wunderschön. Es hat mich so gerührt das dieser Mann an diesem Tag zu uns gekommen ist – freiwillig. Um unseren Kindern eine Freude zu machen…ein unvergesslicher Abend.
DANKESCHÖN LIEBER WEIHNACHTSMANN!!!

Nachdem wir ihn verabschiedet hatten begann unsere Bescherung. Wie immer mit einem Lied -das in diesem Jahr nur von mir- mit der Flöte begleitet wurde. Schiefe Töne und schiefer Gesang…so startet traditionell UNSER Weihnachtsabend….lach….

Marvin bekam einen Zauberkasten, Bücher und Yu-Gi-Oh-Karten. Jonathan ein Plüschtier das ihm alles nachplappert, die Parkgarage von den Tut-Tut-Babyflitzern und einen Stapelturm. Papa Konzertkarten und Mama ein Brettspiel und Bücher. Ich denke: wir waren alle sehr zufrieden!! 8o))

Die Weihnachtsfeiertage verbrachten wir mit unseren Familien: am 1.Feiertag kamen meine Eltern und Geschwister zu uns, am 2.Feiertag besuchten wir die Eltern meines Mannes, seine Schwester mit Familie und eine Tante waren auch dabei. Gutes Essen und schöne Stunden die wir zusammen mit unseren Liebsten verbringen konnten -und in denen viel gelacht wurde. So stelle ich mir Weihnachten vor!!!

Auch die „Geschenkeflut“ der Großeltern für die Kinder hielt sich in Grenzen – das war sehr nach unserem Geschmack!!! 8o))

…mein Mann und ich..hatten in diesem Jahr mit unseren Eltern etwas vereinbart. Normalerweise bekommen wir von ihnen auch immer Weihnachtsgeschenke. In diesem Jahr…hatten wir sie gebeten uns nur Geld zu geben. Und DAS: wollten wir spenden. An die Organisation WALKING WITH GIANTS in Liverpool.

Eine Organisation der wir uns unlängst angeschlossen hatten: sie ist gegründet worden um Familien von Kindern mit PRIMORDIALEN KLEINWUCHSFORMEN (wozu auch MOPD1 gehört) zu vernetzen.

Aktuell leben weltweit in den verschiedenen Formen circa 200 Kinder weltweit – und ungefähr 140 Familien sind Mitglied bei WWGF. Und nun eben auch wir.

Es gibt einen geschlossenen Chatroom bei Facebook in dem wir unsere Fragen stellen und über Probleme diskutieren können. In dem wir einfach auch mal reden können wenn es uns nicht so gut geht. HIER…versteht uns JEDER!!! Diese Organisation ist unsere „Familie“….ich denke man kann niemandem der nicht in so einer Situation ist wirklich begreiflich machen wie es sich anfühlt mit Gleichgesinnten reden zu können… aber der Begriff FAMILIE ist schon verdammt nah dran.

Einmal im Jahr wird eine „Convention“ (ein Treffen) in Liverpool organisiert und jede Familie die möchte: kann kommen. Fünf Tage lang sind wir alle zusammen, sehen uns „in live“ und können miteinander reden. Auch, und grade!, die Kinder haben Gleichgesinnte um sich….es sind Ärzte vor Ort die man sprechen kann und die einem Tipps und Ratschläge zur medizinischen Versorgung geben können. Das ist grade für Familien aus „ärmeren“ Ländern sehr wichtig, sehen die doch ansonsten so gut wie nie einen qualifizierten Arzt weil sie ihn nicht bezahlen können – oder weil es in dem entsprechenden Land einfach keinen Mediziner gibt der gut genug geschult ist.

….wir haben Mitglieder aus der ganzen Welt: Rumänien, Kroatien, Algerien, Afrika….und nicht jeder hat das Geld für diese Reise. Obwohl sie grade für diese Menschen oft existentiell wichtig wäre.

Ja, und…um auf das Thema zurückzukommen…mein Mann und ich hatten uns entschieden unser Weihnachtsgeld dieser Organisation zu geben und damit vielleicht jemandem zu ermöglichen nach Liverpool zu kommen – oder wenigstens einen kleinen Teil dazu beizutragen.

Also haben wir unser Geld gespendet….ich habe nichts vermisst weil ich an der Stelle „weniger“ Weihnachtsgeschenke bekommen habe – und ich denke meinem Mann geht es genauso. Uns geht es doch eigentlich recht gut! Wir bekommen so viel Unterstützung in den unterschiedlichsten Formen….wir haben so viele Menschen um uns herum die diesen Weg mit uns gehen. Wir sind glücklich. AUCH und TROTZ Jonathans Diagnose. Und es befriedigt uns auch einmal in der Position zu sein das WIR ANDEREN helfen können…..“geben“ ist oftmals besser als „nehmen“. Und von der Gründerin der Organisation kamen so liebe Worte per Mail als sie erfuhr was wir gemacht hatten: das hat mich wirklich sehr gerührt.

Tja, und bald (im Sommer 2018) werden wir nach Liverpool reisen und 50 andere Familien mit einem Schicksal wie dem unseren kennenlernen. Und irgendeiner von ihnen….hat dann unsere Unterstützung bekommen. Das macht mich unfassbar glücklich. Familie eben, oder???

Silvester
…und schon wieder neigte sich ein Jahr dem Ende entgegen.

Ich erstellte für unsere Facebook-Seite einen Jahresrückblick und dabei wurde mir so deutlich vor Augen geführt WAS in diesem (fast) vergangenen Jahr bei uns alles passiert war!!! Es geballt in einem kurzen Video vor mir zu sehen führte mir vor Augen das unser Leben heute, am Jahresende, nicht mehr dasselbe war das es noch am Jahresanfang gewesen war….

Mein Blog war durch die Decke gegangen…Jonathan war bei Facebook…es gab Zeitungsberichte….und Fersehberichte über uns….wir hatten unfassbar viele Benefizveranstaltungen bekommen…Einzelspenden…wir hatten so viele tolle Menschen kennengelernt….
WIR HATTEN UNS VERÄNDERT: wir hatten eine neue Sichtweise aufgezeigt bekommen. Nächstenliebe gibt es in unserer Gesellschaft nämlich doch noch und wir waren unserem Umfeld nicht gleichgültig! Diese Erkenntnis war und ist für uns wichtig weil sie uns die Kraft gibt unser tägliches Leben besser bewältigen zu können……

Was sich nicht verändert hatte war unsere Art den Silvesterabend zu feiern! „Same procedure as last year!“: Fingerfood, Deko, „Dinner for one“ im Fernsehen, Brettspiele und ein paar Raketen um Mitternacht.

Jonathan war fast drei Jahre alt - als Marvin in diesem Alter war hatte er um Mitternacht mit uns das Feuerwerk angeschaut. Das habe ich meinem Mann erzählt und ihn gefragt ob wir Jonathan nicht auch mal wecken sollten? Damit er die bunten Raketen anschauen kann??

Wir überlegten: Jonathan schlief sowieso jede Nacht so schlecht, wenn wir ihn noch weckten und es dann „aufregend“ für ihn war das Feuerwerk anzuschauen – würde er danach überhaupt wieder einschlafen können?? Oder würden ihm die Raketen am Ende Angst machen wegen des Lärms???

Bevor wir zu einer Entscheidung gekommen waren nahm Jonathan uns diese ab: er wurde nämlich um 23.30 Uhr von alleine wach und DAS haben wir dann mal als Zeichen genommen das er offensichtlich dabei sein wollte. Er durfte wach bleiben, wurde dick eingepackt und dann sind wir alle vier zusammen nach draußen gegangen.

Jonathan fand es SUPER!!!! Er wusste gar nicht wohin er zuerst schauen sollte als am Himmel vor und hinter und neben uns überall die bunten Raketen explodierten. Auch die Lautstärke schockte ihn überhaupt nicht. Was vielleicht auch daran lag das Marvin neben ihm stand und auch ganz ruhig war: der kleine Mann orientiert sich ja immer sehr gerne an seinem großen Bruder!

Nach einer halben Stunde war das Feuerwerk um uns herum vorbei, auch wir hatten ein paar Raketen gezündet – Jonathans Augen wurden klein und so haben wir ihn dann auch ins Bett gebracht. Wo er ganz ohne Probleme wieder eingeschlafen ist…..also: alles richtig gemacht! 8o)

Und so endete das Jahr 2017 für uns mit dem ersten Feuerwerk für unseren kleinen Mann.

Mal sehen ob das kommende Jahr genauso viele Überraschungen und Freude für uns bereithalten wird wie es im vergangenen Jahr der Fall gewesen ist!!!